Happiges Preisschild

Abstimmung zur Tagesschule Luzern: Das musst du wissen

Ist nachmittags Unterricht, sollen Stadtluzerner Primarschülerinnen künftig automatisch fürs Zmittag angemeldet sein. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Luzerner Primarschüler sollen mittags in der Schule bleiben, wenn sie danach noch Unterricht haben. Was banal klingt, hat ein dickes Preisschild: 44,5 Millionen Franken. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Abstimmung.

Die Stadt Luzern macht einmal mehr mit einer Änderung für die Volksschule von sich reden. Zuerst mit der Abschaffung von Noten während des Semesters (zentralplus berichtete). Nun mit ihrem neuen Tagesschulmodell (zentralplus berichtete). Im Gegensatz zur neuen Beurteilungsart können die Stadtluzernerinnen hier mitreden. Denn der Ausbau der Tagesschule kostet eine ganze Stange Geld: 44,5 Millionen Franken. Für die bevorstehende Abstimmung am 9. Juni beantwortet zentralplus die wichtigsten Fragen.

Was ist dieses neue Tagesschulmodell?

Das neue Tagesschulmodell ist ein Paradigmenwechsel im Verständnis der Schule. Betreuung soll zum festen Bestandteil der Schule werden. Die Schule böte künftig von 7 bis 18 Uhr Betreuung an. Eine grosse Änderung betrifft den Mittag: Haben die Primarschüler am Nachmittag Unterricht, sind sie automatisch für die Mittagsbetreuung und für das Mittagessen angemeldet. Auch will die Schule künftig mit kurzen und längeren Mittagspausen arbeiten.

Die Eltern haben noch immer die Wahl – sie können ihre Kinder davon abmelden. Um das Angebot attraktiver zu machen, passt die Stadt die Tarife an: Bisher zahlten Eltern zwischen 8.50 und 30 Franken für die Mittagsbetreuung, je nach Einkommen. Künftig sollen alle pauschal sieben Franken zahlen. Im Auftrag des Parlaments prüft die Stadt einen vergünstigten Tarif von fünf Franken für Personen, die weniger als 48’000 Franken verdienen.

Für Sekschülerinnen ist keine weitere Betreuung vorgesehen – dies sei nicht altersgerecht. Stattdessen will die Stadt ihren Mittag von 120 auf 85 Minuten kürzen. So könnten Frühstunden reduziert werden.

Wieso braucht es das?

Durch den Ausbau der Betreuung will die Stadt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie stärken. Zudem kommt sie mit dem neuen Modell einem Bedürfnis nach. 2014 hatte ein Viertel der Schüler einen Ganztages- oder einen Mittagstischplatz gebucht. 2023 waren es bereits 44 Prozent. Und die Stadt geht, basierend auf einer Untersuchung eines Zürcher Forschungsunternehmens, davon aus, dass dieser Wert in den kommenden Jahren deutlich steigen wird.

Was tun die Kinder über den Mittag?

Heute dauert die Mittagspause zwei Stunden. Künftig will die Stadt Luzern mit verschiedenen Mittagen arbeiten. Einem kurzen (85 Minuten) und an ein bis zwei Tagen – je nach Schulstufe – einem langen (135 Minuten). Schulnahe, individuelle Aktivitäten können so besser im Tagesablauf integriert werden. Während des längeren Mittags könnten Schülerinnen beispielsweise eine Aufgaben- und Lernbegleitung nutzen oder in den Musik-, Sport- oder konfessionellen Religionsunterricht gehen.

Wer kümmert sich um die Kinder?

Voraussichtlich nutzen also künftig mehr Kinder die Betreuungsangebote – und wer kümmert sich um sie? Der Schweizer Lehrerverband hat bereits früh klargemacht, dass Lehrerinnen nicht zu zusätzlichen Betreuungsaufgaben verpflichtet werden dürfen.

Volksschulrektor David Schuler beschwichtigte gegenüber zentralplus: Dafür stellt die Stadt eigene Betreuungsfachpersonen an (zentralplus berichtete). Vorgesehen sind 800 Stellenprozente für Betreuerinnen, 30 Prozent zusätzlich in der Leitung der Betreuung, 170 Stellenprozente in der Aufgaben- und Lernbegleitung sowie 120 zusätzliche Stellenprozente für Musik- und Sportlehrer.

Wieso ist das so teuer?

Die ganze Umstellung kommt mit einem happigen Preisschild daher: 44,5 Millionen Franken beantragt der Luzerner Stadtrat dafür. Die Kosten setzen sich wie folgt zusammen:

  • Investitionskosten: 17,4 Millionen Franken (Ausbau von Küchen und Nebenräumen für die Betreuung in den Schulhäusern, samt Möbeln)
  • Initialisierungskosten: 5 Millionen Franken (Infoveranstaltungen und Weiterbildungen, befristete Stellen wie beispielsweise Bauherren, Unterstützung im Rektorat und als Leiterin Betreuung)
  • Laufende Betriebskosten für zehn Jahre: 22,1 Millionen Franken (zusätzliche Stellen für zehn Jahre gerechnet, darunter etwa zusätzliche Betreuer und Sportlehrerinnen, höherer Sach- und Betriebsaufwand, beispielsweise Sportgeräte, Stifte und Papier, Instrumente)

Was sagen die Parteien dazu?

Das Stadtparlament war sich beim Tagesschulmodell so einig wie sonst kaum: Mit 47 zu 0 Stimmen hat es der Vorlage zugestimmt. So sagte etwa FDP-Fraktionssprecher Mark Buchecker stellvertretend für den Tenor: «Wir können es uns als Gesellschaft nicht mehr leisten, dass bestens ausgebildete Frauen zwischen Beruf und Familie wählen müssen.»

Zum Vorhaben des Stadtrats hat der Grosse Stadtrat drei Protokollbemerkungen überwiesen. Zum einen soll die Stadt das Mittagsmodell auch für den Kindergarten prüfen. Weiter macht er sich Sorgen um die Lehrer: Die Stadt soll prüfen, ob und wie viel administrative Unterstützung Lehrerinnen bei der Umsetzung brauchen. Zuletzt will das Parlament Familien mit tiefem Einkommen mehr entlasten: Die Stadt soll prüfen, ob sie nur fünf Franken für das Mittagsangebot zahlen sollen.

Was spricht dagegen?

Die Stadt Luzern ist nicht die erste, die solch ein Tagesschulmodell einführt. Die Stadt Zürich kennt dieses bereits seit mehreren Jahren. Dort gab die Einführung mehr zu reden und rief auch Gegner auf den Plan. Die SVP hättte sich dort dagegengegestellt, und die EVP hätte Stimmfreigabe beschlossen, wie die «NZZ» damals berichtete.

Die Zürcher SVP sah die Wahlfreiheit infrage gestellt. Zwar könnten Eltern ihre Kinder abmelden – jedoch stünden sie unter sozialem Druck, ihre Kinder hinzuschicken. Weiter vermutete die SVP, dass die Kinder bei den Mittagsangeboten wegen fehlender Rückzugsmöglichkeiten und Lärm gestresst und überfordert seien. Die EVP hingegen befürchtete, dass die 80-minütige Mittagspause für Schüler, die daheim essen, zu kurz sei.

Wie geht es weiter?

Gibt die Luzerner Stimmbevölkerung grünes Licht, bereitet sich die Stadt Luzern in den Jahren 2025 bis 2030 vor. Die erforderlichen Bauarbeiten in den Schulen will der Stadtrat – wo möglich – gemeinsam mit anstehenden Sanierungsprojekten realisieren. Hinzu kommen administrative Arbeiten: so etwa die Lancierung eines neuen digitalen An- und Abmeldesystems, Infoveranstaltungen oder die Planung und Einrichtung der Betreuungsstandorte und -angebote. Ab 2030 will die Stadt das Tagesschulmodell umsetzen.

Verwendete Quellen
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