Abstimmungsunterlagen auf Englisch?

SP Luzern will Eingebürgerte an die Urne locken

Yannick Gauch (SP) will, dass auch fremdsprachige Schweizer die Abstimmungsunterlagen verstehen. (Bild: zvg / Unsplash)

Die SP der Stadt Luzern fordert, dass die Abstimmungunterlagen in Fremdsprachen verschickt werden. Es geht darum, das demokratische System zu stärken – und Hürden für Eingebürgerte abzubauen.

Abstimmungsunterlagen nicht nur in Deutsch, sondern auch in Englisch und anderen Fremdsprachen: Das fordert die SP der Stadt Luzern in ihrem neusten Vorstoss. Eingebürgerte Luzernerinnen – ohne Deutsch als Muttersprache – sollen besser verstehen, worum es bei den Vorlagen geht, über die sie abstimmen sollen.

«Selbst als Muttersprachler kommt man regelmässig an seine Grenzen.»

Yannick Gauch, Präsident SP Stadt Luzern

Bei der Schweizer Einbürgerung sind lediglich schriftliche Grundkenntnisse auf Sprachniveau A2 nötig. Dies garantiert also nicht, dass alle Stimmberechtigten die häufig komplexen Abstimmungsvorlagen auf Deutsch verstehen.

«Selbst als Muttersprachler kommt man regelmässig an seine Grenzen», meint Yannick Gauch, Erstunterzeichner und seit April 2022 Präsident der SP Stadt Luzern. «Wir haben immer wieder Rückmeldungen aus der Bevölkerung und von Personen aus dem Umfeld der SP sowie von Migranten erhalten, dass es sehr schwer ist, die Abstimmungsunterlagen zu verstehen.»

Komplizierte Wörter aus Medienmitteilungen gestrichen

Bemühungen, die politische Partizipation von Minderheiten zu fördern, nehmen in der Schweiz deutlich zu. Politische Erklärvideos von Easy Vote beispielweise nehmen gemäss einer Studie an Beliebtheit zu. Auch die Stadt Luzern bemüht sich aktiv darum, öffentliche Dokumente und Abstimmungsunterlagen in «leichter Sprache» zur Verfügung zu stellen (zentralplus berichtete).

Der SP geht das nicht weit genug. «Die Einführung von leichter Sprache in der öffentlichen Kommunikation richtet sich in erster Linie an Menschen mit einer Beeinträchtigung», erläutert Gauch. Der Detaillierungsgrad sei deutlich verringert.

«Es geht darum, das demokratische System zu stärken und bestehende Hürden abzubauen.»

Yannick Gauch

«Das ist bei einer Übersetzung nicht der Fall.» Die Sozialdemokraten wollen es Nicht-Muttersprachlern ermöglichen, sich genauso intensiv mit den Unterlagen auseinanderzusetzen wie die übrigen Luzernerinnen.

Abstimmungsunterlagen in Fremdsprachen: Serbisch, Bosnisch und Albanisch?

«Es geht darum, das demokratische System zu stärken und bestehende Hürden abzubauen», argumentiert der SP-Präsident. Er und seine Fraktion fordern, Abstimmungsunterlagen neben Deutsch in Englisch und ein bis zwei weiteren Fremdsprachen zu verfassen. Dies müsse nicht zwangsläufig in gedruckter Form geschehen, sondern könne auch ein ergänzendes Online-Angebot sein.

Um zu entscheiden, welche Sprachen am sinnvollsten sind, schlägt Gauch vor, die Einbürgerungsstatistik zu verwenden. Nach aktuellsten Daten von Lustat sind die Sprachen Serbisch, Bosnisch und Albanisch unter neu Eingebürgerten in der Stadt Luzern am weitesten verbreitet.

SVP-Präsident ist wenig begeistert

Der Vorschlag stösst auf Gegenstimmen. SVP-Fraktionspräsident Thomas Gfeller hält den Vorschlag persönlich für einen «falschen Ansatz». Die Stadt solle sich dafür einsetzen, dass Zuwanderer eine Landessprache beherrschen. Wer sich integrieren wolle, solle versuchen, mindestens einer der drei Sprachen der Schweiz mächtig zu werden.

Yannick Gauch ist davon überzeugt, dass der Vorstoss seiner Partei nicht nur politische Partizipation fördert. Er hofft auf wenig Gegenwind. «Die Förderung unserer Demokratie sollte von links bis rechts im Interesse aller Parteien sein», findet er. Ob die bürgerlichen Parteien das Anliegen unterstützen, wird sich zeigen, wenn der Vorstoss in einigen Monaten im Parlament diskutiert wird.

Autor: Konstantin Kreibich

Verwendete Quellen
  • Studie von Defacto zum Vertrauen in Easy Vote
  • Einbürgerungsstatistik von Lustat
  • Vorstoss der SP
  • Telefonat mit Yannick Gauch
  • Telefonat mit Thomas Gfeller
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16 Kommentare
  • Profilfoto von Oliver Heeb
    Oliver Heeb, 07.08.2022, 07:56 Uhr

    Der Vorstoss zeigt in erster Linie, dass die permissiven migrationspolitischen Vorstellungen der Linken ein weiteres Mal gescheitert sind. Der Schweizerpass steht am Ende einer erfolgreichen Integration, und nicht am Anfang. Sämtliche bürgerrechtlichen Verschärfungen der letzten Jahre sind grossmehrheitlich, entweder von den Parlamenten, oder in Abstimmungen, demokratisch legitimiert worden. Übrigens: das Abstimmungsbüchlein ist nur eine von vielen Informationsquellen. Wer es nicht schafft, sich eine Meinung zu bilden, ob Urschweizer oder Neuschweizer, soll sich eben anstrengen. Von Nichts kommt Nichts.

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    Rene, 05.08.2022, 14:54 Uhr

    Vielleicht wäre es sinnvoller, die Broschüren in der leichten Sprache zu versenden. Auch viele gebürtige Schweizer haben ja oft keine Ahnung worüber sie abstimmen.

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    Albert Holmes, 05.08.2022, 07:14 Uhr

    Als Zugewanderter ist es halt schwierig Gelegenheiten zu finden um Deutsch zu lernen. In der Arbeitswelt ist alles längstens auf Englisch, und in der Freizeit sind die Schweizer bekanntlich verschlossener als ein altes Käse.

    Da bleibt einem nur noch Dürrenmatt übrig.

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    Roli Greter, 05.08.2022, 06:41 Uhr

    Die Grundidee den Eingebürgerten die Wahlen zu Erleichtern finde ich gut. Die SP Luzern könnte vor den Wahlen kostenlose Dolmetscher anbieten, daa macht den Urnengang zum perfekten Wahlerlebnis.

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    Daniel Steiner, 05.08.2022, 06:27 Uhr

    Eingebürgerte müssen sich in einer Landessprache verständigen können und die SP ist doch immer so für Integration? Dies schafft man nicht indem man Unterlagen auf Englisch verschickt. Zudem bezweifle ich, dass ich in Italien, Griechenland oder England solche Unterlagen auf Deutsch bekäme. Hat die SP Angst dass ihnen Stimmen verloren gehen?

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    • Profilfoto von Albus
      Albus, 05.08.2022, 09:16 Uhr

      Apropos Grossbrittanien – tatsächlich haben die fremdsprachige Unterlagen. Oder Norwegen liefert offizielle Infos auf Englisch.
      Es hat auch weitere, man muss nur kurz suchen mögen. Aber nein, Unwahrheiten Verbreiten ist viel einfacher

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        Albus, 05.08.2022, 10:28 Uhr

        Liebe Zentralplus – wieso wurden die Links zu den Unterlagen entfernt?

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        • Profilfoto von Redaktion zentralplus
          Redaktion zentralplus, 05.08.2022, 12:15 Uhr

          Da Apps Links auf externe Webseiten nicht unterstützen, werden diese vom System entfernt.

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      • Profilfoto von Daniel Steiner
        Daniel Steiner, 05.08.2022, 10:40 Uhr

        Es sind keine Unwahrheiten. Ich habe geschrieben «ich bezweifle»….

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    Lucommenter, 04.08.2022, 23:58 Uhr

    Wer in Zeiten von Krieg in Europa, zunehmender Inflation, Energieknappheit, Hitzerekorden und voraussichtlicher Rezession solche Vorstösse macht, beweist, dass er definitiv am Volk vorbeipolitisiert und schlicht irrelevant geworden ist.

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    Peter Salzmann, 04.08.2022, 22:23 Uhr

    «Selbst als Muttersprachler kommt man regelmässig an seine Grenzen.»
    Ich nicht.

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  • Profilfoto von Hans
    Hans, 04.08.2022, 21:01 Uhr

    Immer diese Ideen aus der linken Ecke……

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    • Profilfoto von Hans
      Hans, 05.08.2022, 07:20 Uhr

      Immer diese inhaltlosen Kommentare aus der rechten Ecke. Wem keine Argumente einfallen dem bleibt nur Denunziation übrig.

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  • Profilfoto von Hegard
    Hegard, 04.08.2022, 20:23 Uhr

    brauchts dann massenhaft Dolmetscher.
    Wenn nach Englisch,auch Arabisch,Chinesisch übersetzt werden muss.
    Wenn jemand Eingebürgert wird, sollte er soweit Intregiert sein,das er sich mit den 4 Landessprachen unterhalten .
    Wie immer einfach nicht fertig gedacht von den Linken

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    • Profilfoto von Hans
      Hans, 05.08.2022, 07:18 Uhr

      Ich hoffe jedenfalls, dass ihre Rumantsch-, Französisch-, und Italienischkenntnisse besser als ihre Deutschkenntnisse sind.

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    • Profilfoto von Karl Ottiger
      Karl Ottiger, 05.08.2022, 12:41 Uhr

      Für Dongua Lee hat die SP auch keinen chinesischen Dolmetscher gebraucht. Ich wäre dafür, dass man die Wahlpropaganda parteilich selber löst und wenn eine Partei das Gefühl hat, man verstehe sie in unseren vier Landessprachen nicht mehr, dann sollen sie mit ihrem Geldbeutel ein 500 seitiges Wahlerklärungsbuch rausgeben mit allen internationalen Sprachen, die ja der Integrationspartei SP sicher bekannt sind.
      Ich warte nur noch darauf, dads die SP eine Abstimmung lanciert, dads unsere Landessprache neu englisch wird. Vier andere Sprachen reichen ihr anscheinend nicht.

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