Das digitale Amtsblatt bleibt umstritten

Kritik am Zuger Amtsblatt: Jetzt reagiert der Kanton

Links das neue Amtsblatt des Kantons, rechts das alte Amtsblatt der Speck Medien AG. (Bild: kok)

Drei Ausgaben des neuen Zuger Amtsblatts sind bisher erschienen. Doch der Wechsel zum digitalen Blatt bleibt umstritten. Sieht sich der Kanton zum Eingreifen gezwungen? Es scheint so, denn es folgen erste Justierungen.

Nichts ist mehr, wie es einmal war. Jahrzehntelang haben Zuger Haushalte das Amtsblatt mit Informationen über amtliche Angelegenheiten jeweils freitags per Post nach Hause bekommen. Doch seit Jahresanfang erscheint das circa 80-seitige Dokument digital und ein Abonnement ist nicht mehr möglich.

Dass das Amtsblatt weiterhin bei einigen Ämtern gedruckt ausliegt, kann die Gegner der digitalen Version nicht trösten. Sie verlangen das alte Blatt zurück, welches seit 2002 von der Firma Speck Medien AG aus Zug herausgegeben wurde.

Drei Wochen nach der Umstellung reagiert der Kanton erstmalig auf die Kritik. Der Kanton wolle die Lesbarkeit der gedruckten Ausgabe verbessern, schreibt die Staatskanzlei in einer Medienmitteilung. Aufgrund von Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Die Kritik an der digitalen Version bleibt unerwähnt.

Kritik am elektronischen Amtsblatt

Ein prominenter Verfechter des alten Amtsblatts ist Nationalrat Thomas Aeschi. Als der Kanton das Publikationsgesetz 2019 anpasste, beantragte er in seiner Funktion als Präsident der SVP Zug, das Zuger Amtsblatt «zwingend in gedruckter Form herauszugeben». Mitunterzeichnet wurde der Antrag von Kantonsrat Thomas Werner, damaliger Vize-Präsident der Partei.

Doch ihr Antrag fand kein Gehör. Die digitale Ausgabe ist seit Anfang Jahr die «massgebende» Version, schreibt die Regierung in ihrem Bericht. Kurz vor Weihnachten bezog Aeschi in einem Leserbrief der «Zuger Zeitung» erneut Stellung.

Er argumentiert, das neue Amtsblatt sei stark verbesserungswürdig und unübersichtlich. Zudem sei das private Ausdrucken des 80-seitigen Dokuments sehr umständlich. Ebenso wie das Abholen der gedruckten Exemplare bei den Ämtern.

Finanzielle Entlastung für Zuger

Der Kanton sieht die Sache anders. Das neue System sei gegenüber dem frü­heren Standard für Zuger sogar günstiger, argumentiert Landschreiber Thomas Moser auf Anfrage.

«Diese Gratis-Exemplare kann man nicht nur einsehen, sondern man kann sie mitnehmen.»

Tobias Moser, Landschreiber Kanton Zug

Denn das gedruckte Exemplar bei den Gemeinden, dem Staatsarchiv und der Staatskanzlei liege jetzt gratis aus. «Diese Gratis-Exemplare kann man nicht nur einsehen, sondern man kann sie mitnehmen», schreibt Moser. Bisher mussten Zuger zwei Franken pro Ausgabe berappen.

Der Wunsch vieler Bürger nach einem gedruckten Exemplar per Post bleibt allerdings unerfüllt. Das Publikationsgesetz sehe nicht mehr vor, das gedruckte Amtsblatt mittels Abonnements zur Verfügung zu stellen, erklärt er. Er verweist auf das elektronische Alternativ-Angebot: ein Gratis-Abo per E-Mail.

Kanton ändert das Format

Doch jeder Wechsel braucht seine Zeit. Noch scheint der Kanton mit der neuen Ausgabe selbst nicht zufrieden zu sein. Am Montagmorgen gab die Staatskanzlei bekannt, dass das Format des gedruckten Exemplars geändert werde. Zukünftig liegt das gedruckte Blatt nicht in A3, sondern in A4 bei den Ämtern aus.

Tatsächlich fällt auf, dass die Seiten des neuen Amtsblatts enger bedruckt sind als die des alten. Die «Unübersichtlichkeit», die Thomas Aeschi kritisiert, will der Kanton nun scheinbar lösen. Mit einem grösseren Exemplar und besserer Lesbarkeit.

Doch warum muss sich die Regierung eigentlich entscheiden, das Amtsblatt künftig selbst herauszugeben?

Die neue Ausgabe (oben) fällt auf durch enger beschriebene Seiten als die alte Ausgabe (unten).
Die neue Ausgabe (oben) fällt auf durch enger beschriebene Seiten als jene der alte Ausgabe (unten). (Bild: kok)

Millionenumsätze durch Inserate

Vor über 20 Jahren übertrug der Kanton der Speck Medien AG im Rahmen des Publikationsgesetzes die Herausgabe des Amtsblatts. Ihr wurde erlaubt, neben dem amtlichen Teil einen nicht amtlichen Teil, das Zuger Marktblatt, zu veröffentlichen. Im Rahmen eines Konzessionsvertrags.

Im Marktblatt durften Zugerinnen Inserate schalten. Für verhältnismässig geringe Preise konnten Unternehmen ihr Anliegen im ganzen Kanton bewerben. Und auch der Kanton verdiente mit. Denn das Unternehmen musste ein Fünftel der Einnahmen aus privaten Inseraten an den Kanton zahlen.

Durch die Einnahmen verdiente die Firma Millionen. Lange Zeit war unklar, wie viel genau. Doch 2021 zog die Speck Medien AG vor Gericht und forderte vergeblich die Reduktion der Abgaben. Im Urteil des Zuger Verwaltungsgerichts fallen erstmalig genaue Zahlen: Allein im Jahr 2002 machte die Firma einen Umsatz von 6 Millionen Franken durch Inserate.

Die Umsätze nehmen ab

Im Laufe der Jahre gingen die Umsätze aus den Inseraten laufend zurück. Aufgrund der Digitalisierung war es für Unternehmen zunehmend unattraktiv, in einem gedruckten Medium Werbung zu betreiben. So betrug der Umsatz – laut Urteil – im Jahr 2020 nur noch knapp über eine Million Franken.

Da auch die Einnahmen für den Kanton abnahmen, zog der Regierungsrat Konsequenzen. Er kündigte den Konzessionsvertrag 2019 auf drei Jahre. Seit Ende 2022 darf die Speck Medien AG das Blatt nicht mehr herausgeben.

Das Marktblatt entsteht

Jetzt veröffentlicht der Kanton das elektronische Amtsblatt selber. Die Speck Medien AG wurde derweil gezwungen, ihr Geschäft zu ändern. Seit einiger Zeit veröffentlicht die Firma mit Sitz in Zug das Marktblatt als eigenes Blatt. Digital und gedruckt.

Doch an die Reichweite der alten Ausgabe kann das Marktblatt noch nicht anknüpfen. Laut eigenen Angaben wird das Blatt mittels Streuliste der Post im Kanton verteilt. Das bedeutet: Das Marktblatt landet nur in Briefkästen ohne «Keine Werbung bitte»-Aufkleber. Derzeit erscheint das Marktblatt in 17`900 Haushalten im Kanton Zug, schreibt Oguz Öztürk, Mitglied der Geschäftsleitung, auf Anfrage.

Bisher war das Marktblatt hinten an das Amtsblatt angeheftet. Nun erscheint es eigenständig.
Bisher war das Marktblatt hinten an das Amtsblatt angeheftet. Nun erscheint es eigenständig. (Bild: kok)

Die Bedeutung eines Amtsblatts

Das Thema Amtsblatt ist mehr als ein lokales Steckenpferd. Amtsblätter waren vor der Verbreitung der Medien die einzige Informationsquelle über amtliche Angelegenheiten. Sie lagen unter anderem in Beizen aus und informierten die Wahlberechtigten, was die Gewählten vorhaben.

Die Umstellung auf digitale Varianten spaltet daher vielerorts die Gemüter. Auch im Kanton Nidwalden ist die Diskussion um die Digitalisierung des Amtsblatts ausgebrochen. Die Partei Mitte betonte unlängst: Die Bevölkerung, die eine Papierversion bevorzugt, darf nicht abgehängt werden.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Andy Svensson
    Andy Svensson, 06.08.2023, 17:21 Uhr

    Digitalisierung in allen Ehren, aber das Amtsblatt sollte man mindestens via einer Website dann zugänglich haben und alles leicht und leserlich innert Sekunden auffindbar sein. Der reiche Kanton Zug kann sich ein amtliches Publikationsorgan nicht leisten? Steuergelder kürzen bei denen die es nicht brauchen und die Mieten hochtreiben, das ist kein Problem? Ich denke sie wollen eher Konkurse und Firmeninformationen durch Intransparenz schützen. Diejenigen die diese Abschaffung entschieden haben sollte man Pronto abwählen. Wenn die Publikation nicht per Post verschickt wird, sollte es aber auch bei den Bahnhöfen und Shopping Center aufliegen.

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  • Profilfoto von mebinger
    mebinger, 17.02.2023, 12:44 Uhr

    Selten so was unbrauchbares, und wirres gesehen, wie die Onelineausgabe des Amtsblattes

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  • Profilfoto von Kevin Klak
    Kevin Klak, 27.01.2023, 13:12 Uhr

    «Zudem sei das private Ausdrucken des 80-seitigen Dokuments sehr umständlich.» Immer wieder amüsant was Herr Aeschi so für Argumente hat…

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