Passagierzahlen erholen sich nur schleppend

Zuger ÖV: Was, wenn nicht mehr alle zurückkehren?

Die ÖV-Branche versucht sich noch immer von den Auswirkungen der Pandemie zu erholen. (Bild: Zugerland Verkehrsbetriebe)

Auf dem öffentlichen Verkehr ruhen die Hoffnungen unzähliger Verkehrsplaner, um das Mobilitätsaufkommen der nächsten Jahre zu bewältigen. Die Pandemie hat dem bisherigen Siegeszug des ÖV jedoch einen empfindlichen Dämpfer versetzt. Eine vollständige Erholung wird erwartet – es bestehen aber auch Zweifel.

Die Pandemie grätscht sich mit zunehmender Härte wieder in unseren Alltag. Erste Rufe nach Homeoffice-Empfehlungen und schärferen Massnahmen sind zwar bereits wieder zu vernehmen, für den Moment wird davon aber abgesehen. Zu unserem Alltag gehört aber etwa weiterhin die Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr.

Der ÖV zählt zu jenen Branchen, die mit voller Wucht die Entwicklungen im Frühjahr 2020 zu spüren bekamen. Die Reduktion des ÖV-Angebots Mitte März bis Anfangs Mai sorgte für einen derart massiven Einbruch der Passagierzahlen, dass die ÖV-Betriebe sich auch rund anderthalb Jahre später noch nicht davon erholt haben. Dieser Umstand ist an die Tatsache gekoppelt, dass das Virus weiterhin hartnäckig kursiert.

Was aber bedeutet diese Ausgangslage für jenen Verkehrsträger, der in den nächsten Jahren doch eigentlich einen noch viel grösseren Anteil des Modalsplits vereinnahmen sollte?

Zürich: Zehn Prozent bleiben wohl längerfristig weg

Grundsätzlich hat sich der Regionalverkehr von der Pandemie zwar schleppend, aber dennoch schrittweise leicht erholt. So brutal die Einbrüche auch waren, schon gegen Ende 2020 regenerierten sich die Passagierzahlen langsam. Viele Schweizer Verkehrsbetriebe sind mittlerweile schon wieder in der Region von um die 80 Prozent gegenüber dem Jahr 2019.

Die Hoffnung der Branche ist es, dass die Zahlen von 2019 bis 2024 wieder erreicht und überschritten werden können. Doch was, wenn dies nicht eintrifft? Aufhorchen lässt diesbezüglich eine Einschätzung des Zürcher Verkehrsverbunds (ZVV) zuhanden der Zürcher Regierung.

Zwar geht auch der ZVV davon aus, dass die Fahrgastzahlen nach dem Abflauen der Pandemie rasch wieder auf rund 90 Prozent der Werte von vor der Pandemie steigen werden. «Die verbleibenden 10 Prozent dürften aufgrund veränderter Mobilitätsgewohnheiten und flexiblerem Arbeiten noch nicht wieder in den ÖV zurückkehren», heisst es im entsprechenden Bericht, der vom Mobilitätsportal Mobimag aufgenommen wurde.

Sollte ein Teil der vormaligen Nutzer dem ÖV tatsächlich längerfristig fernbleiben, stellen sich einige Fragen zu deren Zukunftsplänen. Auch in Zug.

Zug: Sieben Prozent gutgemacht

Die Zuger Verkehrsbetriebe überstanden 2020 mit einem blauen Auge. Im Verlauf des Jahrs transportierten die ZVB insgesamt rund 15 Millionen Passagiere – 28 Prozent weniger als noch im Vorjahr.

Der Verlust im ÖV-Geschäft der ZVB belief sich auf 3,14 Millionen Franken. Mit der Auflösung der Spezialreserven sowie den positiven Ergebnissen aus den nicht ÖV-Sparten konnte der Verlust auf rund 625’000 Franken begrenzt werden.

«Wir stellen fest, dass die Fahrgastzahlen wieder ansteigen, insbesondere in den Hauptverkehrszeiten.»

Karin Fröhlich, Mediensprecherin Zugerland Verkehrsbetriebe

Ein erster Blick auf das aktuelle Jahr stimmt zuversichtlich: «Wir stellen fest, dass die Fahrgastzahlen wieder ansteigen, insbesondere in den Hauptverkehrszeiten», sagt ZVB-Mediensprecherin Karin Fröhlich auf Anfrage. «Die Zahlen des ersten Halbjahrs 2021 bestätigen diesen Trend.»

So lagen die Fahrgastzahlen im Juni 2021 noch um 21,5 Prozent tiefer im Vergleich zum Juni 2019. Für das zweite Halbjahr 2021 liegen die konkreten Zahlen den ZVB allerdings noch nicht vor.

Freizeitverkehr erholt sich rascher

Um eine Prognose bezüglich Passagierzahlenentwicklung gebeten, unterscheiden die ZVB zwischen dem Pendler- und dem Freizeitverkehr. «Zug ist ein ausgeprägter Pendlerkanton, gleichzeitig aber auch ein wunderschönes Freizeitgebiet. Wir gehen davon aus, dass sich der Freizeitverkehr rascher erholen wird», sagt Fröhlich. «Wir haben bereits im vergangenen Sommer festgestellt, dass die Kundinnen und Kunden gerne die nahe Erholung entdecken.»

«Entscheidend wird sein, inwieweit sich das Homeoffice langfristig etabliert und wie sich die Pandemie weiter entwickelt.»

Mit Blick auf die Pendler stütze man sich auf die nationalen Prognosen zur Entwicklung des Mobilitätsverhaltens. Demnach gehen auch die ZVB aktuell davon aus, dass sich die Fahrgastzahlen frühestens im Jahr 2024 auf Vorkrisenniveau einpendeln werden.

Im Gegensatz zu Zürich glaubt man an ein Anknüpfen an frühere Zahlen. «Entscheidend wird es sein, inwieweit sich das Homeoffice langfristig etabliert und wie sich die Pandemie weiter entwickelt», gibt Fröhlich jedoch zu bedenken.

Grossprojekte bleiben auf Kurs

Wie bei den meisten ÖV-Betrieben stehen auch bei den ZVB diverse Investitionen in die mittelfristige Zukunft an. So hat man es sich etwa zum Ziel gesetzt, bis 2035 die gesamte Busflotte zu elektrifizieren (zentralplus berichtete). Ein weiteres Grossprojekt ist der Bau eines neuen Hauptstützpunkts für rund 190 Millionen Franken. Dieser soll 2030 bezugsbereit sein.

Dass die Pandemie ihren Schatten auf solche Grossprojekte werfen kann, ist nicht ausgeschlossen. Dies legt nicht zuletzt der kürzlich erschienene Entwurf des Luzerner ÖV-Berichts nahe. «Allenfalls erfordern die finanziellen Rahmenbedingungen in den nächsten Jahren eine zeitliche Anpassung der vorgesehenen Massnahmen», heisst es im Bericht (zentralplus berichtet).

In Zug geht man hingegen davon aus, dass die Infrastrukturprojekte so weit in trockenen Tüchern sind. Auf die Planung Umsetzung des neuen Hauptstützpunkts hätten die Folgen der Pandemie bisher keinen Einfluss, hält Fröhlich fest. Gleiches gelte für die schrittweise Umrüstung auf elektrisch betriebene Busse. «Kosten und Aufwände werden aktuell aber in allen Bereich sehr genau geprüft und wo möglich reduziert.»

So sieht der Weg der ZVB zur C02-Neutralität aus:

Genauere Erkenntnisse darüber, wie gut oder schlecht sich die ÖV-Branche 2021 erholt hat, werden wohl erst mit den Publikationen der Geschäftsberichte im Frühjahr 2022 auszumachen sein. Wie sich die Pandemie bis dahin entwickelt ist aber mindestens genauso schwer vorherzusagen.

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