Zuger Richterin gibt Anlass zu Reform

Nach Justizpanne will Verwaltungsgericht die Regeln ändern

Nach der Justizpanne will das Zuger Verwaltungsgericht neue Regeln festschreiben. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Trotz Umzug nach Zürich hat eine Zuger Verwaltungsrichterin weiterhin Urteile gefällt. Mit einer Gesetzesänderung will das Gericht solche Fälle künftig verhindern. Doch Parat-Präsident Stefan Thöni sieht darin neue Probleme.

Ein Umzug wirft auch mehr als zwei Jahre später noch Wellen. Als die Zuger Verwaltungsrichterin Ines Stocker im September 2021 ennet die Grenze nach Zürich zog, löste sie ein Justizproblem aus. Denn: Im Kanton Zug können nur Personen Richter werden, die auch im Kanton gesetzlich niedergelassen sind. Der Wohnort ist eine Voraussetzung für die Wählbarkeit. Trotzdem wirkte Stocker noch an 36 Gerichtsfällen mit.

Nachdem Parat-Präsident Stefan Thöni diesen möglichen Fehler aufgedeckt hatte, musste das Zuger Verwaltungsgericht über die Bücher (zentralplus berichtete). In zwei der Gerichtsfälle verlangten Betroffene eine Revision, was den Kanton 2000 Franken kostete. Zudem liess die Justizprüfungskommission ein rechtliches Gutachten in Auftrag geben. Gutachter Paul Richli kommt darin zum Schluss: Im Kanton Zug ist nirgends explizit festgelegt, dass der Wohnsitz während der ganzen Amtsdauer einer Richterin aufrechterhalten werden muss und das Amt ohne Rücktrittserklärung durch einen Wohnsitzwechsel endet (zentralplus berichtete).

Verwaltungsgericht will Zuger Wohnsitz festschreiben

Das möchte das Verwaltungsgericht nun ändern, wie ein kürzlich veröffentlichter Bericht und Antrag zeigen. Verwaltungsgericht, Obergericht und Regierungsrat sind der Meinung, dass das Zuger Stimmrecht – und damit auch ein Zuger Wohnsitz – nicht nur Voraussetzung für die Wahl, sondern auch für die Ausübung eines Amts ist.

«Dies muss insbesondere für die Mitglieder des Verwaltungsgerichts gelten, die bei ihren Entscheiden in besonderem Masse mit kantonalem Recht und mit den örtlichen Verhältnissen des Kantons vertraut sein müssen.» Zudem seien die Verwaltungsrichter eng mit den Zugerinnen verbunden, was beispielsweise auch durch deren Wahl durch die Bevölkerung untermauert werde.

Das Gericht möchte deshalb einen neuen Paragrafen im Verwaltungsrechtspflegegesetz einführen: Verliert eine Verwaltungsrichterin das Zuger Stimmrecht, erlischt auch ihr Amt. Zudem muss sie den Verlust ihres Stimmrechts – beispielsweise durch einen Umzug – «umgehend» dem Verwaltungsgericht und der Staatskanzlei melden. Weiter darf sie ab dem Zeitpunkt des Verlusts des Stimmrechts keine Amtshandlungen mehr vollführen. Davon verspricht sich das Verwaltungsgericht Rechtssicherheit, sollte sich ein Fall wie die Causa Ines Stocker wiederholen.

Was bedeutet das Gesetz für andere Ämter?

Nach Meinung des Steinhauser Politikers Stefan Thöni, der auch selbst mehrfach erfolglos als Verwaltungsrichter kandidiert hat, hätte die Wohnsitzpflicht auch vorher bereits bestanden: «Für mich lag es immer in der Natur des kantonalen Wahlrechts, dass der Wohnsitz der vom Volk gewählten Gerichtspersonen wie derjenige der Mitglieder von Regierungsrat und Kantonsrat während der ganzen Amtszeit im Kanton bleiben musste», wie er auf Anfrage schreibt.

Den geplanten neuen Paragrafen im Gesetz sieht er indes skeptisch. Denn: Schreibt Zug die Wohnsitzpflicht spezifisch für Verwaltungsrichter fest, müsste diese im Umkehrschluss auch für alle anderen vom Volk gewählten Ämter festgeschrieben werden. «Sonst kommt am Ende noch ein Mitglied des Kantonsrats, eines Gemeinderats oder eines anderen Gerichts auf die Idee, aus dem Kanton wegziehen und das Amt behalten zu können», wendet Thöni ein.

Michael Siegrist, stellvertretender Generalsekretär der Zuger Sicherheitsdirektion, schreibt dazu auf Anfrage: «Die Wohnsitzpflicht gilt bereits nach geltendem Recht für alle vom Volk gewählten Ämter, auch wenn dies bislang nicht ausdrücklich gesetzlich festgehalten wurde.» Nach Auffassung des Kantons bestünde bei anderen Ämtern also keine Rechtsunsicherheit, auch wenn die Pflicht dort nicht festgehalten ist. Die Causa Ines Stocker habe jedoch Veranlassung gegeben, die Wohnsitzpflicht «im Sinne einer Klarstellung» ausdrücklich festzuhalten. Gleiches beantragt auch das Obergericht für Mitglieder und Ersatzmitglieder der Gerichte der Zivil- und Strafjustiz.

Hinweis: Der Artikel ist um eine Antwort des stellvertretenden Generalsekretärs der Zuger Sicherheitsdirektion ergänzt worden.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von An Lü
    An Lü, 07.12.2023, 14:28 Uhr

    Würde es nicht mehr Sinn machen, die Wohnsitzpflicht gänzlich aufzuheben und die jeweils für ein Amt am besten qualifizierte Person zu wählen?

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