Roher Fisch – so weit das Auge reicht

Darum ist Zug die Sushi-Hochburg der Zentralschweiz

Peter Gyurian (links) mit seinem Geschäftspartner Josef «Dodo» Krajcovic. (Bild: cbu)

Roher Fisch ist in der Stadt Zug heiss begehrt. Ein neues Sushi-Restaurant reiht sich in die bereits etablierte Szene ein. Ein Sushi-Profi lässt hinter das Trendgericht blicken.

Wer in der Stadt Zug Lust auf Sushi hat, muss gefühlt nur einmal umfallen und stösst sich dabei schon den Kopf an einer Sushi-Theke. Acht verschiedene Lokale buhlen im und ums Stadtzentrum herum um den Hunger der Kundschaft. Nebst Ketten wie «Negishi», «Yooji’s» und «Miss Miu» sind auch kleinere Einzelbetriebe vertreten.

Der Jüngste von ihnen ist «Take Sushi» an der Bahnhofsstrasse. Wo «Lush» bis vergangenen November noch duftende Badekugeln, Seifen und Shampoos verkaufte – und das jetzt im Metalli tut –, serviert Peter Gyurian (45) mit seinem Geschäftspartner Josef «Dodo» Krajcovic seit Mitte März selbst gemachtes Sushi.

Ein Leben für den rohen Fisch

Gyurian ist kein Fremder im Umgang mit dem rohen Fisch. Seit 25 Jahren beschäftigt sich der gebürtige Ungar mit dem japanischen Traditionsgericht. Mitte der 90er-Jahre kam der ausgebildete Koch zum ersten Mal mit Sushi in Berührung – und entdeckte seine Liebe dafür. «Mich faszinierte die Präzision, mit der Sushi hergestellt wird», erzählt Gyurian gegenüber zentralplus. Bis heute habe Sushi nichts von seiner Faszination eingebüsst. «Ich esse es immer noch sehr gerne.»

Gelernt hat er das Handwerk der Sushi-Zubereitung während acht Jahren unter einem japanischen Sushi-Meister. «Im ersten Jahr habe ich nur Reis gewaschen und die Küche geputzt», erinnert er sich. Auf die harte Ausbildung ist der «Gaijin» – Fremder –, wie ihn sein Meister damals genannt hat, bis heute stolz. Später arbeitete er in Sushi-Küchen in Ungarn, Dublin – und schliesslich der Schweiz. Hier stand er 2014 bei der Eröffnung der ersten «Negishi»-Filiale in Zug in der Küche.

Sushi in Hülle und Fülle

Das «Negishi» gilt quasi als Startschuss für die Zuger Sushi-Kultur. Wenige Monate später war mit «Yooji’s» beim Bahnhof Zug bereits die zweite Restaurantkette am Platz (zentralplus berichtete). Weitere folgten. Heute schwimmt Zug mit seinen acht Sushi-Lokalen in der Zentralschweiz oben aus. Die Stadt Luzern beispielsweise hat lediglich fünf Sushi-Restaurants.

Dass es in Zug einen Überfluss an Sushi-Lokalen gibt, glaubt Peter Gyurian indes nicht. «Die verschiedenen Lokale bedienen unterschiedliche Zielgruppen.» So gebe es schnelles Take-away-Sushi für Pendler, günstige Angebote fürs kleine Portemonnaie und Betriebe, die auf japanische Koch- und Esstradition ausgelegt sind – zu denen er sein eigenes Lokal zählt.

Die Zugerinnen und ihr Sushi

Warum gerade Zug in der Zentralschweiz so Sushi-versiert ist, erklärt sich Gyurian mit dem internationalen Profil der Stadt. Weltweit tätige Firmen mit Sitz in Zug, reisende Geschäftsleute, Expats. Vielen sei Sushi ein Begriff, weil das Gericht international immer bekannter und beliebter geworden sei. Zwar habe sein Lokal auch viele Schweizer Stammgäste, Gyurian erlebe die Eidgenossen kulinarisch insgesamt aber etwas zurückhaltender.

Eine Sushi-Platte mit einer Auswahl von verschiedenen Häppchen. (Bild: cbu)

Letztlich sehe er verglichen zu seinen Anfängen vor 25 Jahren keine wesentliche Entwicklung im Gästeverhalten. Nach wie vor gibt es neugierige Naturen, die gerne exotische Speisen ausprobieren, und solche, die beim Anblick von rohem Fisch und kaltem Reis eher die Nase rümpfen.

Der Hype bringt auch Schattenseiten

Da Sushi in der westlichen Welt fix etabliert ist, geht Gyurian nicht mehr zwingend von einem künftigen Wachstumsschub aus, wie er in den vergangenen Jahren stattgefunden hat. Dafür von einer Steigerung der Qualität in den einzelnen Betrieben. Denn die Zutaten seien begrenzt, gerade im Hinblick auf Zuchtfische und dem generellen Problem der weltweiten Überfischung. Selbst Billigware würde irgendwann zu teuer und wohl nicht mehr gekauft werden.

Bei speziellen Fischsorten oder anderen Produkten wie Sake oder japanischem Whiskey gebe es bereits heute begrenzte Kontingente, die für den Export vorgesehen seien, weiss der Gastronom. In Zukunft dürfte sich das verstärken, weil «die Japaner sehr stolz sind auf ihre Gerichte». Kurz gesagt: eher weniger Lokale, diese dafür nachhaltiger.

Für ihn ist klar: «Die Qualität ist das Wichtigste.» Für «Take Sushi» setzt Peter Gyurian auf zertifizierte Zuchtfische vom Lebensmittelgrosshändler Bianchi. Die schockgefrorenen Fische seien teilweise so frisch, dass die Totenstarre erst eintrete, wenn sie bei Gyurian unters Messer kämen. Zubereitet werden sie erst auf Bestellung – anders als in der Systemgastronomie, wo teilweise mit vorbereiteter Ware gearbeitet wird.

Sushi bis zum säuerlichen Ende

Peter Gyurian bereut trotz Siebentagewoche den Schritt in die Selbständigkeit nicht. «Mein eigener Chef zu sein, gibt mir Freiheit und Raum zum Experimentieren.» Sein Fokus liegt dabei nicht auf schneller Abfertigung des oft als «gesunden Fast Food» bezeichneten Sushis, sondern auf einer authentischen Rundumerfahrung. Obwohl der Gastronom selbst noch nicht in Japan war, scheint sein Konzept aufzugehen. Mittlerweile habe er viele Gäste aus dem asiatischen Raum, die regelmässig bei ihm einkehren würden.

Sein bisheriger Erfolg bringt ebenfalls Expansionspläne mit sich. Kommt sein «Take Sushi» an, sind weitere Restaurantableger durchaus denkbar. Gyurian und Geschäftspartner Krajcovic können sich, wie klassische Sushi-Meister aus Japan, durchaus vorstellen, auch die nächsten Jahrzehnte ihres Lebens dem Sushi zu widmen. «Ich bin bereit dafür», sagt Gyurian.

Sushi und die Schweiz

Sushi ist in den Köpfen vieler Leute eine urjapanische Speise. Tatsächlich hat das Gericht seine Wurzeln aber in China und geht auf eine spezielle Konservierungsmethode für Fisch zurück. Das schnell verderbliche Lebensmittel wurde früher mit gekochtem Reis umwickelt, eingelegt und so haltbar gemacht. Kam der Fisch auf den Teller, warf man den Reis allerdings weg – er war durch den Fermentierungsprozess sauer geworden.

Die Fermentierungstechnik breitete sich im asiatischen Raum aus, gelang also auch nach Japan. Sushi in seiner heutigen Form besteht in Japan seit dem 18. Jahrhundert. Der Siegeszug nach Europa und der Schweiz liess noch ein paar Jahrzehnte auf sich warten. Erst um das Jahr 2000 herum fassten Sushi-Bars hierzulande langsam Fuss. In der Zentralschweiz hat vor allem das Unternehmen Kaiten im Verbund mit der Migros ab 2001 die Fischröllchen salonfähig gemacht.

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Peter Gyurian, «Take Sushi»
  • Artikel von SRF
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