Wahlen 2023 – Prämien

So wollen Luzerner Kandidaten die Krankenkassenprämien senken

Hier wollen sie alle hin: ins Bundeshaus. (Bild: Michael Flückiger)

Am 22. Oktober wählt die Schweiz ihr neues Parlament. zentralplus wollte deshalb von den Luzerner Nationalratskandidaten wissen, wie sie die stetig steigenden Krankenkassenprämien bekämpfen würden.

So viele Personen haben sich noch nie für die 200 Nationalratssitze im Bundeshaus beworben: 5909 Männer und Frauen wollen in die grosse Kammer, wie das Bundesamt für Statistik kürzlich mitteilte. Alleine im Kanton Luzern stellen sich für die neun Sitze 387 Personen auf. Die Bevölkerung hat also die Qual der Wahl.

Um den Wählern zu helfen und ihnen aufzuzeigen, wer ihre Werte am besten repräsentiert, hat zentralplus eine Umfrage bei den Spitzenkandidaten der Luzerner und Zuger Parteien durchgeführt. Mehr zum Vorgehen findet sich in der Box am Ende des Artikels. Die Redaktion hat die Kandidatinnen zu sechs Themen befragt – inspiriert vom Sorgenbarometer der Schweiz – und sie gebeten, in kurzen Antworten Massnahmen und Lösungsansätze aufzuzeigen.

Dabei handelt es sich um die Themen Krankenkassenprämien, Klimawandel, Wohnungsnot, Inflation/Kaufkraft, Einwanderung und Mobilität.

In dieser Wahlserie zeigt dir zentralplus in den kommenden Wochen auf, wer wofür einsteht. Jedem Thema wird dabei ein eigener Artikel gewidmet. Los geht es mit den Krankenkassenprämien und den Luzerner Nationalratskandidaten.

Die durchschnittlichen Prämien werden in der Schweiz für das nächste Jahr 8,7 Prozent teurer (zentralplus berichtete). Wir haben die Luzerner Spitzenkandidaten gefragt: «Was ist Ihr Mittel gegen die steigenden Krankenkassenprämien?»

Die Antworten der SVP-Kandidaten

Franz Grüter (60, bisher): «Die Bürgerinnen und Bürger sollten mehr Wahlfreiheit haben. Es kann auch nicht sein, dass jemand in die Schweiz kommt und sofort von den ganzen Gesundheitsleistungen profitieren kann, ohne je einen Franken einbezahlt zu haben. Zudem geht es nicht an, dass Krankenkassen pro Jahr eine halbe Milliarde Franken bezahlen für Vermittler, die Kunden von der Krankenkasse A zur Krankenkasse B bringen.»

Dieter Haller (49, neu): «Die Rahmenbedingungen und Anreize müssen so gesetzt werden, dass sich alle Akteure qualitäts- und kostenbewusst verhalten. Die Auslegeordnung muss ohne Tabus stattfinden. Dazu gehört auch die Schaffung eines beschränkten Grundleistungskatalogs, Einschränkung des Präventionswahns, die Beseitigung von Fehlanreizen, aber auch ein Stoppen der Akademisierung in den Pflegeberufen.»

Vroni Thalmann-Bieri (54, neu): «Die Gesundheitsversorgung für die ganze Bevölkerung ist weiterhin sicherzustellen. Die Krankenkassenprämien sind zu senken. Aber nicht durch den Ausbau der staatlichen Prämienverbilligung, sondern durch die konsequente Abschaffung falscher Anreize auf allen Ebenen des Gesundheitswesens.»

Mittlerweile sind die Luzerner Listen für die Neuwahl des Nationalrats in den Haushalten eingetroffen. (Bild: mst)

Die Antworten der SP-Kandidaten

Pia Engler (50, neu): «Dass die Prämienverbilligung mit den Prämien mithält und diese bezahlbar bleiben. Die Erwartungen und Bedürfnisse an die Gesundheitsversorgung steigen. Wollen wir diesen Service public, müssen wir ihn auch bezahlen.»

David Roth (38, neu): «Die unfaire Finanzierung der Gesundheitskosten belastet die Normalverdienenden. Es braucht mehr Prämienverbilligung oder noch besser endlich eine Abkehr von Kopfprämien, die keine Rücksicht auf Einkommenshöhe nehmen. Ein wichtiger Grund für das überteuerte Gesundheitssystem ist, dass zahlreiche bürgerliche Mitglieder des Bundesparlaments lukrative Mandate bei der Pharma, bei Versicherungen und anderen Verbänden haben – diese Korruption müssen wir beenden.»

Die Antworten der Mitte-Kandidaten

Leo Müller (65, bisher): «Die dauernden Prämienerhöhungen sind die Folge der Kostenerhöhung, deshalb ist bei der Kostensteigerung anzusetzen. Die Kostenbremse-Initiative der Mitte ist das richtige Instrument. Es sind Mehrfachuntersuchungen sowie Überbehandlungen und Mehrfachbehandlungen zu eliminieren, Generika- statt Originalmedikamente einzusetzen – und so weiter.»

Priska Wismer-Felder (52, bisher): «Konkrete, kostendämpfende Massnahmen sind zum Beispiel: Die Einführung des digitalen Patientendossiers, welches unnötige Behandlungen und Analysen verhindert. Reduktion der Medikamentenpreise, welche gegenüber dem Ausland ein Mehrfaches kosten. Verhindern von unnötigen chirurgischen Eingriffen durch Eliminieren der heute existierenden Fehlanreize im Abrechnungssystem.»

Die steigenden Krankenkassenprämien geben in der Schweiz jedes Jahr zu reden – auch dieser Tage ist das Thema brandaktuell. (Bild: Annie Spratt/Unsplash)

Adrian Nussbaum (45, neu): «Es braucht Ursachenbekämpfung statt Symptombekämpfung. Wir müssen Fehlanreize beseitigen und die verschiedenen Player im Gesundheitssystem stärker in die Pflicht nehmen. Es braucht zwingend eine Kostenbremse, wie sie unsere Partei seit Jahren fordert (Kostenbrems-Initiative).»

Karin Stadelmann (38, neu): «Wir müssen bei den Kosten ansetzen, damit wir die Prämienzahlenden entlasten. Indem wir endlich mehr in die Ausbildung von Hausärztinnen und Hausärzten investieren, stärken wir die Grundversorgung auf dem Land und in der Stadt – dadurch verhindern wir unnötige und teure Besuche auf den Notfallabteilungen. Die sichere Digitalisierung und die Umsetzung des Patientendossiers würden uns zudem weitere Kosten ersparen.»

Die Antworten der Grünen-Kandidaten

Michael Töngi (56, bisher): «Kurzfristig brauchen wir mehr Mittel für die Prämienverbilligung, viele Kantone knausern hier und setzen fast nur noch die Bundesgelder ein. Mittelfristig müssen wir vom System der Kopfprämien wegkommen und die Krankenkassen über einkommensabhängige Prämien finanzieren. Weiter müssen wir Fehlanreize beseitigen, die in unserem System entstehen, weil man fälschlicherweise davon ausgeht, es gäbe einen ‹Gesundheitsmarkt›.»

Laura Spring (39, neu): «Um das Krankenversicherungssystem gerechter und solidarischer zu gestalten, müssen die unsozialen Kopfprämien durch einkommensabhängige Krankenkassenprämien abgelöst werden. Es braucht eine Senkung von überhöhten Preisen für Arzneimittel. Die Bekämpfung der Klimaerhitzung und der Umweltzerstörung vermeidet massiv steigende Gesundheitskosten.»

Die Antworten der GLP-Kandidaten

Roland Fischer (58, bisher): «Die Prämienverbilligungen müssen erhöht werden, sodass die Gesundheitsausgaben für alle Haushalte auf ein tragbares Niveau reduziert werden können. Das System der Kopfprämien sollte generell überdacht werden, da tiefe Einkommen stärker belastet werden als hohe Einkommen. Auf der Angebotsseite geht es darum, das Gesundheitssystem effizienter zu machen, z. B. durch die konsequente, flächendeckende Digitalisierung (elektronisches Patientendossier) und den Abbau von Überkapazitäten im Spitalwesen.»

Claudia Huser (42, neu): «Wir müssen die Gesundheitskosten in den Griff bekommen. Der wirkungsvollste Hebel liegt in einer Spitalplanung, die über Kantonsgrenzen hinausgeht und regional organisiert ist. Wir haben zu viele Spitäler in der Schweiz.»

Die Antworten der FDP-Kandidaten

Peter Schilliger (64, bisher): «Die FDP hat in der Sommersession 2023 das Modell einer Budgetkrankenkasse aufs Parkett gebracht. Diese beinhaltet weniger Leistungen und wird deshalb günstiger sein. Ebenfalls eine Option wäre eine Reduktion des Leistungskatalogs, wie etwa eine Generikapflicht oder der Verzicht auf Komplementärmedizin.»

Jacqueline Theiler (42, neu): «Konsequente Umsetzung von ‹Ambulant vor Stationär› und zugleich die rasche Anpassung des Tarifs, der teils auf alten, noch teuren Dienstleistungen der ambulanten Behandlungen beruht. Die Einführung einer freiwilligen Budgetversicherung (Grundleistungen werden weiterhin erbracht, aber zu weniger luxuriösen Bedingungen als die derzeitig obligatorische Versicherung) sowie die Digitalisierung sind voranzutreiben (zum Beispiel elektronisches Patientendossier).»

So sind wir vorgegangen

Der Kanton Luzern hat neun Nationalratssitze zu vergeben. Derzeit hat die Mitte drei davon inne, die SVP zwei und die Grünen, GLP, FDP und SP je einen. Da wir aus praktischen Gründen nicht die Antworten sämtlicher Kandidaten – es sind wie erwähnt 387 Personen – abbilden können, haben wir uns entschieden, uns auf die Spitzenkandidaten zu fokussieren. Dabei haben wir folgendes Prinzip angewandt: Anzahl derzeitige Sitze pro Partei plus eins. So sind wir beispielsweise bei der Mitte von ihren derzeit drei Vertretern ausgegangen, plus ein weiterer Kandidat. Bei der SVP von ihren zwei Sitzen, plus eine Kandidatin und so weiter.

zentralplus hat 15 Personen einen Fragenkatalog zugestellt. Die bisherigen Nationalräte waren dabei gesetzt, hinzu kamen die Kandidaten, die unserer Meinung nach die besten Chancen haben, gewählt zu werden. Sei es aufgrund ihrer Prominenz oder ihrer Wahlergebnisse in früheren Nationalrats- oder Kantonsratswahlen.

Bei der Wiedergabe der Antworten haben die Bisherigen Vorrang, danach kommen die neuen Kandidaten, alle alphabetisch sortiert. Die Angefragten wurden gebeten, sich auf drei Sätze pro Antwort zu beschränken. Wo dies überschritten wurde, haben wir die Antwort gekürzt.

Verwendete Quellen
  • Informationen des Bundesamts für Statistik
  • Schriftlicher Austausch mit den Kandidaten
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