Nachfrage höher als Angebot

Trotz Boom: Zuger Camping-Angebot kriegt Note ungenügend

Der TCS-Campingplatz beim Brüggli – hier aufgenommen im Jahr 2021. (Bild: Andreas Busslinger)

Ferien mit dem Büssli oder im Zelt liegen im Trend. Doch das Angebot im Kanton Zug reicht nicht aus, um die Nachfrage zu stemmen. Viele Auflagen würden neue Campingplätze verzögern oder verhindern.

Ein Zelt oder ein Camper, nur du und ich – weite Wiesen und ein paar Geissen rundum. Ferien oder ein Weekend im Zelt und Büssli boomen – spätestens seit Corona (zentralplus berichtete).

Wie Schweizer Zeitungen berichteten, ist der Andrang auf die Campingplätze ungebrochen hoch – jedoch schrumpfe das Angebot.

Auch im Kanton Zug teilt man diesen Eindruck. Der Zuger Tourismusdirektor, Dominic Keller, sagt auf Anfrage: «Nein, das Camping-Angebot ist ungenügend. Vor allem, wenn wir dann auch noch den TCS Camping im Brüggli verlieren.» Man ging bereits letztes Jahr davon aus, dass 2022 die letzte Saison für Camperinnen im Brüggli sein wird. Vorerst kann der Campingplatz direkt am Zugersee bleiben (zentralplus berichtete), vermutlich aber nicht mehr lange. Keller sagt, man verfüge nicht immer über genügend Übernachtungskapazitäten in Zug.

Die Suche nach neuen Campingplätzen ist kompliziert

Gemäss Keller werden zum einen kaum neue Campingplätze gebaut, zum anderen gehen immer wieder bestehende zu. «Es ist sehr schwierig, neue Terrains zu finden, auf denen Campings installiert werden können.»

Schwierig ist die Suche nach einem guten Ort deswegen, weil gewisse Bedingungen erfüllt sein müssen. So dürfen Campingplätze etwa nicht in Gebieten gebaut werden, die durch Hochwasser, Erdrutsche oder Felsstürze gefährdet sind.

«Es ist sehr schwierig, neue Terrains zu finden, auf denen Campings installiert werden können.»

Dominic Keller, Zuger Tourismusdirektor

Auch neue Angebote, die im Zuge des Camping-Booms entstanden sind, wie Übernachtungen auf dem Bauernhof, im Wald oder in einem Tiny-House, haben es nicht einfach. «Man will zwar solche Produkte und Angebote fördern, aber die Erfahrung zeigt, dass es dann auf der Behördenebene nicht ganz so einfach umgesetzt werden kann», so Keller.

Dominic Keller übernahm im Januar 2023 die Geschäftsführung von Zug Tourismus. (Bild: zvg)

TCS will Camping-Angebot vergrössern

Auch der «Touring Club Schweiz» (TCS) führt das schrumpfende Angebot auf die hohen Auflagen zurück. Der TCS ist der grösste Campingbetreiber im Land mit insgesamt 25 Campingplätze in der ganzen Schweiz – vier davon in der Zentralschweiz. Einen in Buochs, denjenigen am Zugersee im Brüggli, einen am Sempachersee und einen in Horw.

«Plätze verschwinden aufgrund von übergeordneten Interessen seitens Gemeinden und Kantonen.»

Oliver Grützner, Leiter Tourismus & Freizeit TCS

«Viele Auflagen verzögern und/oder verhindern neue Campingplätze in der kleinräumigen Schweiz», so Oliver Grützner, Leiter Tourismus & Freizeit TCS. «Plätze verschwinden aufgrund von übergeordneten Interessen seitens Gemeinden und Kantonen – wie benötigter Platz für Sportanlagen, mehr Erholungsraum für die gewachsene Bevölkerung, veränderte Naturschutzauflagen, strengere Raumplanungsverordnungen und so weiter.»

Der TCS ist derweil dran, sein Angebot zu vergrössern. An «zahlreichen Standorten» seien Gespräche und Verhandlungen bereits sehr vorangeschritten. Auch Dominic Keller, der seit Anfang Jahr als Geschäftsführer von Zug Tourismus amtet (zentralplus berichtete), sagt, dass man das Thema in die Agenda aufgenommen habe. «Aktuell schaffe ich mir einen Überblick und kläre die Möglichkeiten ab.» Er sei auf verschiedenen Ebenen mit verantwortlichen Personen und Institutionen in Kontakt. «Es sind auch schon Anbieter von Nature-Camps auf mich zugekommen und wir prüfen aktuell verschiedene Möglichkeiten», so Keller weiter.

Auch ein Bauernpaar in Neuheim will die Chance ergreifen. Es plant, auf seinem Grundstück drei Wohnmobilstellplätze anzubieten – inklusive temporäre sanitäre Anlagen. Ein entsprechendes Baugesuch liegt vor, wie ein Blick in die aktuelle Ausgabe des Amtsblatts zeigt.

Camping-Boom ist nachhaltig

Sowohl Dominic Keller von Zug Tourismus als auch Oliver Grützner vom TCS sprechen von einem nachhaltigen Camping-Trend. Die Leute würden wieder vermehrt in die Natur wollen, als um den Globus zu jetten. «Ich denke, dass nicht nur Wohnmobile und Wohnwagen gefragt sind, auch die ursprüngliche Variante des Campens mit Zelt, Schlafsack und Gaskocher erfreut sich wieder zunehmender Beliebtheit», so Dominic Keller.

Das zeigen auch die Zahlen von Zug Tourismus. So wurden letztes Jahr knapp 55'000 Logiernächte auf allen Zuger Campingplätzen verzeichnet. Im Jahr 2018 waren es noch knapp 33'000 Übernachtungen.

So stark sind die Übernachtungszahlen auf Zuger Campingplätzen in den letzten fünf Jahren angestiegen:

Auch Zahlen des TCS zeigen, dass der Trend nachhaltig ist. Die Organisation verzeichnete im Corona-Jahr 2020 ein Rekordjahr mit insgesamt 1 Million Übernachtungen schweizweit. Letztes Jahr waren es 900'000 Logiernächte. Das sind immer noch 43 Prozent mehr als 2019, dem Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie.

Bald starten nun die Sommerferien – viele Plätze sind schon gut gebucht oder sogar ausgebucht. «Unsere Gäste buchen ihren Stellplatz oder ihre Mietunterkünfte früher als in der Vergangenheit», so Oliver Grützner.

Camper sind anspruchsvoller geworden

Campinggäste planen nicht nur besser voraus, sondern haben auch höhere Ansprüche. Grützner sagt: «Die Campingkundschaft ist heute viel anspruchsvoller als früher und sucht mehr Komfort und auch das etwas Besondere. Glamping ist ein absoluter Trend und hat eine neue Klientel angezogen.» Das Wort «Glamping» leitet sich aus den Worten «Camping» und «glamourös» ab – quasi eine luxuriösere Form des Campings.

Der Zuger Tourismusdirektor sieht Potential in diesem Segment. Zumal man einen nachhaltigen Tourismus anstreben wolle. «Gerne wünsche ich mir im Bereich Familien auch noch mehr alternative Übernachtungsangebote. Das Segment Camping/Glamping wäre hier sicher prädestiniert dafür.»

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Oliver Grützner, Leiter Tourismus & Freizeit TCS
  • Schriftlicher Austausch mit Dominic Keller, Geschäftsführer von Zug Tourismus
  • Bauvorhaben in Neuheim, publiziert im Amtsblatt Zug
  • Medienmitteilung TCS vom 29. März 2023
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