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Restaurant-Test

«Krone» Cham: So isst es sich neben Fiat und Sophia Loren

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • Preiskategorie●●●●●●
  • Küche Italienisch
  • Ambiente Traditionell
Die «Krone» Cham wurde im Jahr 1880 erbaut, damals gehörte zum Gasthaus noch eine Metzgerei. (Bild: hch)

Ein Fiat in der Gaststube, Kalb auf dem Teller und Sophia Loren an den Wänden. Müsste man unseren Restaurant-Test der «Krone» in Cham in drei Worten beschreiben, wäre nun alles gesagt. Doch glücklicherweise waren dies nicht die einzigen Eindrücke, die wir mitnahmen. Denn da würde noch die Erinnerung an den Service fehlen.

«Tut uns sehr leid, aber wir sind heute Abend bereits ausgebucht.» Diesen Satz hörten wir bei unseren Reservationsanfragen in der «Krone» Cham wiederholt, sodass wir bereits von einer besonders freundlichen Tonbandansage ausgingen. Fälschlicherweise, wie man anfügen darf. Anfang dieses Jahres erlebten wir diese Stimme dann doch in Natura, als es mit dem Besuch klappte. Und die wir als ebenso freundlich erlebten wie am Telefon. Doch dazu später.

Speziell gesegnet ist Cham nicht mit italienischen Restaurants. Zwar werden Pizza und Co. auch im nahen «Rössli» angeboten, doch davon abgesehen wird man nur noch in Linchencham fündig. Die weiteren Italiener sind zwar ebenso nahe, befinden sich aber genau genommen bereits auf Hünenberger oder Steinhauser Gebiet.

Pizza und Schmorgerichte gibts andernorts

Und genau genommen ist es auch in der «Krone» mit den typischen Teiggerichten nicht weit her. Weder Pizza noch Spaghetti finden sich auf der Karte, selbst geschmorte Klassiker wie Brasato oder Ossobuco sucht man hier vergebens. Stattdessen dominieren Pappardelle, Ravioli oder kurz gebratene Fleischgerichte, speziell vom Kalb oder vom Rind. Also fast so wie in den Ferien am Meer. Und wer an der «Krone»-Riviera noch etwas italienisches Motorenflair vermisst, kann den Blick zum legendären «Tschinggen-Rucksack» schweifen lassen, einen in der Gaststube abgestellten Fiat Cinquecento, der durch das Fenster in die Gaststube gehievt werden musste.

Rasant geht es auch um den Wagen zu und her. Gerade einmal fünf Minuten nach der Bestellung biegt mein Vitello tonnato um die Ecke. In der Mitte des nicht überfrachteten Tellers thront eine anständige Menge Sauce, dazwischen schauen einzelne perfekt rosa gebratene Fleischstreifen hervor. Garniert ist das Gericht standesgemäss mit Kapern und Kapernäpfeln sowie roten Zwiebelringen. Sehr gut zur eher leichten, nicht mayonnaisigen Sauce passt das feine Thymianbrot. Nehme ich die Thunfischaromen zu Beginn noch als eher intensiv wahr, so gefällt das Vitello tonnato mit jedem Bissen besser, zu schnell ist der Teller dann auch schon leer.

Meine Begleitung erfreut sich in der Zwischenzeit am Tatar. Die Beilagen sind dieselben wie bei meinem Vitello tonnato, selbst ein einzelnes Cherry-Tomätchen hat es als Garnitur auf den Teller geschafft. Eher tomatig ist auch das Aroma des fast schon zur Paste zubereiteten Rindfleischs, dazu wird Toast mit Butter gereicht.

Und was unterscheidet sonst noch ein italienisches Tatar von der französischen Variante? Dass keine Präferenzen nach der Zubereitungsmethode abgefragt werden, ebenso wenig wird zusätzliches Gewürz an den Tisch gebracht. Doch die scharfe Küche wurde bekanntlich auch nicht in Italien erfunden.

Ausflug nach Apulien

Nach dem rekordschnellen Einstieg bleibt uns etwas Zeit, die Einrichtung mit den unzähligen Fotos italienischer Filmstars des vergangenen Jahrhunderts zu bestaunen. Gastgeber Rafael Mendoza, der an unserem Tisch immer nach dem Rechten sieht, erklärt die Begeisterung für Sophia Loren mit Filmen, die er gemeinsam mit seinem Vater angesehen hatte.

Wir widmen uns inzwischen wieder dem Film auf unserem Teller, wo nun meine Pasta della Casa eingetroffen ist: Orecchiette mit Kalbfleisch und Steinpilzen. Die Pilze geben dem Gericht ein intensives Aroma, die Tomatenrahmsauce sorgt für die notwendige Flüssigkeit. Das Fleisch hätte ich mir etwas zarter gewünscht, dafür gefällt die Pasta umso besser. Ist es doch alles andere als einfach, neben all der Industrieware an Apulien erinnernde Orecchiette zu finden.

Vis-à-vis wurde ein Kalbsschnitzel an Gorgonzolasauce serviert. Dazu gibt es einen Risotto, der – ganz nach italienischer Manier – nicht wenig Zahneinsatz verlangt. In der Kombination mit dem zarten Schnitzel ist schnelles Umschalten beim Kauprozess gefordert, was sich aber lohnt. Der Schimmelkäse ist nicht aufdringlich, die Gerichte bleiben sehr zurückhaltend gewürzt, sodass die Zutaten bestmöglich zur Geltung kommen.

Dessert zum Flambieren

Den Abschluss macht für einmal nicht das angebotene Tiramisu, sondern ein Zwetschgensorbet mit Vieille Prune. Die Menge Alkohol, die sich zwischen Glas und Sorbet sammelt, stimmt olfaktorisch auf die Fasnacht ein und hätte wohl für ein halbes Festzelt voller Kaffee-Zwetschgen gereicht. Dazu gab es einen authentischen Espresso (Segafredo) mit einer Riesenportion Schokodrops – gegeizt wird dabei definitiv nicht.

Bewertung

Preis-/Leistung
**** von *****

Die Preise entsprechen Zuger Niveau. Für die Vorspeisenportion Vitello tonnato wurden angemessene 20.50 Franken, für das kleine Tatar 22.50 Franken verrechnet. Die Hauspasta kostete 32.50 Franken, das Kalbsschnitzel mit Risotto 43.50 Franken. Dazu gab es einen offenen Barrua, ein gehaltvoller Sardinier aus Carignan, Cabernet Sauvignon und Merlot. Der Deziliter stand für 10.50 Franken auf der Rechnung.

Ambiente
**** von *****

Das 1880 erbaute Gebäude war von Beginn an als Wirtshaus konzipiert (damals mit Metzgerei), erfuhr seither aber zahlreiche Umbauten. Nachdem das Lokal 19 Jahre von Hans Mettler geführt wurde und eine Neukonzeptionierung als Gourmetlokal durch Bruno Speck schiefgegangen war, übernahmen im Jahr 2006 Saverio Fortunato und seine Frau Fanika das leer stehende Lokal. Seit 2016 wirten deren Tochter Nadia Mendoza-Fortunato und Schwiegersohn Rafael. Rund um den Fiat 500L und einen Kronleuchter herrscht heute ein schlichtes, aber stilvolles Ambiente mit sehr vielen italienischen Bildern und Dekorationselementen. An frühere Zeiten erinnert die Kassettendecke.

Service
**** von *****
«Gälled Sie, es isch echli Vieille Prune gsii»: Dem Service entging an diesem Abend nicht viel. Sehr freundlich und zuvorkommend, auch bei den telefonischen Kontakten. Zum Tatar hätten wir uns allerdings Gewürze gewünscht, ebenso etwas Käse zur Pasta. Für die Reservation empfiehlt sich ein Anruf, die Onlinereservation zeigt nicht alle möglichen Zeitfenster an.

Onlinefaktor
***** von *****
Neben professionellen und anregenden Bildern erfährt man einiges über «La Familiglia & Filosofia». Mittags- und Abendkarte ist ebenso vorhanden wie das Weinangebot, Tische lassen sich bis zehn Personen auch online reservieren.

Die Rechnung gibt es auch in der Krone Cham zuletzt.
Die Rechnung gibt es auch in der «Krone» Cham zuletzt.
Verwendete Quellen

Krone Cham

Adresse:
Zugerstrasse 7
6330 Cham

Telefon:
041 781 48 80

E-Mailadresse:
[email protected]

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag 11.30 – 14.00 und 18.00 – 23.00 Uhr
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So isst zentralplus – Vom Gourmet bis zum Fast-Food – der eat’n drink-Blog befasst sich mit alltäglichen und besonderen gastronomischen Erlebnissen aus den Kantonen Zug und Luzern.
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Chomer
    Chomer, 14.02.2024, 14:57 Uhr

    Danke für die gute Beschreibung! Die Kritiken hier lese ich immer wieder gerne, da sie detailreich und ausgewogen fair sind.

    👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von Marco
    Marco, 14.02.2024, 08:25 Uhr

    Jedem, der auf einen zuvorkommenden, freundlichen Service und eine erlebnisreiche, raffinierte Küche wert legt, kann ich die Krone Cham empfehlen. Ein Betrieb der die Gastfreundschaft noch so lebt, wie es heute (leider) nicht mehr viel vorkommt.
    Nach einem Besuch in der Krone hat man neben dem tollen Essen im Magen, auch ein wenig mehr Sonne im Herzen.
    Grüsse an das ganze Team, vielen Dank und weiter so !

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