Veloverleih Nextbike hat Luft nach oben

Schlaraffenland in Luzern, in Kriens und Emmen eine Wüste

In Luzern gibt es fast 90 Nextbike-Stationen – mehr als in der gesamten Agglomeration zusammen. (Bild: ewi)

Das Veloverleihsystem Nextbike hat sich in der Zentralschweiz zu einer festen Grösse gemausert. Doch während das Angebot vor allem in der Stadt sehr gross ist, nimmt die Standort-Dichte bereits in der Agglomeration merklich ab.

Nextbike ist aus Luzern mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Das Veloverleihsystem erfreut sich wachsender Beliebtheit. Erst vor einigen Monaten wurde das Angebot mit neuen Velos deutlich aufgefrischt. Zusätzlich hat die Stadt Luzern neu E-Bikes ins Sortiment genommen (zentralplus berichtete). Dieser Schritt zeigt: Nextbike ist nach Luzern gekommen, um zu bleiben.

Das macht sich bezahlt: 50'000 Fahrten wurden hier alleine im Juni verzeichnet – das ist ein Rekord. Unterdessen gibt es Nextbike in 26 verschiedenen Gemeinden. Längst ist es nicht mehr nur ein städtisches Phänomen. Nextbike-Standorte gibt es auch in Wolfenschiessen, Beckenried oder Geuensee.

Allerdings lassen diese 26 Standorte vermuten, dass Nextibke im Raum Luzern überall bestens verteilt ist. Das ist aber nur auf den ersten Blick der Fall. Denn bei genauerer Betrachtung der einzelnen Standorte lässt sich feststellen, dass diese sehr ungleichmässig verteilt sind.

In Luzern steht die Hälfte aller Nextbike-Velos

Die Stadt Luzern ist die unangefochtene Nummer 1 unter den Nextbike-Gemeinden. 89 Stationen gibt es hier mit insgesamt rund 500 Velos. Das entspricht knapp einem Drittel aller Stationen in der Zentralschweiz. Sogar knapp die Hälfte aller Velos ist in der Stadt zu finden.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Standort-Dichte in den anderen Gemeinden nicht gleich hoch sein kann. Nun ist es durchaus sinnvoll, in ländlich geprägten Gemeinden wie Wolfenschiessen nicht das gleiche Angebot wie in der Stadt Luzern anzubieten, wo deutlich mehr Menschen mit dem Velo unterwegs sind. Doch nicht nur auf dem Land, sondern bereits in der Agglomeration nimmt die Dichte der Velostandorte markant ab.

Standorte, so weit das Auge reicht. In der Stadt Luzern gibt es knapp 90 Nextbike-Stationen. (Bild: Screenshot Nextbike-App)

In Emmen, mit über 30'000 Einwohner die zweitgrösste Gemeinde des Kantons, gibt es gerade mal zwölf Standorte. Die Mehrheit davon befindet sich in Emmenbrücke. In Kriens, das ebenfalls fast 30'000 Einwohner zählt, sind es sogar nur elf Standorte, die sich im Zentrum, beim Kupferhammer und Südpol sowie beim Mattenhof konzentrieren. Ab dem Zentrum stadtauswärts in Richtung Renggloch gibt es keinen einzigen Standort. Somit ist das ganze Obernau Nextbike-los.

Ebenfalls elf Nextbike-Standorte gibt es in Ebikon, doch zählt diese Gemeinde nur halb so viele Einwohnerinnen wie Kriens und Emmen. Und Horw mit rund 15'000 Einwohner hat von allen Agglomerationsgemeinden gar am meisten Nextbike-Standorte. 17 sind es hier, vorwiegend im Zentrum, es gibt aber auch Standorte rund um die Horwer Halbinsel.

Die Stadt Luzern rüstet in den Aussenquartieren auf

Wie entstehen diese grosse Unterschiede zwischen den einzelnen Gemeinden? Die Nachfrage bei Nextbike zeigt, dass nicht das deutsche Unternehmen über die Standorte entscheidet, sondern die einzelnen Gemeinden selbst. Es liegt an Ihnen, Standorte zu definieren und so die Verbreitung von Nextbike zu fördern. Die Gemeinden scheinen dem aber mehr oder weniger Beachtung zu schenken.

«Falls weitere Lücken entdeckt werden, können wir gerne weitere Stationen eröffnen.»

Markus Birrer, Tiefbauamt Stadt Luzern

Die Stadt Luzern beispielsweise hat 2020 ein umfassendes Standortkonzept erstellen lassen. Das hat gezeigt, dass es in der Innenstadt zwar schon viele Standorte gibt, in den Aussenquartieren und auch in Littau war Nextbike jedoch nur spärlich vertreten. Also beschloss die Stadt, 13 weitere Standorte zu eröffnen. Unter anderem davon in Littau Dorf, im Sternmatt-, Wesemlin- und Schädrüti-Quartier. Grundlage dieses Konzepts ist, dass für alle Bewohner der Stadt eine Nextbike-Station im Umkreis von 500 Metern erreichbar sein sollte.

Markus Birrer vom Tiefbauamt Luzern sagt dazu auf Anfrage: «Nach dem Ausbau aller geplanten Stationen sollte die Abdeckung im Stadtgebiet genügend hoch sein. Falls jedoch weitere Lücken entdeckt werden, können wir gerne weitere Stationen eröffnen.» So entsteht derzeit bei der Bramberg-Turnhalle eine weitere Station. Weiter können Unternehmen ihr Interesse an einer Station an ihrem Standort anmelden. «Die Anzahl Stationen ist nicht ein Kostentreiber», sagt Birrer. Jedoch kann die Stadt die Zahl der Velos nicht erhöhen und muss bei neuen Stationen die bestehenden Velos neu verteilen.

Ebikon ist zufrieden mit der aktuellen Situation

Ein Standort-Konzept hat auch Ebikon. Hier verzichtet man jedoch darauf, die Hanglagen mit Nextbike-Stationen zu versorgen. Die Stationen befinden sich daher nur im Talboden – in einem Abstand von maximal 300 Metern zueinander, wie Gemeindesprecher Anian Heierli erklärt.

In Ebikon befinden sich die Nextbike-Sationen alle im Talboden. (Bild: Screenshot Nextbike-App)

Diese Strategie hat sich bewährt. 2022 hat die Zahl der Nextbike-Fahrten in Ebikon im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent zugenommen. Damit gibt sich Ebikon zufrieden. Vorerst sind nämlich keine weiteren Standorte geplant.

Stationen lassen in Kriens und Emmen zu wünschen übrig

Anders sieht es in Emmen aus. Ein Standort-Konzept gibt es derzeit nicht, erklärt Gemeindesprecher Philipp Bucher. Es sei aber eines in Erarbeitung. Erst dann könne evaluiert werden, ob das bisherige Angebot genügend gross und gut verteilt ist. Die bestehenden Standorte hat die Firma Nextbike für Emmen bestimmt. So lässt sich erklären, wieso die Standort-Dichte in der 30'000-Einwohner-Gemeinde relativ klein ist.

Die Stationen in Emmen befinden sich vor allem in Emmenbrücke. (Bild: Screenshot Nextbike-App)

Auch Kriens hat es bisher verpasst, ein gut verteiltes Netz an Nextbike-Stationen zu installieren. Ein Standort-Konzept fehlt auch hier. Dies ist auch Einwohnerrat Raoul Niederberger (Grüne) nicht entgangen. Er hat darum im Mai ein Postulat eingereicht, in dem er den Stadtrat auffordert, das Angebot im Obernau und am Sonnenberg auszubauen (zentralplus berichtete).

Die Nextbike-Wüste in diesen Quartieren hat der Stadtrat erkannt. Er hat darum Ende August beim Parlament einen Kredit in der Höhe von 50'000 Franken beantragt. Damit soll einerseits der Unterhalt der bestehenden Standorte gesichert werden, weil seit der Neuorganisation von Nextbike die Luzerner Caritas diesen Dienst nicht mehr kostenlos übernimmt. Anderseits dienen 10'000 Franken dieses Kredits dem Ausbau neuer Stationen stadtauswärts. Dem Kredit muss das Parlament jedoch erst zustimmen.

Stadtauswärts ab dem Zentrum hat es in Kriens keine Nextbike-Stationen mehr. (Bild: Screenshot Nextbike-App)

Horw ist Spitzenreiterin in der Agglomeration

Bleibt Horw. Von allen Agglomerationsgemeinden hat Horw die höchste Nextbike-Dichte. Diese Strategie folgt keinem Konzept, sondern basiert auf dem einfachen Grundsatz, dass ein attraktives Netz an Standorten verfolgt. So die Argumentation von Silvia Hanssen, stellvertretende Leiterin Natur und Umwelt bei der Gemeinde.

In Horw sind die Stationen gleichmässig verteilt. Das macht sich bezahlt. (Bild: Screenshot Nextbike-App)

Auch eine Evaluation der Standorte gibt es nicht, aber Hanssen führt aus: «Fakt ist, dass das aktuelle Netz attraktiv ist und die Velos rege benutzt werden: Im Jahr 2022 wurden in Horw 12'826 Velos ausgeliehen, was auf regionaler Ebene, nach Luzern, die zweithöchste Anzahl in einer Gemeinde darstellt.» Zum Vergleich: Ebikon mit einer ähnlich grossen Bevölkerung zählte 2022 lediglich 2'300 Fahrten.

Das Beispiel Horw zeigt eindrücklich auf: Wo es Nextbike-Velos gibt, werden diese auch benutzt. Wenn es den Agglomerationsgemeinden mit der von ihnen angestrebten Förderung des Veloverkehrs ernst ist, sollten sie sich diesem Zusammenhang bewusst sein.

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2 Kommentare
  • Profilfoto von Beat Breu
    Beat Breu, 07.09.2023, 20:12 Uhr

    Eventuell sollte man diese Velo auch nicht bis zum Exzess subventionieren.Kann ja nicht sein,dass bei jeder!!! Fahrt 30 Minuten gratis sind.Aber in der heutigen Zeit muss halt für alles der Staat oder halt Kanton aufkommen.

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    • Profilfoto von Markus Rotzbeutel
      Markus Rotzbeutel, 08.09.2023, 12:53 Uhr

      Immerhin deutlich weniger subventioniert als die lieben Autofahrer.

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