Eltern verstehen kein Deutsch

Übersetzer an Zuger und Luzerner Schulen? Vater und SVP nerven sich

Nicht immer ist die Kommunikation zwischen Eltern von Schülern und der Schulleitung einfach. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

An einer Zuger Schule sollen gemäss einem Leserreporter rund zehn Übersetzer engagiert worden sein, um einen Elternabend zu begleiten. Die Stadt widerspricht. In Luzern werden seit Jahren Übersetzer eingesetzt.

Wie stark muss der Staat ausländische Eltern, deren Kinder die obligatorische Schule besuchen, unterstützen? Um diese Frage geht es im Kern in dieser Geschichte. Ausgangspunkt ist eine Schule in der Stadt Zug.

Der Schweizer Vater eines Kindes beschreibt gegenüber zentralplus das Problem: Die Schule habe an einem Elternabend für die ausländischen Eltern rund zehn Übersetzer engagiert, um sicherzustellen, dass diese Eltern die Informationen der Schulleitung verstehen. Das Problem sei simpel: Viele Eltern verstehen gemäss dem Vater, der anonym bleiben möchte, kaum Deutsch.

SVP reicht Interpellation ein

Er fragt sich, was das soll: «Ist es wirklich Aufgabe der öffentlichen Hand, Übersetzer zu engagieren, wenn die Eltern auch nach mehreren Jahren in der Schweiz die Landessprache nicht verstehen? Notabene auf Kosten des Steuerzahlers?»

Seinen Unmut aufgegriffen hat die Stadtzuger SVP. In einer am vergangenen Freitag eingereichten Interpellation will die Partei von der Stadtregierung wissen, was die «babylonische Sprachverwirrung» den Steuerzahler kostet (zentralplus berichtete). Weiter fragt die SVP, ob der Einsatz von Übersetzern üblich sei.

Ein Grund weniger, Deutsch zu lernen

Für den Vater ist klar: «Wenn man die Amtssprache nicht spricht, muss man selbst für eine Übersetzung sorgen. Denn wenn der Staat eine solche Hilfe ständig zur Verfügung stellt, haben die ausländischen Eltern noch einen Grund weniger, Deutsch zu lernen.»

Gerne hätte zentralplus von der Schule oder vom Rektorat der Stadtzuger Schulen gewusst, was sie zu den Vorwürfen sagen und ob tatsächlich Übersetzer engagiert werden. Doch aufgrund der Sommerferien war niemand zu erreichen. Die Stadt Zug gibt keine Auskunft, da die Interpellation noch hängig ist.

Schulen übernehmen Kosten

Im Kanton Luzern stehen Übersetzer seit Jahren im Einsatz, wie Katrin Birchler, stellvertretende Leiterin der Dienststelle Volksschulbildung, auf Anfrage sagt. «Wenn Eltern oder Erzie­hungs­berechtigte nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen, muss sichergestellt werden, dass sie die Inhalte an einem Elterngespräch oder an einem Elternanlass verstehen.»

Die Kosten würden von den Schulen übernommen. Pro fremdsprachigen Schüler erhalten diese gemäss Birchler einen zusätzlichen Pro-Kopf-Beitrag des Kantons von 1563 Franken pro Jahr. Für Schulen mit einem Anteil von über 35 Prozent an fremdsprachigen Schülern gebe es nochmals einen zusätzlichen Beitrag.

Katrin Birchler begründet den Einsatz von Übersetzern folgendermassen: «Wer selber schon mal eine Fremdsprache gelernt hat, weiss, wie anspruchsvoll es ist, bis man sich mündlich gut verständigen kann und teilweise komplizierte Informationen gut versteht. Im Zentrum stehen denn auch die Kinder, die Schülerin und der Schüler. Sie sollen keine Nachteile haben, wenn ihre Eltern nicht genügend Deutsch können, um Beurteilungsgesprächen, Elternabenden zu Übertrittsverfahren etc. zu folgen.» Für die Integration der Schüler mit Migrationshintergrund und ihren Lernerfolg sei es wichtig, dass die Erziehungsberechtigten mit der Schule und den Lehrern im Dialog sind und ihre Rechte und Pflichten verstehen. 

Auskunft gibt hingegen Lukas Fürrer, Generalsekretär der kantonalen Bildungsdirektion, deren Vorsteher SVP-Regierungsrat Stephan Schleiss ist. Für Fürrer ist klar: «Die Amtssprache ist Deutsch. Wo es um Verbindlichkeit geht, ist die Amtssprache das Mass aller Dinge», sagt er. Es sei aber so, dass die Volksschule die Zuwanderungsprobleme nicht lösen könne.

Eltern wollen auf Englisch kommunizieren

In der Stadt Zug seien Personen von etwa 130 Ländern zuhause. «Ich verstehe deshalb, wenn die Schulen pragmatisch mit dem Problem umgehen.» Denn die Verantwortlichen wollen gemäss Fürrer möglichst unkompliziert verstanden werden.

Jedoch sei der Grat schmal: «Wenn wir zu viel Service anbieten, beispielsweise mit den Übersetzern, machen es sich manche Eltern zu bequem.» So würden einige Eltern von den Verantwortlichen heute erwarten, dass Englisch mit ihnen gesprochen wird. Und das könne nicht das Ziel sein.

Das findet auch der erwähnte Vater eines Schulkindes: «Ich kenne viele Leute, gerade aus den USA und Grossbritannien, die auch nach fünf Jahren kaum ein Wort Deutsch sprechen. Wenn man als Ausländer in diese Länder ziehen würde, käme es den dortigen Behörden nie in den Sinn, Übersetzer anzustellen.»

Hier der zentralplus-Kommentar zu diesem Artikel.

Hinweis: Im Nachgang unserer Berichterstattung hat die Stadt Zug informiert, dass an Elternabenden von den Stadtschulen Zug keine Übersetzer eingesetzt würden. «Der Vorstoss der SVP basiert auf Falschinformationen.» Die Interpellationsantwort des Stadtrats werde nach den Sommerferien erfolgen.

Verwendete Quellen
  • Interpellation der SVP Stadt Zug
  • Telefongespräch mit dem Vater eines Stadtzuger Schulkindes
  • Telefongespräch mit Lukas Fürrer, Generalsekretär der kantonalen Bildungsdirektion Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Katrin Birchler, stellvertretende Leiterin der Dienststelle Volksschulbildung Kanton Luzern
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9 Kommentare
  • Profilfoto von Federico Colferai
    Federico Colferai, 20.07.2023, 13:51 Uhr

    Jemand erzählt Fake. Entweder sind die Uebersetzer da oder nicht. Das ist schon lange ein Problem, dass ausländische Eltern unsere Sprache nicht sprechen.

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  • Profilfoto von Marcus Bühler
    Marcus Bühler, 19.07.2023, 20:40 Uhr

    Eigentlich ist die (sprachliche) Integration eine Frage des Respekts gegenüber des Gastlandes und deren Einwohner. Aus eigener Erfahrung – längere Aufenthalte auf drei Kontinenten – muss ich klar festhalten, dass dies nicht die Aufgabe des Staats ist bzw sein kann, sondern die Pflicht des Einwanderers. Die Kür ist dann eine neue Sprache zu beherrschen und so auch die Feinheiten der lokalen Kultur, Literatur et al in vollen Zügen geniessen zu können. Wer will nicht stolz von sich sagen können: I have lived many years Zug and loved it and also learned the language!

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    Thomas Prodega, 19.07.2023, 12:57 Uhr

    Ich habe selber Übersetzer an Zuger Schulen gesehen. Zahlen die Flüchtlingseltern diese echt selber? Kann ich mir fast nicht vorstellen, aber ich irre mich gerne.

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    Tobias Hofstetter, 19.07.2023, 11:55 Uhr

    Übersetzer in der Schule ? Weit haben wir es gebracht … Im Herbst sind Wahlen !

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    Jerome Halter, 19.07.2023, 11:18 Uhr

    Schule 2.0 – schön bunt, juhu! Dank dem grosszügigen Angebot vom Staat und der Anzahl fremdsprachiger Parallelgesellschaften muss niemand eine Landessprache sprechen. Gut gemacht, Schweiz! p.s. Meine Muttersprache war nicht deutsch, ich habe sie im Kindergarten gelernt!

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    Hans, 19.07.2023, 07:15 Uhr

    Sie wohnen in der Schweiz und hier wird Deutsch geredet. Wems nicht passt, bitte dürfen gerne zurück in ihre Heimat. Aber hier her kommen und sich gegen unsere Werte und Sprache stellen, nein! In einem anderen Land bekämen wir Schweizer niemals soviel vom Staat.

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    • Profilfoto von Albus
      Albus, 19.07.2023, 12:17 Uhr

      Ahemm… schon mal die Verfassung durchgelesen? Da hat es mehrere Sprachen.

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      • Profilfoto von Rocco Tornado
        Rocco Tornado, 19.07.2023, 13:31 Uhr

        @Albus – Stimmt, in der Verfassung stehen mehrere Sprachen. Also könnten die Zugewanderten auslesen, ob sie lieber Deutsch, Französisch, Italienisch oder Rumantsch sprechen. Doch ich befürchte, das hilft jenen Zuwanderern, welche unsere Werte nicht respektieren, kein Stück weiter.

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        • Profilfoto von Marc Wieser
          Marc Wieser, 22.07.2023, 11:06 Uhr

          Welche Werte sprechen Sie an? Gemütlichkeit? Pünktlichkeit? Reinlichkeit? Und welchen Bevölkerungsgruppen sprechen Sie diese pauschal ab? Den Expats (um diese es im Artikel mehrheitlich geht) oder Schutzsuchenden? Oder könnte es sich in Ihrem Fall sogar um Menschen mit anderer Hautfarbe handeln?

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