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Restaurant-Test

«Bacio della Mamma»: Von der Teig-Grossmutter geküsst

  • Bewertung★★★★★★★★★★
  • Preiskategorie●●●●●●
  • Küche Italienisch, Mediterran
  • Ambiente Modern
Seit gut drei Jahren wir im «Baccio della Mamma» im Hotel Ameron italienisch aufgetischt. (Bild: hch)

Seit drei Jahren ist im früheren Hotel Flora in Luzern das «Bacio della Mamma» zu finden. Bei unserem Restaurant-Test gab es viel scharfes Kalabrien, serviert auf einem alten Teig.

«Hast Du auch eine Mutter im Kühlschrank?», wurde ich vor einigen Tagen gefragt, als es um Trends in der Küche ging. Glücklicherweise erfreuen sich meine Eltern bester Gesundheit und benötigen keine Kühlung. Doch um die leibliche Mutter ging es bei dieser Frage auch nicht. Viel eher um ein Sauerteigbrot, um dessen Zubereitung seit einigen Jahren viel Aufhebens gemacht wird. Nicht mehr nur lokale Bäckereien, selbst Discounter werben inzwischen mit 18 Stunden Teigruhezeit für ihr Brot.

Hier ist Geduld gefragt

Gar viermal länger, also 72 Stunden, muss warten, wer eine Pinsa Romana zubereiten will. Die rechteckige Alternative zur Pizza stellt im «Bacio della Mamma» in Luzern eine der Hauptattraktionen dar. Und eben dieses Lokal im früheren Hotel Flora war Ziel unseres nächsten Restaurant-Tests.

Um eines vorweg zu nehmen: Auf küssende Mütter, die aus dem Kühlschrank oder sonstwoher kommen, wird verzichtet. Dafür waren die Herren der Schöpfung, die sich um unser leibliches Wohl kümmerten, umso bemühter. Serviert wurde uns neben der Pinsa eine klassische Lasagne, ausserdem je ein Vorspeisensalat.

Das «Bacio della Mamma» logiert seit drei Jahren im ehemaligen Hotel Flora. Seither heisst es «Ameron» und gehört zu einer deutschen Hotel-Gruppe mit 18 Häusern. Und auch das Luzerner «Bacio» ist kein Unikat: Dasselbe Konzept ist ferner in Davos, Berlin und München anzutreffen.

Neun Tagesgerichte zur Auswahl

Doch zurück nach Luzern. Hier führt uns der Tischanweiser aus dem Bar- und Loungebereich in die Lokalmitte. Von unserem Tisch haben wir ideale Sicht auf den Pinsaiolo (so nennt sich der Pinsa-Bäcker wohl). Der hintere Teil des Lokals ist morgens frühstückenden Hotelgästen vorbehalten, steht ab Mittag aber ebenfalls zur Verfügung. So bleibt uns zwischen einem raumhohen Weinregal und Bartresen viel Platz. Schick sieht das ehemalige Flora nun aus. Bei der Inneneinrichtung hat man ganz offensichtlich nicht gespart, wenn auch das gerne verwendete Dunkelgrün an die längst vergessenen Seventies-Sünden erinnert.

Die Mittagskarte listet neun Speisen auf. Darunter einen Salat, Pinsas, drei Pasta-Gerichte sowie ein Tagesmenü; eine mit Bergkäse gefüllte Pouletbrust, Safran-Risotto und Blumenkohl für 29 Franken. Zu allen Tagesmenüs gibt es nach Wahl eine Tagessuppe oder ein Vorspeisensalat.

Die schönste Zichorie der Welt auf dem Tisch

Der Salat kommt taufrisch an den Tisch, unter die klassischen Blattsalate wurden auch Radieschen- und Karottenstreifen und Castelfranco gemischt. Diese Radicchio-Sorte ist nur schon durch ihre gelbe Farbe mit roten Sprenkeln eine Aufwertung, nicht umsomst wurde der Castelfranco auch schon als die schönste Zichorie der Welt bezeichnet.

Mir persönlich gefällt auch die Konsistenz der leicht bitteren Blätter, die im Aussenbereich fast schon etwas Pergamentartiges mitbringen. Die Sauce – wir haben selbstverständlich die italienische Variante bestellt – ist eher unauffällig. Mehr braucht es bei der Vielfalt an Blattsalaten aber auch nicht.

Meine Pinsa namens «’Nduja» klingt etwas nach «’Ndrangheta», und wie die Mafia-Organisation stammt auch die Rohwurst aus dem süditalienischen Kalabrien. Und sie schiesst fast ebenso scharf. Die auf dem Teig verteilten Fleischstücke erinnern mit ihrer leuchtend roten Farbe nicht nur optisch an Chili: Der Anteil von rund 30 Prozent der Schoten in der Wurst sorgt für süditalienische Hitze und intensive Olivenaromen. Molto piccante. Das Zusammenspiel mit rohen roten Zwiebeln, Tomatensauce und wenig Mozzarella lässt viel mediterranes Flair aufkommen, richtet sich aber eher an ambitionierte Gaumen.

Pinsa, piccante wie Kalabrien

Der Pinsa-Teig besteht aus vier Mehlen (Weizen-, Reis-, Sojamehl und Sauerteig) und gilt als knuspriger und luftiger als die berühmtere Schwester. Warum er gerne auch mit Brot verglichen wird, zeigte sich auch im «Bacio». Anders war es mit der Bekömmlichkeit, wo er im Vergleich zur Pizza besser abschneiden soll.

Dass dies in meinem Fall nicht zutraf, mag aber auch daran liegen, dass ich meine sonstige mittägliche Zurückhaltung für einmal ablegte und munter zugriff. Dabei hätte man sich ebenso gut an den Service wenden können. Das «Bacio» kommuniziert auf der Webseite offensiv, dass man Resten gerne für die Mitnahme einpacke.

Lasagne kompakt

Mit einer Lasagne gab es bei meiner Begleitung ein klassisches Weizenprodukt. Gilt die Pinsa als jüngeres Marketing-Produkt eines italienischen Unternehmers, so soll die Geschichte der Lasagne tatsächlich bis zu den Römern in die Antike zurück reichen. Gar so lange blieb unser Luzerner Testobjekt zwar nicht im Ofen. Doch ein bisschen mehr Biss der Teigblätter und Sugo dazwischen hätte dem Gericht so wenig geschadet wie eine zusätzliche Prise Salz. Dafür kamen Käseliebhaber bei der sehr kompakt geratenen Lasagne voll auf ihre Kosten.

Nach so viel Völlerei – auch das Pasta-Gericht war für ein Mittagsmenü grosszügig bemessen – wäre ein Verdauerchen willkommen gewesen. Aufgrund der frühen Stunde musste stattdessen ein starker Espresso reichen, der in einer vorbildlich vorgewärmten Tasse den Weg an unseren Tisch schaffte.

Bewertung

Preis-Leistung
*** von *****
Die Pinsa gab es für 24 Franken, die Lasagne kostete 25 Franken. Zu allen Tagesgerichten wird wahlweise ein Salat oder eine Tagessuppe serviert, ebenso Focaccia. Fünf der neun Tagesgerichte waren bei unserem Besuch vegetarisch/vegan, auch abends sind ausreichend fleischlose Alternativen auf der Karte anzutreffen. Fleischgerichte sind abends für 38 bis 54 Franken erhältlich, Pinsas ab 22 und Pasta ab 28 Franken. Weine kosten ab 8.50 Franken, der Espresso 5 Franken.

Service
**** von *****
Der Service war schnell und aufmerksam, das Mittagessen mit einer knappen Stunde Dauer normal bemessen. Vor dem Hauptgang wurden wir gefragt, ob er bereits serviert werden dürfe. Wie vielerorts üblich wurden wir von unterschiedlichem Personal bedient, die uns regelmässig nach Wünschen fragten. Ich persönliche schätze es eher, ein Bedürfnis mit einem diskreten Fingerzeig kund zu tun, doch hier gehen die Ansprüche auseinander.

Ambiente
***** von *****
Hier waren Profis am Werk. Trotz wenig Tageslicht sehr stimmungsvolle Einrichtung mit hohen Weinregalen und moderner Einrichtung, der Chef scheint ein Velofan mit Flair für den Giro d’Italia zu sein. Die moderne Gestaltung mit Retro-Touch widerspiegelt sich im Geschirr, Decken sind ebenso wie die Tische belassen. Dem Pinsaiolo kann ebenso wie dem Barmann bei der Arbeit zugeschaut werden. Draussen stehen in der wärmeren Jahreszeit einige Tische bereit.

Onlinefaktor
**** von *****
Man muss sich zwar erst nach Luzern durchklicken, findet danach jedoch eine professionelle Website rund um das schöne Interieur. Speise- und Getränkekarten sind vorhanden, ebenso Lageplan und Bilder der Crew sowie ein Image-Video und Beschreibungen einiger Spezialitäten. Sympathisch, dass auf die Möglichkeit der kostenlosen Mitnahme nicht verzehrter Resten hingewiesen wird. Die Online-Reservation hat tadellos geklappt.

Anstelle eines Kusses gibt es auch im Luzerner «Baccio della Mamma» vor der Verabschiedung die Rechnung.
Anstelle eines Kusses gibt es auch im Luzerner «Bacio della Mamma» vor der Verabschiedung die Rechnung.

Baccio della Mamma

Adresse:
Pilatusstrasse 6
6002 Luzern

Telefon:
041 227 67 79

E-Mailadresse:
[email protected]

Öffnungszeiten:
Sonntag bis Donnerstag 7.00 - 22.00 Uhr
Freitag und Samstag 7.00 - 23.00 Uhr
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Gina
    Gina, 13.03.2024, 13:03 Uhr

    Für mich sind die Pinsa in der Weinstube Liebenau, bei der Franziskanerkirche, die besten in Luzern.

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  • Profilfoto von Kommentator
    Kommentator, 09.03.2024, 20:17 Uhr

    24 Franken für eine Pinsa ist ein stolzer Preis, wenn man bedenkt, dass es sich dabei nur um ein vorgebackenes und tiefgekühltes convenience Produkt handelt, dass einzig vor Ort noch frischen Zutaten belegt werden muss.

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    • Profilfoto von Unknown
      Unknown, 18.03.2024, 02:30 Uhr

      Wie kommen Sie, anscheinend völlig unwissend, zu der Annahme, dass es sich beim Pinsateig um ein convenience Produkt handelt?
      Ganz schön viel Meinung für ganz wenig Ahnung!
      Aber das ist ja ein generelles Problem unserer Zeit.

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