Fertig Doppelpunkt und Sternchen?

Die Gemeinde Emmen soll auf das Gendern verzichten

SVP-Einwohnerrat René Marti stört sich an den Doppelpunkten und Gendersternchen in amtlichen Publikationen.

Die SVP-Fraktion des Emmer Einwohnerrats will das Gendern in Publikationen der Gemeinde verbieten. Bis jetzt gibt es in Emmen nur teilweise eine Regelung dafür.

«Der Doppelpunkt und Genderstern schleichen sich überall ein. Uns wird etwas aufgezwungen, das wir gar nicht wollen.» René Marti, Einwohnerrat aus Emmen, stört sich daran, dass die Gemeinde solche Sonderzeichen in offiziellen Texten verwendet. So wie ihm gehe es vielen anderen Personen aus seinem Umfeld, sagt er gegenüber zentralplus. Daher soll nun in Texten der Gemeinde Emmen Schluss damit sein.

Bereits im März 2023 fragte Marti bei der Gemeinde nach, ob eine Umschreibung auf genderneutrale Gesetze und Verordnungen geprüft werde. Die Antwort damals: Nein.

Stern und Doppelpunkt in Brief und Reglement

Kurz darauf folgte aber ein Schreiben der Gemeinde bezüglich des Friedhofs Gerliswil. Darin: der Ausdruck «Besucher:innen». Kommt hinzu: In der kürzlichen Debatte im Einwohnerrat stand im diskutierten Bau- und Zonenreglement unter Artikel 53: «Für Bewohner*innen und Beschäftigte …»

Für René Marti zu viel des Guten. Er hat daher eine Motion eingereicht, mit der Forderung, die Gemeinde solle künftig auf das Gendern verzichten. «Doppelpunkt und Sternchen sind einfach unleserlich, und es braucht eine Vereinheitlichung», erklärt der SVP-Politiker. Der Einwohnerrat beschloss übrigens, den besagten Artikel und weitere im Bau- und Zonenreglement anzupassen und den Genderstern herauszunehmen.

Vorgaben für amtliche Dokumente, aber nicht für Kommunikation

Wie es auf Anfrage von zentralplus bei der Gemeinde Emmen heisst, gebe es durchaus Regeln. «Beim Verfassen von politischen Geschäften (Bericht und Antrag, Beantwortungen von Vorstössen) achten wir auf gendergerechte Formulierungen. Es werden dabei jeweils die weiblichen und männlichen Schreibweisen oder genderneutrale Bezeichnungen gewählt», erklärt Gemeindepräsidentin Ramona Gut-Rogger (FDP) auf Anfrage.

Für jede weitere Kommunikation mit der Bevölkerung gebe es allerdings keine einheitliche Weisung zur Verwendung der gendergerechten Sprache. «Grundsätzlich legen wir in der Kommunikation grossen Wert auf eine sachgerechte, bürgerfreundliche und verständliche Sprache. Genderzeichen werden dabei situationsbezogen dort verwendet, wo sie diesen Grundsätzen nicht zuwiderlaufen.» Im Legislaturprogramm 2022–25 sei vorgesehen, die Kommunikation zu vereinheitlichen und die Verwaltungsangestellten für eine zeitgemässe Kommunikation zu sensibilisieren, wie Gut-Rogger schreibt.

Neutral hui, Sternchen pfui

Auf eine einheitliche Vorgabe wartet man derweil nicht nur in Emmen. Mit einer Regelung taten sich viele Gemeinden und Kanton lange schwer. Eine Umfrage von zentralplus im Jahr 2021 zeigte, dass viele noch auf Regeln des Bundes warten und sich auf veraltete Sprachleitfäden berufen (zentralplus berichtete).

Der Kanton Luzern hat seinen Leitfaden 2022 überarbeitet und sich dem Gendern angenommen. Darin heisst es, zu bevorzugen seien geschlechtsneutrale Begriffe. Also «Bevölkerung» statt «Einwohnerinnen und Einwohner», «Lehrperson» statt «Lehrerinnen und Lehrer» oder «alle» statt «jedermann». Gehe das nicht, so solle die Paarform, also etwa «Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter», benützt werden.

Von Genderstern und Co. rät der Leitfaden ausdrücklich ab. Diese könnten die Lesbarkeit von Texten beeinträchtigen, teils grammatikalisch falsche Formen erzeugen und allenfalls zu rechtlichen Unklarheiten führen. Einzige Ausnahme für ein Sonderzeichen: der Schrägstich «/». Sollte der Platz nicht ausreichen, könne man bei kurzen Texten und Formularen zum Beispiel auch mal «Arbeitgeber/in» schreiben.

Wie genau Emmen das Gendern regeln solle, das liege nun bei der Gemeinde, so René Marti. Am liebsten wäre ihm die Paarform, also «Einwohnerinnen und Einwohner». «Da bin ich nun einmal halt etwas konservativ», so der SVP-Politiker.

Verwendete Quellen
  • Motion René Marti, Emmer SVP-Einwohnerrat
  • Telefonischer Austausch mit René Marti
  • Schriftlicher Austausch mit der Emmer Gemeindepräsidentin Ramona Gut-Rogger (FDP)
  • Sprachleitfaden Kanton Luzern
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12 Kommentare
  • Profilfoto von Bertram Raue
    Bertram Raue, 02.02.2024, 15:39 Uhr

    Wo genau wird denn das Gendern erzwungen? Mir erscheint das Thema als ziemlich aufgeblasen von konservativen Kräften. Dabei wird aber völlig ausgeblendet, dass Sprache kein fixes Konstrukt ist, sondern einem ständigen Wechsel unterworfen ist. Wer nicht Gendern will, soll es halt nicht tun.

    Es aber zu verbieten kommt meines Erachtens einer Beschneidung der Meinungsfreiheit nahe.

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    • Profilfoto von Gerry W.
      Gerry W., 02.02.2024, 16:41 Uhr

      Freiwillig? Mehrmals sind im Zürcher Parlament Vorstösse nicht debattiert worden, weil sie nicht gendergerecht formuliert waren. Universitäten machen Punkteabzüge, wenn nicht gegendert wird. Dies ist für mich viel eher eine Beschneidung der demokratischen Grundrechte als das Weglassen eines Sternchens.

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    • Profilfoto von Hanswurst
      Hanswurst, 03.02.2024, 19:46 Uhr

      Von Freiwilligkeit kann an der sektiererischeren PH Luzern keine Rede sein, da werden Studenten, die nicht gendern, gemassregelt und müssen gar das Praktikum wiederholen! Das sind die Fakten.

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    verbütian, 02.02.2024, 14:08 Uhr

    SVP ist eine Verbotspartei…

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    Hans Hafen, 02.02.2024, 13:25 Uhr

    Der Ausdruck reiner Ideologie.
    Warum macht man nicht endlich eine Konsultativabstimmung
    bei der Bevölkerung schweizweit hinsichtlich dieser Fragen betreffend Gendermainstreaming.
    Ich kenne die Antwort bereits….

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    Leser:innen:aussen*sonstwo, 02.02.2024, 11:00 Uhr

    Super, dass sich da jemand dafür einsetzt, diese unsägliche Verunstaltung unserer Sprache zu unterbinden.

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    Roli Greter, 02.02.2024, 09:53 Uhr

    Das Umfrageergebnis hier sagt eigentlich alles.

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      Dunning-Kruger, 03.02.2024, 10:53 Uhr

      Und das bei den linken Hofberichterstattern…
      Bei einem politisch weniger extremen Medium wäre die Ablehnung-Quote
      noch derb höher.

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    Kasimir Pfyffer, 02.02.2024, 07:17 Uhr

    Hauptsache Lärm, egal, aus welchem idiotischen Grund. Das gibt Aufmerksamkeit. So kann die SVP davon ablenken, dass sie ihre eigene Wählerschaft in die Altersarmut treiben will. Milliarden für die Bauern und die Armee, aber nur ja kein einziges Fränkli für die AHV! Und immer schön Angst machen und Buuuuh schreien, das diszipliniert das Wahlvolk und hält es gefügig.

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    Gutemine, 01.02.2024, 22:22 Uhr

    Man könnte sich ja auch mal auf die wichtigen Probleme konzentrieren.

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  • Profilfoto von Mario Huber
    Mario Huber, 01.02.2024, 18:48 Uhr

    Die SVP will die Sprachfreiheit immer mehr eingrenzen. Ein weiterer Schritt im faschistoide Politik.

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    • Profilfoto von Hugo Ball
      Hugo Ball, 05.02.2024, 06:49 Uhr

      Diese verzerrte Wahrnehmung ist einzigartig.
      Tatsächlich und nach Sichtung der Ausgangslage und Beurteilung der tatsächlichen Ereignisse der letzten ungefähr zehn Jahr ist der Fall gerade diametral andersherum gelagert!

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