Erinnerungen an alte Kneipen

Ach, weisst du noch? Das wurde aus alten Zuger Beizen

Im Hotel Restaurant Central wurde gegessen und geschlafen. Diese Zeiten sind schon länger vorbei. (Bild: Amt für Denkmalpflege und Archäologie Zug)

Alles ist vergänglich. Auch dein Lieblingslokal wird nicht auf ewig bestehen. Darum wirft zentralplus einen Blick zurück auf beliebte Restaurants in der Stadt Zug, die es heute nicht mehr gibt.

Die Gastronomie gehört zu den sichtbar lebendigsten Branchen überhaupt. Dauernd gehen Lokale auf, andere schliessen und verschwinden von der Bildfläche. Das heisst aber nicht, dass sie völlig aus dem Bewusstsein der Leute verschwinden. Viele Zuger denken heute noch wehmütig an Restaurants, die längst der Vergangenheit angehören. Eine kleine – und natürlich nicht vollständige – Zeitreise zu den Bars und Restaurants von vorgestern.

Der «ganz alte» Bären

In wenigen Monaten eröffnet in Zug das erste Tibits-Restaurant (zentralplus berichtete). Damit kommt (vegetarisches) Leben in die Bude, wo zuvor gutbürgerlich gekocht und gegessen wurde. Die Stadt Zug hängt an ihrem «Bären». Kein Wunder, das Gasthaus blickt auf eine Geschichte zurück, die schon bald 130 Jahre auf dem Buckel hat.

Äusserlich hat sich am Haus seither relativ wenig getan, auch im Innern darf nicht nach Lust und Laune rumhantiert werden – das gesamte Gebäude steht unter Denkmalschutz. Einst galt der «Bären» als Verpflegungstätte und Übernachtungsmöglichkeit für Arbeiter der angrenzenden Metallfabrik – des heutigen Einkaufszentrums Metalli (zentralplus berichtete).

«Ich erinnere mich vor allem noch an eines», sagt ein zentralplus-Leser. «An ein Schwein im Innenhof.» Tatsächlich befand sich früher direkt ausserhalb der Küche ein Schweinestall. Die Tiere bekamen jeweils die Küchenabfälle zu fressen. Und sie hatten möglicherweise noch eine zweite Funktion: «Die Schweine waren nach der Metzgete jeweils verschwunden.» Ob sie selbst auf dem Teller landeten? Unklar. Klar ist aber, dass im «Bären» zweimal pro Jahr Metzgete auf der Karte stand, wie einem Artikel der Plattform «Industriegeschichte Zug» zu entnehmen ist.

Ein «Bären»-Urgestein war die Wirtin Elsy Huber. Nach dem Tod der Mutter stand die damals 15-Jährige ab 1953 ihrem Vater im «Bären» zur Seite. In den 1950er-Jahren sei das Lokal vor allem eine Männerbeiz gewesen, Frauen seien erst ab 1960 eingekehrt, erzählte Elsy Huber gegenüber dem Portal «Industriegeschichte Zug». Ab 1972 übernahm sie das Lokal selbst und führte es mit ihrem Mann Walter Huber. Sie blieben dem Lokal mehrere Dekaden lang bis 1998 treu. Dann übernahm erst die Tochter das Lokal, später wurde das Haus an eine Immobilienfirma verkauft. Derzeit ist die historische Fassade wegen der Sanierungsarbeiten eingerüstet.

Hotel Restaurant Central

An der Grabenstrasse 9 haben während rund 120 Jahren Gäste gegessen und genächtigt. Am Nikolaustag 2002 war damit Schluss. Der damalige Hotelier Peter Frey schloss das Lokal und baute den älteren Gebäudeteil neu. Aus den 21 Hotelzimmern wurden sechs Wohnungen. Grund für diesen Wechsel war aber nicht etwa eine mangelnde Rentabilität, sondern das Fehlen einer Nachfolge, wie Hotelier Peter Frey am 18. Juli 2003 gegenüber der «Neuen Luzerner Zeitung» bekannt gab.

Die Geschichte des Hauses geht rund 140 Jahre zurück in die Vergangenheit. Fotografien aus den 1970er-Jahren zeigen das Gebäude noch als einzelnes Haus mit angrenzender Garage. Diese wich später einem zweiten Gebäudeteil.

Wer heute an der Grabenstrasse 9 vorbeigeht, kann die einstige Geschichte des historischen Baus noch erahnen. Über dem Haupteingang des neueren Hausteils prangt ein Vordach, auf dem in edlen Lettern «Central» geschrieben steht. Der Name prangt auch als Schriftzug auf der südlichen Fassade. Nebst Wohnungen ist hier heute auch ein Beratungsunternehmen für Finanzdienstleister anzutreffen.

Die «Loki»: Jugendtreff oder schäbiger Spunten?

Für die einen war das Restaurant Loki an der Gotthardstrasse vor allem ein Treffpunkt für Jugendliche. Andere Zugerinnen sind da weniger gnädig und haben die «Loki» eher als «verrufenen Spunten» in Erinnerung. Fakt ist: Als das Lokal Ende der 1980er-Jahre schloss, brachte der Verlust des Restaurants in der örtlichen Politik einen Stein ins Rollen.

Dies, weil in kurzer Zeit mehrere Gastrobetriebe in der Stadt Zug die Türen schlossen, die vor allem bei einem jungen Publikum beliebt waren. So kritisierte Jo Lang an einer Sitzung des Grossen Gemeinderats vom 17. Januar 1989 den Stadtrat, das «Beizensterben» nicht ernst zu nehmen. Lang sprach von einer «Veryuppisierung» von Lokalen, die als Treffpunkte für Jugendliche wahrgenommen wurden.

Aus dem Jugendtreff wird ein «Nobel-Pub»

So sei aus der «Loki» etwa «eine Art Nobel-Pub» geworden, in dem ein Teil der früheren Gäste nicht mehr erwünscht gewesen sei. Und das gemütliche und gesellige Restaurant Schiff sei zu «einem geschmacklos gestylten Speiserestaurant mit kleinen Tischchen und stolzen Preisen» mutiert. Tatsächlich bewegte die Debatte um Treffpunkte für Jugendliche die Gemüter der Zugerinnen. Eine Lösung wurde schliesslich die im September 1990 eröffnete Jugendbeiz, die später den Namen «Chaotikum» trug – und heute als «Podium 41» noch immer in Betrieb ist.

Ein Teil der «Loki» sollte über die Schliessung hinaus bestehen bleiben. So planten die zuständigen Behörden, die Kücheneinrichtung des einstigen Restaurants in die neu entstehende Jugendbeiz einzubauen. Bis diese stand, wurden die Geräte während zwei Jahren im Pulverturm gelagert, wie es in einem Bericht und Antrag der Geschäftsprüfungskommission vom 17. September 1990 heisst. Als Herd und Bain-Marie schliesslich zum Einsatz kommen sollten, war die Elektrik der Geräte beschädigt und eine Installation unmöglich. Die «Loki»-Küche landete auf dem Müll.

Und die ehemalige «Loki»? Da ist das «Nobel-Pub» von 1988 nach wie vor anzutreffen. Es heisst «Mr. Pickwick».

Vor dem stadtbekannten Pub stand an dieser Adresse das Lokal «Loki». (Bild: cbu)

Auf eins, zwei, drei Bierchen im «Londoner Pub»

Das «Pickwick» ist nicht das einzige Pub in der Stadt Zug. 2023 eröffnete auf der anderen Strassenseite, am Bundesplatz 16, das «Flanagan's Pub» (zentralplus berichtete). Früher gab es weitere Adressen für Bierfans. Eine davon: das «Londoner Pub» an der Kirchenstrasse neben dem St.-Oswald-Brunnen. Heute sind an dieser Adresse unter anderem eine Boutique und das Jugendanimationszentrum Zug eingemietet.

Das «Londoner Pub» war in der ersten Etage dieses Eckhauses zu finden. (Bild: cbu)

Hinter der Gründung des Pubs stand der umtriebige Unternehmer Hans Seifert, der auch das Chamer Sportzentrum aufgebaut hat. Die Bar war ein beliebter Treffpunkt bei Zuger Fasnächtlern und gar Gründungsort einer Guggenmusik. Die «Figorowa Zug» entstand am 5. Mai 1989 in einer feuchtfröhlichen Runde. Der Name spielt auf den gleichnamigen Shot an, der im «Londoner» über den Tresen ging und ein Gemisch aus Wodka, Feigensaft und einer Dosenfeige war.

Der letzte Gerant im Pub war Phil Scheck. Er erinnert sich mit Freuden an die damalige Zeit zurück. Er beschreibt das «Londoner Pub» gegenüber zentralplus als «Seelenort» für die Zuger. Viele hätten hier ihre ersten Feste gefeiert, den ersten Rausch eingefangen, Freunde und Freundinnen gefunden und auch so manches Drama erlebt. Für einige Stammgäste sei das Pub fast ein Wohnzimmer gewesen.

Phil Scheck am Zapfhahn des «Londoner Pub». (Bild: Phil Scheck / zvg)

«Das Lokal war sehr traditionell gehalten, klein und verraucht, schon deutlich in die Jahre gekommen, aber mit einem zeitlosen Charme», erinnert sich Scheck zurück. Nebst den paar wenigen Sitzplätzen am Tresen gab es im eigentlichen Gastraum links von der Bar etwa zwölf Tische, dazu eine Jukebox, Spielautomaten und einen Zeitungsständer. Die Decken waren niedrig und von vermeintlichen Holzbalken durchzogen. «Wenn man dranklopfte, entpuppten sie sich als Plastikimitationen», erzählt Phil Scheck.

«Da ging eine lange, traditionsreiche Geschichte zu Ende.»

Phil Scheck, Wirt «Londoner Pub»

Jede schöne Feier geht irgendwann zu Ende. Im «Londoner Pub» war das im Dezember 1996 der Fall. Die Erben der einstigen Besitzerin wollten mit dem Haus «etwas Neues» machen. «Obwohl ich nur kurz auf dem Lokal war, war mir die Tragweite der Schliessung durchaus bewusst», sagt Scheck. «Da ging eine lange, traditionsreiche Geschichte zu Ende.» Scheck selbst blieb der Gastronomie noch einige Jahre treu, bevor er nach einer mehrjährigen Segelreise die Branche wechselte. Heute lebt er in Uruguay.

Restaurant Wildenburg

An der Dorfstrasse 1 kehrten während rund 200 Jahren hungrige und durstige Naturen ein. Damals hiess das Wirtshaus «Moos», wohl benannt nach dem Moosbach, der im 17. Jahrhundert noch durch das Erdgeschoss floss. Die Umbenennung zu «Wildenburg» erfolgte mit einem Umbau 1878.

Das Restaurant Wildenburg – oder «Wildebürgli», wie es umgangssprachlich genannt wurde – bot in der Neuzeit eine Bar im Erdgeschoss, eine Gartenbeiz im Hinterhof und eine getäferte Gaststube im ersten Stock. Nach mehreren Jahrzehnten der Gastfreundschaft kam das Ende des Restaurants einigermassen überraschend.

Einst ein beliebtes Restaurant in der Stadt: das «Wildenburg». (Bild: cbu)

Denn freiwillig gingen die letzten Pächter, das Paar Teresa und Nicola Oliverio, keineswegs. Obwohl das Geschäft nach ihren eigenen Angaben gut lief, wurde dem mediterranen Restaurant Ende März 2013 der Stecker gezogen. Wie die «Neuen Zuger Zeitung» damals schrieb, plante die Eigentümerschaft, die Fläche unter anderem für Wohnungen zu nutzen. Dies, weil kostspielige Brandschutzmassnahmen nötig gewesen wären, wenn die Liegenschaft weiterhin als Restaurant genutzt werden sollte.

Die Eigentümerschaft setzte die Pläne um. Heute ist vom Restaurant nichts mehr übrig geblieben. Zumindest fast nichts. Im Erdgeschoss buhlt ein Beauty-Geschäft mit bunt dekorierten Schaufenstern um Kundinnen. Wer den Blick etwas höher ansetzt, sieht noch immer den Schriftzug «Restaurant Wildenburg» an der gelben Fassade stehen.

«Cindy's»: Raststätten-Prominenz im Herti-Zentrum

Das Herti-Zentrum bekam 2020 ein dringend nötiges Facelifting. Bis dahin hatte sich seit der Eröffnung 1983 nur wenig getan. Für viele Zuger atmete das Herti mit den gelblichen Bodenplatten, der weissen Lamellendecke und der Auswahl der Geschäfte den Hauch des Nostalgischen, des Vergänglichen. Für andere war es einfach nur ein von der Zeit überholtes Relikt aus der Prähistorie der Einkaufszentren.

(Bild: zvg)

Ausser der Migros, der das Zentrum derzeit gehört, ist kaum eines der anderen Geschäfte seit der Gründung erhalten geblieben. Eines der Opfer ist das Restaurant Cindy's. Das Lokal gehörte zu einer Kette, welche die Atmosphäre eines 1950er-Diners aus den USA aufleben lassen wollte. Inklusive rosafarbener Neonschrift und silbern glänzendem Dekor.

Zugerinnen erinnern sich an das «Cindy's» als Jugendtreffpunkt zurück. Und an einen überfreundlichen Mitarbeiter, der die abholbereiten Speisen ausgerufen hatte – aber sprachlich nur schwer verständlich war. «Keiner hatte etwas verstanden, aber irgendwie funktionierte es trotzdem», erinnert sich eine Zugerin zurück.

Betrieben wurde der Zuger Ableger von Mövenpick. Heute gehören die «Cindy's»-Lokale zur Marché-Gruppe. Die «Cindy's»-Tage sind allerdings gezählt. Das letzte Lokal bei einer Autobahnraststätte in Wädenswil soll im Sommer 2024 den Grill ausmachen, wie die «Zürichsee-Zeitung» im Dezember schrieb. Kleiner Trost: Nach den Burgern ist vor den Burgern. Auf das letzte «Cindy's Diner» folgt ein «Burger King».

Aus dem «Cindy's» wird das «Sandi»

Später wurde aus dem «Cindy's» im Herti-Zentrum das «Sandi». Statt Burger gab es Pizza. Mag das Dekor bei der Eröffnung 1995 noch fesch gewesen sein, beschrieb es eine zentralplus-Redaktorin vor der Generalsanierung 2020 als Lokal, in dem die Zeit stehen geblieben ist (zentralplus berichtete).

Der Aussenplatz des Restaurants Sandi im Herti-Zentrum. (Bild: zvg)

Inklusive holzgetäfelten Wänden und Decken und Stammtisch. Hier traf man sich zum Bier oder Kaffee. Dass sich das «Sandi» dem Zeitgeist fast schon absichtlich verweigerte, sahen Stammgäste als Vorteil an. Das «Sandi» sei «immer noch gleich wie bei der Eröffnung», sagte damals ein Gast. Der Ort übte eine kollegiale Anziehungskraft aus, beschied der Gast dem Lokal weiter.

Zwar überstand das «Sandi» den grossen Umbau von 2020 – allerdings nicht die Corona-Pandemie. Das Lokal ging 2022 konkurs. Nach rund einem Jahr Stillstand fand die Migros eine Nachmiete für die Ladenfläche. Im Januar 2024 eröffnete eine Filiale der Kette «Big Burger» zusammen mit «Burek Bakery».

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Phil Scheck, ehemaliger Wirt «Londoner Pub»
  • Denkmalinventar Kanton Zug
  • Verschiedene Zeitungsberichte
  • Artikel in der «Zürichsee-Zeitung»
  • Schriftlicher Austausch mit Aline Hug, Sprecherin Marché-Restaurants
  • Mündliche und schriftliche Gespräche mit Zugerinnen und Zugern
  • Geschichte über das Gasthaus Bären
  • Artikel in der «Zuger Zeitung»
  • Website Guggenmusik Figorowa
  • Protokoll GGR vom 17. Januar 1989
  • Schriftlicher Austausch bei Pia Dürig, Sprecherin Privera AG
  • Bericht und Antrag der Geschäftsprüfungskommission vom September 1990
  • Augenschein vor Ort
  • Schriftlicher Austausch mit Lisa Obermaier, Sprecherin Migros Zentralschweiz
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