Propaganda verbreitet: Rücktritt von Kantonsrat gefordert
Der Zuger SVP-Kantonsrat Patrik Kretz soll für das belarussische Regime Propaganda verbreitet haben. Nun werden Rücktrittsforderungen laut. Die SVP nimmt es gelassen. Kretz selbst schweigt.
Motivierte Menschen würden gut gelaunt zur Wahl gehen, alles sei «gut organisiert». Diese Aussagen fliegen dem Zuger SVP-Kantonsrat Patrik Kretz um die Ohren. Wie der «Tagesanzeiger» schreibt, wird Kretz so in der regimetreuen Internetzeitung «Belarus heute» zitiert (zentralplus berichtete). Dies nach den Wahlen in Belarus am Sonntag, bei der die Partei von Autokrat Alexander Lukaschenko mit grosser Mehrheit gewählt wurde.
International werden die Wahlen nicht anerkannt. Menschenrechtsorganisationen verurteilen sie. Lukaschenko dürfte auch diesmal kaum faire Wahlen zugelassen haben. Die Opposition durfte nicht einmal antreten. Nach Aussen bemüht sich das Regime um das Bild fairer und gerechter Wahlen. Während Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) keine Wahlbeobachter ins Land schicken durfte, sollen zahlreiche Politikerinnen und Politiker aus ganz Europa Belarus in ein gutes Licht rücken. Darunter auch zwei Schweizer, welche die belarussischen Medien besonders gerne auf ein Podest hob.
«Entsetzen» und «haarsträubend» – Rücktritt gefordert
Einer von Ihnen ist der Zuger SVP-Kantonsrat Patrik Kretz. Nach dem Bekanntwerden seiner Reise nach Belarus werden nun Forderungen nach seinem Rücktritt laut. So verschickten die jungen Alternativen Zug und die Juso am Dienstag eine Medienmitteilung.
Darin schreiben sie, dass sie mit «Entsetzen» die Propaganda-Verstrickungen zur Kenntnis nehmen. Es sei «haarsträubend», dass sich der SVP-Kantonsrat von Lukaschenko habe einspannen lassen. Sie fordern daher, dass Kretz sofort aus dem Kantonsrat austritt und die SVP die Reise verurteilt.
SVP: «Kretz war privat in Belarus»
Die SVP nimmt die Forderungen gelassen, wie Parteipräsident Thomas Werner auf Anfrage von zentralplus schreibt. «Patrik Kretz ist ein gewählter Kantonsrat, auf Rücktrittsforderungen aus linken Kreisen gehe ich so oder so nicht ein. Es gab schon viele Wahlbeobachter, auch von linken Parteien. Patrik Kretz war als Privatperson in Belarus, nicht im Auftrag der SVP und auch nicht im Wissen der SVP», sagt er.
Auf die Frage, ob die Partei das Gespräch mit Kretz suche, erwidert er: «Länder, die ich noch nie besucht habe, finde ich sehr interessant und möchte natürlich mehr darüber erfahren. Es interessiert mich auch, wie er zu dieser Reise oder zu diesem Aufgebot gekommen ist. Bis jetzt hatte ich noch keinen Kontakt zu Patrik Kretz, wir werden uns aber sicher über diese Reise unterhalten.»
Kretz selbst hat bisher auf Anfragen von zentralplus nicht reagiert.
Eingeladen von prorussischem Vereinskollegen
Im Zuger Kantonsrat ist der 30-jährige SVP-Politiker seit Dezember 2022. Zuvor war er Präsident der Jungen SVP Zug. Neben seinen politischen Ämtern ist er Vorstandsmitglied im Zuger Verein «Jugend für Ehe und Familie». Dieser setzt sich für traditionelle Rollenbilder in der Ehe und der Familie ein und entstand aus dem Kampf gegen die «Ehe für alle»-Abstimmung 2021.
Der Präsident dieses Vereins war denn auch Kretz' Reisegspänli nach Belarus. Es handelt sich dabei um den 24-jährigen Baselbieter Wilhelm Wyss. Dieser machte in der Vergangenheit bereits mehrfach Schlagzeilen mit der Verbreitung von prorussischer Propaganda und der Provokation mit Symbolen wie etwa dem russischen Kriegssymbol «Z». Gegenüber dem «Tagesanzeiger» sagte Wyss einen Tag nach der Wahl, dass er von der belarussischen Botschaft in Bern für die Wahlbeobachtung angefragt und nach Minsk eingeladen worden sei. Er habe daraufhin seinen Freund Patrik Kretz gefragt, ob dieser mitkommen wolle.
Kretz selbst war bisher nicht aufgefallen mit prorussischen Aktionen. Ob seine Reise nach Belarus noch Konsequenzen hat, wird sich zeigen.
- Medienmitteilung junge Alternative Zug und Juso
- Schriftlicher Austausch mit Thomas Werner
- Anfrage an Patrik Kretz
- Artikel «Tagesanzeiger»
- Artikel «20 Minuten» und «Tagesanzeiger»