Höhere Hürden

Showdown in Zug: So schwer soll die Einbürgerung werden

Einbürgerung ist ein sehr umstrittenes Thema. (Bild: Adobe Stock)

Die Regierung, die Mehrheit der Gemeinden und die SVP wollen die Einbürgerung im Kanton Zug verschärfen. Doch die Art und Weise sorgt für Zündstoff.

Bald diskutiert der Kantonsrat darüber, was ein Ausländer können soll, um in Zug eingebürgert zu werden. Konkret geht es darum, wie gut er Deutsch sprechen muss. Denn die SVP hat in einem Vorstoss verlangt, die Anforderungen zu verschärfen (zentralplus berichtete). Wie sich jetzt zeigt, liegt sie damit auf der Linie der Regierung.

In seiner Antwort auf die SVP-Motion unterstützt der Regierungsrat eine Verschärfung. Mit den jetzigen sprachlichen Anforderungen folge Zug der Mindestforderung des Bundes für eine Einbürgerung. Andere Kantone seien strenger, wie etwa Schwyz, Nidwalden, Thurgau, St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden und Basel-Land.

So will die Regierung die Einbürgerung in Zug verschärfen

In Zug müssen Ausländer zurzeit mündliche Kenntnisse auf Niveau B1 und schriftliche Kenntnisse auf Niveau A2 vorweisen. Die SVP-Motion fordert, beide Anforderungen um je eine Stufe zu erhöhen. Neu müssten Ausländer auf Stufe B2 sprechen und auf Niveau B1 schreiben können, um eingebürgert zu werden. Wer nicht mehr genau weiss, was die Stufen bedeuten, kann hier nachschauen.

Doch auch die Regierung findet, die alte Regelung sei zu lasch. «Eingebürgerte Personen sollten in der Lage sein, am politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilnehmen zu können», schreibt sie in ihrer Antwort. Das sei nicht mehr gewährleistet. Der Regierungsrat will daher die kantonale Bürgerrechtsverordnung anpassen. So hätten es auch Schwyz und St. Gallen gemacht.

Drei Gemeinden scherten in der Vernehmlassung aus

Die Zuger Regierung hat bereits eine Vernehmlassung unter den Gemeinden durchgeführt. Von den elf Antworten begrüssten acht die Anpassung der Bürgerrechtsverordnung. Drei Einwohnergemeinden lehnten sie ab. Eine von ihnen schrieb, Zug gehöre künftig zu den Kantonen mit den strengsten Anforderungen im Einbürgerungsverfahren. Das widerspreche seiner «weltoffenen und wirtschaftsglobalen Haltung».

Die Stadt Zug zieht viele ausländische Arbeitnehmer an. (Bild: Stadt Zug)

Anders sieht das die Einwohnergemeinde Baar. In ihrer Antwort schrieb sie, ein höheres Sprachniveau bringe für die Integration klare Vorteile mit sich. Dass die Regierung und «grosse Gemeinden wie Baar» die Motion unterstützen, freut den SVP-Kantonsrat Michael Riboni.

«Immer öfter benötigen Behörden Dolmetscher, um sich mit Neu-Schweizern zu verständigen», sagt er auf Anfrage. Übersetzer für Elterngespräche an Zuger Schulen seien üblich (zentralplus berichtete). Und selbst die Luzerner SP habe das Problem erkannt, als sie die Übersetzung der Abstimmungsunterlagen gefordert hätte (zentralplus berichtete). Dass die Verschärfung die Zuger Weltoffenheit untergraben soll, lehnt er ab. «Es geht nicht um Aufenthaltsbewilligungen, sondern um das Bürgerrecht.»

ALG fordert eine Erleichterung der Einbürgerung

Anders sehen das die linken Parteien, die zentralplus angefragt hat. Der SP-Fraktionschef Beat Iten zweifelt daran, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen besseren Sprachkenntnissen und Integration gebe. Seine Partei lehnt die Verschärfung daher ab. Die ALG fordert gar eine Lockerung des Einbürgerungsgesetzes.

In kaum einem Land sei die Einbürgerung so streng geregelt wie hier, schreibt der ALG-Kantonsrat Andreas Lustenberger. Daher unterstütze die ALG die eidgenössische Demokratie-Initiative für eine erleichterte Einbürgerung. Studien würden zeigen, dass ein Schweizer Pass die Integration fördere.

Verordnungsweg wird noch zu reden geben

Neben dem Inhaltlichen bietet auch das Formale Zündstoff. Dass die Regierung die Verschärfung via Verordnungsweg durchsetzen will, lehnen die Pole nämlich ab. Michael Riboni (SVP) schreibt, das Volk müsse bei Fragen der Einbürgerung mitreden dürfen – im Zweifel auch per Referendum. Das gehe aber nur, wenn Zug die Verschärfung in einem Gesetz regle. Die gleiche Haltung vertritt auch die GLP.

Die Fraktionschefs Michael Arnold (FDP) und Martin Zimmermann (GLP) geben auf Anfrage nur ihre persönliche Einschätzung zum Thema ab. Sie wollen der Beratung in der Fraktion nicht vorgreifen. Beide finden die Erhöhungen der sprachlichen Anforderungen bei der Einbürgerung nachvollziehbar. Auch der Verordnungsweg erscheint Zimmermann angemessen.

Die Diskussion über den Antrag der Regierung ist für die nächste Sitzung des Kantonsrats am 30. November geplant. Doch die Traktandenliste für die Sitzung ist lang. Es könnte also sein, dass die Kantonsräte erst nächstes Jahr darüber entscheiden werden, ob die Einbürgerung in Zug künftig schwerer wird.  

Verwendete Quellen
  • Bericht und Antrag des Regierungsrats Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Michael Riboni, Kantonsrat SVP
  • Schriftlicher Austausch mit Beat Iten, Fraktionschef SP
  • Schriftlicher Austausch mit Martin Zimmermann, Fraktionschef GLP
  • Schriftlicher Austausch mit Michael Arnold, Fraktionschef FDP
  • Schriftlicher Austausch mit Andreas Lustenberger, Kantonsrat ALG
  • Schriftliche Anfrage bei Fabio Iten, Fraktionschef Mitte (keine Antwort)
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Koni
    Koni, 28.11.2023, 06:47 Uhr

    Kann mir mal jemand erklären, warum die einten derart befragt und andere nur durchgewunken werden? Warum erhalten gut Bemittelte eher den roten Pass, während andere sich diesen diskriminierenden Schikanen aussetzen müssen? Warum schweigen die Verantwortlichen?

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  • Profilfoto von Huh
    Huh, 27.11.2023, 19:09 Uhr

    Das macht mich wirklich traurig. Wir sind, im Prozess, nach 12 Jahren hier. Wir sprechen die Sprache, unsere Kinder gehen hier zur Schule, wir wissen alles über diesen Kanton und wirklich viel über das Land (Gott weiss, ich weiss jetzt mehr über die Schweiz als über mein eigenes Land!).

    Der Prozess ist lang und teuer. Es ist viel schlimmer als im Film, und ich kann sagen, uns wurden Fragen gestellt, die niemand beantworten sollte. Demokratie und Integration, ja. Aber die Fragen, die wir bekamen, versuchten uns zu beschämen (wir kannten die Antworten).

    Wir gingen davon aus, dass unsere gut angepasste Familie hier gut leben würde. Mit diesem Ausbruch von Rassismus und Propaganda bin ich mir nicht mehr so sicher. Ich kann nicht mehr schlafen. Wir werden dieses Land verlassen, sobald wir die Chance dazu bekommen!

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