Darf Zwischennutzung bleiben?

Stadt Luzern spielt beim Alten Stellwerk auf Zeit

Das ehemalige Stellwerk an der Horwerstrasse. (Bild: naf)

Der Verein Räzel darf das alte Stellwerk am Freigleis seit fünf Jahren zwischennutzen. Für die Betreiber ist das erst der Anfang, doch die Stadt bremst.

Dieser Ort wurde erkämpft. Im Frühling 2018 besetzte die Gruppe Pulpa die Remise auf Musegg 1 einen Monat lang. Erst als die Stadt Luzern den Besetzern eine Alternative zusicherte, zogen sie ab. Dafür erhielten sie das ehemalige Stellwerk der Zentralbahn an der Horwerstrasse 14.

In dem orangen Gebäude direkt am Freigleis wirkt seither der Verein Räzel mit einer Zwischennutzung. Er bezeichnet das Haus als «Begegnungsort ohne kommerziellen Hintergrund». Hauptsächlich fänden in den Räumen Deutschkurse statt und Essensausgaben für Bedürftige gemeinsam mit der Schweizertafel.

Verein muss Bewilligungen stetig erneuern

Trotz der gemeinnützigen Arbeit des Vereins ist sein Bleiben ein stetiges Ringen. Der Verein muss sich von Bewilligung zu Bewilligung hangeln. Langfristige Planung? Fehlanzeige.

In seinem aktuellen Baugesuch für das Gebäude und die Umgebung schreibt Savino Caruso, Präsident des Vereins, deshalb: «Wir bitten darum, die befristete Baubewilligung dieses Mal für mehr als 2 Jahre zu erteilen, so können unnötige Kosten und Arbeit gespart werden.»

Räzel / Altes Stellwerk
Die Zwischennutzung gibt es seit 2019. (Bild: naf)

Seine Bitte ist nicht neu. Ursprünglich erlaubten es die Behörden dem Verein, das alte Stellwerk für ein Jahr zu nutzen. Es folgte eine Verlängerung um drei Jahre, woraufhin der Verein im Jahr 2022 seinen Wunsch ausdrückte, das Stellwerk für weitere zehn Jahre zu nutzen (zentralplus berichtete).

Die Stadt lehnte ab und bewilligte zwei weitere Jahre. Diese Bewilligung läuft nun ab, weshalb der Verein erneut aktiv wird. Nun bitten Caruso und sein Team zum vierten Mal um ein befristetes Baugesuch. Ihre Ansprüche an eine Verlängerung haben sie eingestampft: Nicht mehr zehn weitere Jahre wünschen sie, sondern wenigstens «mehr als zwei».

Stadtrat wollte Status des alten Stellwerks ändern

In seinem neuesten Gesuch schreibt der Verein, die Zwischennutzung werde von der Quartier- und Stadtbevölkerung sehr geschätzt. Die «künftige und längerfristige Nutzung» der städtischen Liegenschaft an guter Lage sei ausserdem noch nicht geklärt. Was ein guter Grund ist, dem Verein weitere Jahre zu gewähren.

Doch, ginge es nach dem Stadtrat, hätte sich bereits etwas getan. Im Jahr 2019 wollte er den Ort vom Verwaltungsvermögen ins Finanzvermögen transferieren. In diesem Topf sind Liegenschaften, mit denen die Stadt eine Rendite erzielen will. Im Verwaltungsvermögen dagegen liegen die Schulen und andere Einrichtungen für öffentliche Zwecke.

SP, Grüne und GLP verhinderten im Stadtparlament den Transfer und kritisierten, dass die Stadt keine langfristige Strategie für das alte Stellwerk habe. Bis diese Frage nicht beantwortet sei, solle die Stadt auch den Status der Liegenschaft nicht ändern, hiess es.

Keine Stellungnahmen von Verein und Stadt

Seither hat sich wenig getan. Auf Anfrage von zentralplus antwortet Stadtbaumeister Marko Virant knapp: «Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir weder interne Entscheidungsvorgängen noch Vertragsverhandlungen in den Medien vorgreifen.» Auch Savino Caruso, Präsident des Vereins Räzel, liess sich nicht für eine Stellungnahme erreichen.

Räzel / Altes Stellwerk
Wie es mit dem Räzel weitergeht, ist unklar. (Bild: naf)

Im Baugesuch betont er lediglich, dass auch der Aussenraum ein wichtiger Teil des Projekts geworden sei. Die Grünflächen wurden mit Stauden und Sträuchern bepflanzt. Im Innenraum hätte der Verein im Sommer 2022 zudem die alten Elektroradiatoren durch einen Pelletofen ersetzt, um den grossen Raum im Winter ökologischer beheizen zu können.

Es gelten strikte Vorgaben der Stadt

Denn die Stadt hat im Jahr 2019 klare Regeln für die Zwischennutzung definiert. Der Verein muss Betriebs- und Nebenkosten selber zahlen, dafür aber keinen Mietzins. Er darf auf dem Gelände keine kommerziellen Veranstaltungen organisieren und muss die Nachtruhe im Wohngebiet einhalten. Aus Sicherheitsgründen dürfen sich zudem nur maximal 20 Personen im Gebäude aufhalten.

In den kommenden Monaten wird es sich entscheiden, ob der Verein Räzel am alten Stellwerk weiterwirken darf. Und, falls ja, wie lange. Entweder ändert die Stadt ihre Strategie und gibt den Ort zum Beispiel für fünf Jahre frei. Oder die Behörden spielen weiter auf Zeit – Bewilligung um Bewilligung – bis klar ist, was aus dem Ort einmal werden soll.

Verwendete Quellen
  • Baugesuch bei der Stadt Luzern
  • zentralplus Medienarchiv
  • Website des Vereins Räzel
  • Schriftlicher Austausch mit Marko Virant, Stadt Luzern
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