Warum produziert der Kanton weiter?

Das gedruckte Zuger Amtsblatt versauert auf den Ämtern

Links das neue Amtsblatt des Kantons, rechts das alte Amtsblatt der Speck Medien AG. (Bild: kok)

Rund drei Monate nach der Umstellung auf ein elektronisches Amtsblatt bleiben die wenigen gedruckten Auflagen bei den Ämtern liegen. Der Kanton nimmt erneut Justierungen vor, nur beim «Marktblatt» bleibt er resolut.

Die Einführung des elektronischen Amtsblatts in Zug spaltet noch immer die Geister. Für die einen ist es die überfällige Digitalisierung eines Relikts der alten Zeit. Für die anderen ist es ein Bruch mit jahrzehntealten Gewohnheiten und Traditionen. Und der Kanton? Der gewöhnt sich noch an seine Rolle als Verleger.

Anfang Jahr stellte Zug das Abonnement für die gedruckte Ausgabe des Blatts ein. Seitdem erscheint das circa 80-seitige Dokument mit amtlichen Informationen am Donnerstag in digitaler Form. Eine gedruckte Auflage von rund 1’000 Exemplaren lag zudem ab Freitag bei den Einwohnergemeinden, der Staatskanzlei und dem Staatsarchiv aus.

Auflage des Amtsblatts wird reduziert

Doch schon nach zwölf Wochen teilt die Regierung mit, dass sie die Auflage künftig auf 500 Exemplare halbiere. «Aufgrund einer Erhebung der Staatskanzlei vom 24. Februar 2023 ergab sich, dass zahlreiche Exemplare trotz Medienarbeit der Staatskanzlei keinen Absatz fanden», schreibt die Regierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Kantonsrätin Esther Monney (SVP).

«Aus persönlichen Gesprächen weiss ich, dass sowohl der wöchentliche Gang auf die Gemeinde als auch die Gestaltung des gedruckten Amtsblatts als nicht besonders attraktiv empfunden werden.»

Esther Monney, Kantonsrätin SVP

Monney hatte sich erkundigt, wie viele Exemplare erscheinen und was die Regierung für die Herausgabe des Amtsblatts neuerdings zahle (zentralplus berichtete). Die Regierung erklärt: Für Druck und Zustellung der gedruckten Exemplare erwartet der Kanton für das Jahr 2023 Kosten von 172’000 Franken.

Rund 14’300 Franken pro Monat für eine gedruckte Version, die auf den Ämtern liegen bleibt – ist das sinnvoll? Die geringe Nachfrage ist für Esther Monney ganz klar ein Indiz dafür, dass die gedruckte Version der Regierung keinen Anklang in der Bevölkerung findet. «Aus persönlichen Gesprächen weiss ich, dass sowohl der wöchentliche Gang auf die Gemeinde als auch die Gestaltung des gedruckten Amtsblatts als nicht besonders attraktiv empfunden werden», erklärt sie auf Anfrage.

Die Kritik an der Gestaltung ist nicht neu. Bereits im Januar reagierte der Kanton und liess das gedruckte Exemplar statt in A3 in A4 drucken – zur Verbesserung der Lesbarkeit (zentralplus berichtete).

Zug betont die Vorteile des digitalen Amtsblatts

Ob die Nachfrage nach der gedruckten Version sinkt, weil sie nicht ansprechend ist oder weil die elektronische Version zu überzeugen weiss, ist schwer zu beurteilen. Trotzdem muss Zug weiter ein gedrucktes Amtsblatt herausgeben, erklärt der Landschreiber Tobias Moser auf Anfrage. «Wir haben einen gesetzlichen Auftrag, dass wir ein gedrucktes Exemplar veröffentlichen.»

«Ein Teil der ehemaligen Abonnenten vermissen offensichtlich den nicht amtlichen Teil.»

Tobias Moser, Landschreiber Zug

Für ihn überwiegen jedoch klar die Vorteile der digitalen Version. «Wir arbeiten seitdem mit Beilagen und Anhängen. Die lassen sich in der gedruckten Version wunderbar anfügen und sehen auch in der digitalen sehr gut aus», so Moser. Zudem sei die elektronische Version kostenlos. Trotzdem beobachtet auch er, dass einigen Zugerinnen etwas zu fehlen scheint. «Ein Teil der ehemaligen Abonnenten vermissen offensichtlich den nicht amtlichen Teil.»

Bisher war das Marktblatt hinten an das Amtsblatt angeheftet. Nun erscheint es eigenständig.
Traditionell war das «Marktblatt» hinten an das Amtsblatt angeheftet. (Bild: kok)

Gehört das «Marktblatt» zum Amtsblatt?

Denn das alte Amtsblatt des Verlegers Speck Medien AG erschien als Kombination aus einem amtlichen Teil mit Verlautbarungen und einem nicht amtlichen «Marktblatt» mit Inseraten von Privaten. Der Kanton verdiente über Jahre an den Inserateinnahmen mit. Doch als diese sanken, kündigte er den Konzessionsvertrag im Jahr 2019 und übernahm per Jahresbeginn 2023 die Herausgabe des Amtsblatts. Für den Druck ist seither eine beauftragte Druckerei zuständig.

Esther Monney bedauert, dass der Kanton Amtsblatt und «Marktblatt» getrennt hat. «Aus dem Bericht der vorberatenden Kommission und der Debatte im Kantonsrat ging klar hervor, dass eine Mehrheit ein gedrucktes Amtsblatt mit «Marktblatt» wünscht, wenn sich ein Anbieter finden lässt.» Doch der Kanton lehnte das ab.

«Den nicht amtlichen Teil können Private schneller, besser und günstiger zur Verfügung stellen.»

Tobias Moser

Einen nicht amtlichen Teil herauszugeben, stellt für die Regierung keine Staatsaufgabe dar. Beim Amtsblatt sei es schlüssig, dass der Staat die Kosten trägt, doch beim «Marktblatt» soll der Staat keine Privaten konkurrenzieren, schreibt die Regierung in ihrer Antwort auf Monneys Anfrage. Der Landschreiber Tobias Moser präzisiert: «Den nicht amtlichen Teil können Private schneller, besser und günstiger zur Verfügung stellen.»

Tatsächlich produziert die Speck Medien AG seit einigen Monaten das «Marktblatt» als eigene Ausgabe. Es erscheint digital und in gedruckter Form in rund 18’000 Zuger Briefkästen. Bedeutet: Sowohl «Marktblatt» als auch Amtsblatt existieren weiter in gedruckten Versionen, nur nicht gemeinsam. Wie lange es wohl dauert, bis sich alle daran gewöhnt haben?

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Tobias Moser, Landschreiber Kanton Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Esther Monney-Rogenmoser, Kantonsrätin SVP
  • B&A der Zuger Regierung
  • Website des Amtsblatts
  • Website des «Marktblatts»
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3 Kommentare
  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 27.05.2023, 18:43 Uhr

    Geh einfach zurück zum alten Internetauftritt und verschrottet denn untauglichen neuen Auftritt, der nur peinlich ist

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  • Profilfoto von Black Pearl
    Black Pearl, 24.05.2023, 10:51 Uhr

    Das Amtsblatt hatte in Zug halt wirklich Tradition und es war eine Zuger Eigenheit mit der Kombination der Amtsmitteilungen und den Marktanzeigen, Stellenausschreibungen, Wohnungsmarkt, Kinozeiten etc. Es ist sehr schade, dass man damit gebrochen hat. Viele Zugerinnen und Zuger, vor allem solche, welche im Alltag auch Nicht-Digitales schätzen, vermissen das Amtsblatt in der alten Form.

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  • Profilfoto von kritischer_Zuger
    kritischer_Zuger, 24.05.2023, 09:23 Uhr

    Ist das ein Wunder? 🙄🤐
    Vermisst wird u.a. der Teil, in welchem private und /oder Kleingewerbliche Anzeigen geschaltet wurden (Angebote/Gesuche).
    So konnte man recht schnell einmal einen Helfer finden, welcher z.B. Älteren den Keller ausmistet, im Garten hilft etc.
    Nach dieser Trennung ist der ‹Kleinanzeigen Markt› in Zug = tot 👆👎👎

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