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Medien sollten eigene Rolle reflektieren

Leaks, Leaks, Leaks… Aber was folgt daraus?

Nationalrat Michael Töngi verlangt, dass sich Medien vermehrt mit ihrer eigenen Rolle auseinandersetzen, wenn es um Indiskretionen geht. (Bild: zvg)

Nationalrat und Politblogger Michael Töngi äussert sich in seinem Blogpost zu der aktuellen Diskussion um die Corona-Leaks. Dass solche Indiskretionen aufgedeckt werden, sei wichtig, doch fehle dabei die Metaebene. Die Medien sollten die eigene Rolle besser reflektieren.

Mit ihrer Artikelserie zur Weitergabe von geheimen Informationen aus dem Berset-Departement haben die CH-Medien an einem konkreten Beispiel aufgedeckt, wie das Zusammenspiel zwischen Bundesrat, Verwaltung und Medien verlaufen kann. Diese Leaks sind eine schwere Belastung für das Funktionieren einer Exekutive – das Vertrauen untereinander scheint im Bundesrat einigermassen zerrüttet.

Gleichzeitig wurde mit einem anderen Blick auch die richtige Frage an die Medien gestellt, ob sich der «Blick» mit diesem anscheinend direkten Draht zu einem Departement zu stark binden liess und die Unabhängigkeit der Redaktion einschränkte. Es ist Aufgabe der Medien, diese Fragen aufzunehmen und es gibt ein öffentliches Interesse an dieser Diskussion.

Indiskretionen sind nichts Neues

Das Thema ist allerdings alles andere als neu. Seit ich mich erinnern kann, gibt es Indiskretionen. Manchmal war es en vogue, dass man in der Sonntagspresse lesen konnte, mit welchem Anliegen ein Bundesrat im Gremium unterlegen war oder wer welchen Mitbericht geschrieben hatte. Meist mit der einigermassen offensichtlichen Absicht, jemanden besonders gut dastehen zu lassen oder in einem Thema zu positionieren.

Oder es wurden Berichte vorab weitergegeben, um einer Geschichte die gewünschte Richtung zu geben. Wir konnten hier auf zentralplus schon lesen, dass sich die Geschäftsprüfungskommissionen des Parlaments mit diesen Indiskretionen beschäftigt (zentralplus berichtete). Und auch das Parlament tat dies. Der Nationalrat lehnte einen Vorstoss aus dem Ständerat ab, der neue Massnahmen gegen Indiskretionen verlangte sowie einen Bericht mit einer Zusammenstellung derselben. Es ist eben alles andere als simpel mit diesen Indiskretionen.

Die Rolle der Medien: Wo bleibt die Selbstreflexion?

Denn so merkwürdig es klingt: Indiskretionen gehören in einer funktionierenden Medienwelt auch zu einer der Quellen, um Missstände aufzudecken. So ist die Geschichte zu Peter Lauener und Alain Berset wiederum durch eine Indiskretion entstanden. Das ganze Material stammt aus den Einvernahmeprotokollen aus den Untersuchungen des ausserordentlichen Staatsanwalts zu den Indiskretionen zur Veröffentlichung des Berichts über die Crypto-Affäre. Momentan sind die Unterlagen versiegelt, weil von Peter Lauener bestritten ist, dass der ausserordentliche Staatsanwalt zu Recht zusätzlich zur Crypto-Frage auch in Sachen Corona-Informationen ermitteln darf.

Es ist nichts Falsches dran, wenn diese Geschichte gross aufgefahren wird und die CH Medien einen Mehrteiler daraus machen. Schliesslich gibt das Material viel her und lässt viele Fragen offen. Was mir allerdings fehlte, ist die Einordnung. Und zwar zur Rolle der Medien selber und vor allem des Mediums, welches die Leaks publizierte.

Nach der guten Story sollte auch etwas auf der Metaebene kommen, wo CH Medien die eigene Rolle reflektiert. Und zum Zwiespalt Stellung nimmt, weshalb die eine Indiskretion hochgefahren wird, die eigene aber nicht thematisiert wird. Weshalb also die einen Indiskretionen schlecht, die anderen aber richtig sein sollen.

Sehr gutes Anschauungsmaterial, aber wenig neue Erkenntnisse

So wurde in einem Übersichtsartikel nur festgehalten, dass die Bundesanwaltschaft prüfe, «wie die E-Mails von Lauener und das Einvernahmeprotokoll von Bundesrats Berset an die Öffentlichkeit kommen konnten.» Mit etwas Stolz hätte die Zeitung festhalten dürfen, dass sie es war, die diese Öffentlichkeit geschaffen hatte. Aber dazu kam bisher nichts. Ähnlich verhielt sich aus meiner Sicht auch der Tages-Anzeiger. Er liess verlauten, dass er es ganz anders als der Blick mache. Sie hätten keinen privilegierten Informationskanal zu Bersets Departement gehabt, sondern über eine Vielzahl von Quellen verfügt – über die sie ebenfalls zu Indiskretionen kamen.

Was nun der genaue Unterschied ist, und ob der Tagesanzeiger vielleicht nicht zu Lauener, aber zu anderen Personen im Departement ein vertrauensvolles Verhältnis hat, wissen wir nach diesem Artikel nicht. Es klang sehr nach: «Ich nicht, die anderen aber auch.»

Folgt diese Einordnung nicht, dann gibt es keine Diskussion über die Rolle der Medien und zur Frage, wann eine Indiskretion zu Recht erfolgt und wo die Grenzen sind. So haben wir zwar bisher sehr gutes Anschauungsmaterial erhalten, aber wenig neue Erkenntnisse gewonnen. Und im schlechteren Fall wird letztlich mit all den Details nur eine alte Debatte befeuert, die die Meinung bestärkt, dass sowieso gemauschelt wird und alle unter einer Decke stecken. Nicht umsonst hiess es in vielen Leserkommentaren: «Wir haben es ja schon lange gewusst.» Ich hoffe sehr, dass die Medien die Chance noch packen und diese Geschichte auf ein anderes Level heben.

Verwendete Quellen
  • Berichterstattung CH-Medien
  • Berichterstattung Blick
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Dieser Blog soll den Politikerinnen und Politikern aus den Kantonen Zug und Luzern Gelegenheit geben, ihre Sicht der Dinge darzustellen. Es wird wöchentlich Bezug genommen zur aktuellen politischen Landschaft Zentralschweiz. Die Meinung von Bloggern und Gastautoren muss nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.
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