Trotz Passivrauchgesetz: Im Luzerner Nachtleben bleibt der Zigarettenqualm präsent. (Bild: Unsplash)
Restaurants, Bars und Discos sind in der Schweiz von Gesetzes wegen rauchfrei. Doch das Rauchverbot kennt Ausnahmen. Und in der Stadt Luzern machen Gastronomen besonders oft von ihnen Gebrauch.
Statt nach Zigarettenrauch stinken Bars und Discos in Zürich, Genf oder Basel nach Bier, Schweiss und Mundgeruch. Denn seit 2010 ist das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen in Kraft – und entfaltet seine Wirkung auch in Form von übelriechenden Duftkombinationen.
Auch in den Luzerner Gastrobetrieben ist das Rauchen seit der Annahme des Passivrauchgesetzes grundsätzlich verboten. Doch noch immer gibt es im Kanton über 100 Raucherbars, -restaurants und -discos. Wie kann das sein?
zentralplus hat mit Tina Meyer von der Lungenliga Zentralschweiz gesprochen. Für sie ist das Rauchverbot in der Gastronomie ein Erfolg. Während vor Einführung des Gesetzes im Jahr 2002 noch fast ein Drittel der Schweizer Bevölkerung täglich während mehr als einer Stunde passiv geraucht hat, sank der Anteil bis 2022 auf weniger als 5 Prozent. «Dadurch konnten auch die Gesundheitskosten des Passivrauchens deutlich reduziert werden», sagt Meyer.
Zwar gibt es keine entsprechenden Zahlen aus dem Kanton Luzern. Doch bei der Einführung der kantonalen Passivrauchgesetze in den Vorreiterkantonen Graubünden und Tessin konnte gemäss Meyer eine sofortige Reduktion der passivrauchbedingten Hospitalisierungen aufgrund akuter Herz- und Kreislauferkrankungen festgestellt werden.
Was erlaubt ist – und was nicht
Tina Meyer kennt auch die Regeln, die für Luzerner Gastronomiebetriebe gelten. Während das Rauchen im Inneren grundsätzlich verboten ist, dürften Wirte Fumoirs, einrichten, die bis zu einem Drittel der Gesamtfläche einnehmen. Zudem ist in kleinen Betrieben mit einer Grösse von höchstens 80 Quadratmetern das Rauchen erlaubt, sofern der Kanton eine entsprechende Bewilligung erteilt.
Eine solche Sonderbewilligung haben etwa das «Kaffee Kind» an der Baselstrasse, die Franky Bar nahe beim Bahnhof oder Meyers Kulturbeiz am Bundesplatz. Doch damit nicht genug. Auch in der Bar Berlin, bei «Tschuppi» in der Wonderbar oder im «Houdini» wird trotz Passivrauchgesetz munter weiter geschlotet.
Was die Bar Capitol von der Bar León unterscheidet
Zu den Raucherbars gehörte einst auch das «Sopranos» am Mühleplatz. Oder die Bar Capitol am Bundesplatz. Dort stehen seit letztem Sommer keine Aschenbecher mehr auf den Tischen.
Gastgeber Tim Michel bereut den Schritt nicht – obwohl er selbst Raucher ist. Für Unmut bei den Gästen der Bar Capitol habe die Umstellung kaum gesorgt, sagte er Anfang März gegenüber zentralplus. Zwar habe er den einen oder anderen Raucher als Stammgast verloren, dafür aber viele neue dazugewonnen, so Michels Zwischenbilanz (zentralplus berichtete).
Unverändert raucherfreundlich gibt sich die Bar León an der Burgerstrasse. Prominent platziert steht auf der Website: «Bei uns darf man rauchen.»
Ruth Baillo ist seit 1998 Wirtin der Bar León. «Bisher hatten wir wegen des Rauchs nie negative Rückmeldungen», sagt sie gegenüber zentralplus. Und sie glaubt zu wissen, warum: «Das hat wohl mit meiner guten Lüftung zu tun, die ich zweimal pro Jahr gründlich reinigen lasse.»
Das Konzept nach all den Jahren umzustellen, ist für Baillo keine Option. «Mit einem Rauchverbot würde ich meine Stammgäste wohl vergraulen», sagt die Nichtraucherin.
Rückgang ist marginal
Vor zehn Jahren gab es nebst der Bar Capitol und der Bar León im ganzen Kanton verteilt etwas mehr als 130 Raucherlokale. Die Hälfte davon befand sich in der Stadt Luzern.
Wie viele Raucherlokale in den letzten zehn Jahren geschlossen haben oder das Rauchen inzwischen verbieten, lässt sich nicht beziffern. Harte Fakten liefert die zuständige Abteilung Gastgewerbe und Gewerbepolizei (GGP) keine. Sie kann nur bestätigen, dass es im Kanton noch immer etwas mehr als 100 Raucherlokale gibt.
Rund ein Viertel der Raucherlokale dürfte somit verschwunden sein. Auf eine Dauer von zehn Jahren ist das ein marginaler Rückgang. Wie viele Raucherbars in der Stadt Luzern übrigbleiben, bleibt aber unklar.
Um diese Frage zu klären, ist zentralplus auf deine Expertise angewiesen: Schreib doch bitte alle dir bekannten Luzerner Raucherbars in die Kommentare.
In Luzern ist erlaubt, was anderswo verboten ist
Dass der Kanton Luzern bis heute über 100 Raucherlokale zählt, wobei Gastrobetriebe mit Fumoirs nicht mitgemeint sind, hat auch mit der Gesetzeslage zu tun. So locker wie in Luzern sind die Regeln fast nirgends. In Zürich, Genf, Basel und allen anderen Städten mit mehr als 40'000 Einwohnerinnen sind Raucherlokale strikt verboten. Mancherorts sind immerhin bediente Fumoirs erlaubt.
Dementsprechend dürfte Luzern die Stadt sein, die schweizweit am meisten Raucherbars beherbergt.
Dennoch wird sich an der Gesetzeslage auf kantonaler Ebene vorerst nichts ändern. Denn entsprechende politische Vorstösse sind keine hängig. Doch könnte sich auf nationaler Ebene etwas tun. «Das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen ist langsam in die Jahre gekommen», sagt Tina Meyer. Darum setze sich die Lungenliga dafür ein, dass das Passivrauchgesetz «substanziell» verbessert wird.
2012 hatte eine Volksinitiative mit ebendieser Forderung allerdings keine Chance. Zwei Drittel der Schweizerinnen waren gegen das landesweite Verbot von Raucherbars und Gastrobetrieben mit bedienten Fumoirs.
Sind E-Zigaretten die neuen Sargnägel?
Und während die Lungenliga das Passivrauchgesetz verschärfen will, droht bereits neuerliches Ungemach. Wie sich Vapes, E-Zigaretten und andere Nikotinprodukte auf die Hospitalisierungen auswirken, werde sich erst noch zeigen, sagt Tina Meyer.
Besonders alarmierend ist der Konsum der neuen Nikotinprodukte durch Kinder und Jugendliche. Wie eine Fachperson des Schulwesens gegenüber zentralplus bestätigte, sind insbesondere die bunten und in allen möglichen Geschmacksrichtungen erhältlichen Vapes auf Luzerns Pausenplätzen zu einem Problem geworden (zentralplus berichtete). Ein Problem, dessen sich auch der Kanton bewusst ist (zentralplus berichtete).
Anders als bei Kindern und Jugendlichen, bei denen die Lungenliga auf Prävention setzt, gilt für die Erwachsenen im Nachtleben das Prinzip der Eigenverantwortung. Ohne entsprechende Gesetzesanpassung dürfte die Schloterei in Luzern so schnell kein Ende finden. Darum an dieser Stelle der obligate Warnhinweis: Aufgepafft, rauchen ist tödlich.
Einst Moderator und Redaktor beim Radio 3FACH und bei Jam On Radio, schreibt Joel Dittli seit 2023 bei zentralplus. Um auch den künftigen Herausforderungen im Medienalltag gewachsen zu sein, absolviert er die «Diplomausbildung Journalismus» am MAZ Luzern. Als Reggae-Musiker und FCL-Fan ist er am Wochenende oft in Kulturlokalen oder Fussballstadien anzutreffen.
Das Rauchergesetz hat zur Schliessung von min. 50% der Beizen geführt. Ein riesen Verlust für das gesellschaftliche Leben in diesem Lande. Das Argument Gesundheit kann nicht die treibende Kraft sein. Viel wichtiger für unsere Gesundheit wäre die Ernährung, da Arteriosklerose zu vielen Tidesfällen führt. Warum werden Zucker- und Transfettfabrikate nicht bekämpft. Redbull, McDonalds und Co. verursachen gesundheitliche Schäden in Milliardenhöhe. Aber eben, mit dem Rauchverbot lässt sich prima Geld verdienen (3Mrd./Jr.). Nur, die fehlenden Beizen bedeuten auch fehlende Kontaktzentren, die für einen grossen Bevölkerungsanteil enorm wichtig wären. Ganz zu schweigen, von den Menschen auf der untersten Einkommensstufe, Arbeitslose, Kranke, Drogensüchtige etc. Deren Leben wird durch die Tabakpreise erheblich erschwert. Danke, liebe Lungenliga für die sture und völlig einseitige Sichtweise und den fehlenden Pragmatismus.
J. Grünmeier, 12.05.2024, 10:26 Uhr
Juhui, Lungenkrebs finde ich toll. Steigende Gesundheitskosten. Verkürzte Lebenserwartung – freiwilliger Fachkräftemangel.