Stadtrat antwortet auf Interpellation

Also doch: Zuger Schulen setzen Übersetzer ein

Nicht immer ist die Kommunikation zwischen Eltern und der Schulleitung einfach – das scheint auch für Interpellanten und den Zuger Stadtrat zu gelten. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

Die SVP wollte im Sommer vom Stadtrat wissen, ob an Zuger Schulen Übersetzer engagiert werden. Nach einigem Hin und Her ist nun klar, dass Unterstützung angeboten wird. Währenddessen schäumt die SVP.

Werden an Stadtzuger Schulen Übersetzer engagiert, um mit Eltern zu kommunizieren, welche die deutsche Sprache nicht beherrschen? Im Grunde ist es das, was die Stadtzuger SVP im vergangenen Juli von der Stadtregierung in Erfahrung bringen wollte. Dazu reichte sie zwei Interpellationen ein. In der ersten Version sprach die SVP von Elternabenden, an denen solche Übersetzer engagiert worden seien, in der zweiten von Elterngesprächen. Der Unterschied: Elternabende sind allgemeine Informationsanlässe, während bei Elterngesprächen die Lehrer individuell mit den Eltern über das Kind sprechen.

Der Grund für die Anfrage: Es gebe eine zunehmende «babylonische Sprachverwirrung» an den Stadtschulen. Man habe einen Hinweis aus der Bevölkerung erhalten, nachdem an einem Elterninformationsabend im Schulhaus Guthirt «gegen ein Dutzend Übersetzer» anwesend gewesen sein sollen (zentralplus berichtete). Auch zentralplus hatte einen solchen Hinweis erhalten.

SVP präzisiert in zweiter Anfrage

Was dann folgte, war ein Hin und Her. zentralplus berichtete über den Vorstoss, was wiederum die Stadt Zug dazu veranlasste, früher als üblich Stellung zu nehmen (zentralplus berichtete). Sie hielt im August in der Antwort zur ersten Interpellation fest, der SVP-Vorstoss bezüglich Elternabenden basiere auf «falschen Informationen». An den Elternabenden der Regelklassen würden keine Übersetzer engagiert. Einzig ein Satz wies auf Einsätze hin: «Dolmetschereinsätze erfolgen in anderem Kontext auf Abruf.» Die Interpellation war somit relativ zügig beantwortet.

Die SVP hatte zu diesem Zeitpunkt den erwähnten zweiten Vorstoss bereits eingereicht, der eben von Elterngesprächen handelt. Mit-Interpellant und SVP-Gemeinderat Philip C. Brunner räumte gegenüber zentralplus damals ein: «Bezüglich Übersetzern an Elternabenden können wir nicht belegen, dass diese von der Stadt engagiert sind. Es kann sein, dass Eltern sie selbst mitgebracht haben.» Jedoch habe man Kenntnis davon, dass es bei Elterngesprächen schon zum Einsatz von Übersetzern gekommen sei.

«Nur» an Elterngesprächen, nicht an Elternabenden

Es herrschte, passend zum Titel der SVP-Interpellationen, fast schon eine babylonische Verwirrung. Nun klärt die Stadt Zug auf. Und siehe da: In ihrer soeben veröffentlichten Antwort zur zweiten Interpellation der SVP, also derjenigen bezüglich Elterngesprächen, schreibt die Stadt: «Falls Eltern der deutschen Sprache noch nicht mächtig sind, werden für die Elterngespräche Übersetzer oder Kulturvermittler angeboten.» Es sei jedoch nicht üblich, dass bei Elterngesprächen Übersetzer eingesetzt werden. «Die Bereitschaft zur kulturellen und sprachlichen Integration wird von Beginn weg erwartet.»

Es gibt sie also, die ominösen Übersetzer an Zuger Schulen, einfach nicht an Elternabenden. Doch die Stadt steht nach wie vor hinter ihrer Antwort zur ersten SVP-Interpellation.

«Der Stadtrat hat uns mit der ersten Antwort quasi vorgeworfen, Fake-News verbreitet zu haben.»

Philip C. Brunner, Stadtzuger SVP-Gemeinderat

Etienne Schumpf, Vorsteher des Bildungsdepartements, schiebt der SVP die Verantwortung zu. Gefragt, ob es nicht transparenter gewesen wäre, wenn der Zuger Stadtrat darauf hingewiesen hätte, dass zwar an Elternabenden keine Übersetzer eingesetzt werden, bei Elterngesprächen aber schon, antwortet er: «Der Stadtrat bedauert es sehr, dass aufgrund des unkorrekten Sachverhaltes der Interpellation in den lokalen und nationalen Medien ein falsches Bild von der Stadt Zug und den Stadtschulen Zug gezeichnet wurde. Dem Stadtrat war es wichtig, die falschen Aussagen der SVP-Fraktion zu den Elternabenden umgehend richtigzustellen. Die Beantwortung des zweiten Vorstosses hat vertieftere Abklärungen benötigt als der erste Vorstoss der SVP und entsprechend mehr Zeit benötigt.»

SVP-Interpellant erzürnt über Vorgehen des Stadtrats

SVP-Gemeinderat Philip C. Brunner schätzt es, dass der Stadtrat «mit der Wahrheit doch noch herausgerückt ist», wie er gegenüber zentralplus sagt. Dann folgt harsche Kritik: «Der Stadtrat hat uns mit der ersten Antwort quasi vorgeworfen, Fake-News verbreitet zu haben. Er hat uns öffentlich vorgeführt im Sinne von ‹ihr erzählt Mist›.» Nun stelle sich heraus, dass die Interpellanten doch keinen «Mist» erzählt hätten, sondern die Terminologie einfach nicht ganz korrekt verwendet hätten. «Dieses Vorgehen ist schon sehr fragwürdig.»

Brunner ergänzt: «Wir Gemeinderäte sind Milizpolitiker und müssen die politische Arbeit in unserer Freizeit machen. Da können solche kleinen Fehler passieren.» Dass man dann aber «von oben herab abgeputzt» werde, verstehe er gar nicht. Schliesslich sei der Grosse Gemeinderat der Vorgesetzte des Stadtrats – «auch wenn man manchmal das Gefühl hat, es sei umgekehrt».

Ausgaben für Übersetzer steigen deutlich an

Wegen dieses Streits geht die eigentliche Sache – wie viel die Stadt für Übersetzer an Schulen ausgibt – fast unter. Denn diese Antworten hat der Stadtrat nun auch geliefert. Im Jahr 2012 kosteten deren Einsätze 4720 Franken. Im vergangenen Jahr bezahlte die Stadt Zug dafür 12'146 Franken – ein Plus von 157 Prozent. Die Anzahl ausländischer Schüler stieg allerdings nicht im selben Mass. 2012 besuchten 576 ausländische Schüler Stadtzuger Schulen. 2012 waren es 932, was einem Plus von 62 Prozent entspricht.

Wie erklärt die Stadt diesen überproportionalen Anstieg bei den Kosten? Bildungsvorsteher Etienne Schumpf schreibt: «Der Stadtrat möchte für alle Familien und Kinder in der Stadt Zug ein hochstehendes Bildungsangebot bieten. Dazu gehört auch die Sicherstellung einer reibungslosen Kommunikation zwischen allen Eltern, Kindern und Lehrpersonen.» Die Bemühungen und das Bewusstsein für ein solches Bildungsangebot hätten in den vergangenen Jahren zugenommen.

Verwendete Quellen
  • Erster und zweiter Vorstoss der SVP
  • Erste und zweite Antwort des Zuger Stadtrats
  • Schriftlicher Austausch mit Etienne Schumpf, Vorsteher des Stadtzuger Bildungsdepartements
  • Telefongespräch mit Philip C. Brunner, SVP-Gemeinderat und Interpellant
11 Kommentare
Apple Store IconGoogle Play Store Icon