Umstrittene Jahrhundertprojekte

Lobbyismus für die Tunnel? Zuger Regierung steht in Kritik

Das Ostportal des geplanten Umfahrungstunnels in Unterägeri am Ufer des Ägerisees. (Bild: zvg)

Eine Milliarde Franken, zwei Strassentunnel, eine Abstimmung: Im März entscheiden die Zuger, ob gebaut wird. Nun kritisiert die ALG, der Abstimmungskampf sei einseitig.

Die beiden geplanten Umfahrungstunnel in Zug geben erneut zu reden. Teile der politischen Linken zweifeln an der «Neutralität der behördlichen Abstimmungskampagne». Nun muss die Regierung dazu Stellung beziehen. Zeitgleich hat sich ein neuer Verein gegründet. Auch er wirft der Regierung vor, die negativen Aspekte der Tunnel zu verschweigen.

Die geplanten Umfahrungstunnel in Zug

Für alle, die hinter dem Mond leben oder nicht in Zug, die Einbettung: Wegen der starken Verkehrsbelastung in der Stadt Zug und in der Gemeinde Unterägeri will der Kanton zwei Umfahrungstunnel bauen. Gemeinsam werden sie über eine Milliarde Franken kosten, sollen den Verkehr in den Zentren aber um 75 Prozent reduzieren (zentralplus berichtete).

Das Nordportal des Tunnels in der Stadt Zug mündet in die Gubelstrasse. (Bild: Kanton Zug)

Die Bürgerlichen befürworten den Tunnel, die Alternative – die Grünen (ALG) macht Stimmung dagegen. Mitglieder der Partei befürchten, dass der Verkehr durch die Tunnel zunehmen wird. Ausserdem kritisieren sie den ökologischen Fussabdruck der Megaprojekte.

Der Kantonsrat hat den Richtplan, in dem die Tunnel verankert sind, im Juni deutlich angenommen. Am 3. März 2024 kommen die beiden Tunnel nun in getrennten Vorlagen vors Volk. Am 6. November gab es in der Ägerihalle in Unterägeri daher einen Informationsabend über das Projekt. Jetzt hat dieser Abend Welle geschlagen.

Fünf Redner für den Tunnel, einer dagegen

Die Kritik kommt vom ALG-Kantonsrat Andreas Iten aus Oberägeri. Er ist Präsident des Komitees «Schutz vor Mehrverkehr», das von der örtlichen GLP unterstützt wird und sich gegen den Umfahrungstunnel Unterägeri zur Wehr setzt.

«Die Veranstaltung der Tunnelvorlagen war zwar informativ, aber die einseitige Tendenz in der Diskussion hat Bedenken bezüglich Ausgewogenheit und Neutralität aufgeworfen», schreibt der Kantonsrat auf Anfrage von zentralplus. Er habe daher in Zusammenarbeit mit dem Komitee eine kleine Anfrage beim Regierungsrat eingereicht.

In der Ägerihalle hat eine Informationsveranstaltung für Kritik gesorgt. (Bild: Zug Tourismus)

Darin fragt er, wie viel sich die Regierung «den einseitigen Abstimmungskampf» kosten lasse und wie sie faire, transparente und neutrale Informationen für die Zuger garantieren wolle. Bei der Veranstaltung in der Ägerihalle seien fünf von sechs Rednerinnen für den Tunnel eingestanden, nur er habe auf der Bühne dagegen argumentiert.

Für zukünftige Veranstaltungen wünscht sich das Komitee ein Format mit zwei Pro- und Contra-Rednerinnen. «Dies würde zu einer faireren Darstellung der Thematik beitragen», sagt Andreas Iten zu zentralplus. Die Zuger Regierung äussert sich derweil nicht zu dem Vorstoss, da es sich um ein laufendes Verfahren handle. Auf Anfrage versichert der zuständige Sprecher, dass der Regierungsrat die kleine Anfrage fristgemäss beantworten werde.

Ein Verein gegen die Tunnel hat sich gegründet

Gegenwind erhält die Zuger Regierung nicht nur aus Oberägeri, sondern auch von einem neuen Verein. Am 13. November hat sich in Zug der Verein für eine nachhaltige Mobilität im Kanton Zug gegründet, wie er in einer Mitteilung schreibt. Im Vorstand sitzen der Kantonsrat Andreas Lustenberger (ALG), die ALG-Co-Präsidentin Trix Gubser sowie die Gemeinderätin Julia Küng (ALG). Ebenfalls dabei sind Philipp Kissling vom VCS und Michel Kalauz aus der Geschäftsleitung der SP Zug.

«Der Regierungsrat hat den Abstimmungskampf in eine einseitige Show verwandelt und hüllt den Kanton in eine rosa Tunnelwolke.»

Katharina Jans, Verein für eine nachhaltige Mobilität im Kanton Zug

Die Vorstandspräsidentin des Vereins, Katharina Jans, erklärt auf Anfrage von zentralplus, warum sich der Verein gegründet hat: «Der Regierungsrat hat den Abstimmungskampf in eine einseitige Show verwandelt und hüllt den Kanton in eine rosa Tunnelwolke.» Ziel des Vereins sei es, die Bevölkerung über negative Folgen der Tunnel aufzuklären und die Gegenkomitees unter einem Dach zu bündeln.

Als Koordinator der Gegenkampagne könne sich der Verein auch vorstellen, bei künftigen Informationsabenden als Gegenstimme aufzutreten, erklärt Jans, die hauptberuflich im Vorstand des WWF sitzt. «Sofern der Regierungsrat die Informationsveranstaltungen zukünftig ausgeglichener gestaltet, also nicht mit einer einseitigen Show, wie das in Unterägeri der Fall war.» Der Verein unterstütze ausdrücklich die kleine Anfrage von Andreas Iten beim Regierungsrat.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Charly Keiser, Sprecher Baudirektion des Kantons Zug
  • Schriftlicher Austausch mit Katharina Jans, Präsidentin des Vereins für eine nachhaltige Mobilität
  • Schriftlicher Austausch mit Andreas Iten, Kantonsrat ALG
  • Medienmitteilung zur Gründung des Vereins für eine nachhaltige Mobilität
  • Kleine Anfrage von Andreas Iten, Kantonsrat ALG
  • zentralplus Medienarchiv
  • Website des Kantons Zug zu den Tunnel-Vorlagen
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7 Kommentare
  • Profilfoto von Ursula Strub
    Ursula Strub, 21.11.2023, 15:55 Uhr

    Es handelt sich bei den zwei Projekten nicht um Umfahrungen, wie sie der Regierungsrat benennt. Es sind schlicht und ergreifend: Tunnels. Aber Umfahrung tönt besser! Und täuscht vor, dass die Autos die Zentren umfahren, also weg sind. Bei Tunnels ist das Gegenteil der Fall. Um die durchfahrenden Autos aus den Zentren fernzuhalten, baggert man mitten durch die Stadt/das Dorf jahrelang ein Loch, fährt den Aushub und das Baumaterial mit Riesenlastern durch die Stadt/das Dorf weg, rsp. wieder ein und hat für mehr als ein Jahrzehnt Baustellen im und rund um das zu entlastende Zentrum herum. Am Ende hat man dann zwar 2 Portale, viel Geld ist in die Bauwirtschaft geflossen, aber, da noch absolut keine Begleitmassnahmen geplant oder zumindest bekannt sind, werden die Zentren nur marginal entlastet, denn der Verkehr ins Zentrum, das ja weiter leben soll, ist nicht geregelt.

    Mag sein, dass sich die Regierung sagt, wir haben ja über ein Jahrzehnt Zeit, das anzuschauen, bis die Tunnels dann fertig sind. Anschauen ist aber nicht kostenneutral! Um z.B. in Zug den Fussgängerverkehr auf der Westseite des Bahnhofs zu regeln, braucht es wieder neue Bauten und Umwege. Um von z.B der Ägeristrasse ins Metalli zu gelangen, kann man den Tunnel nicht nutzen, sie fahren also weiter durch die Neugasse. Um die ganzen Autos, die aus dem Zuger Portal beim Bahnhof rauskommen, wieder zu verteilen, werden neue Strassenbauten nötig. Etc, etc. Aber wenn wir der undurchdachten Planung zustimmen, um dem Kanton freie Hand für Planung und Bau zu geben, haben wir nachher zumindest nicht nochmals an die Urne zu gehen, es genügt, wenn wir aus der Ferne zuschauen wie der Kanton völlig unkontolliert durch das Stimmvolk hunderte Millionen nach Gutdünken verlocht.

    Und wem nützt‘s eigentlich? Zugegeben, die Menschen aus Zug Süd, Oberwil und Walchwil darf’s freuen, dass der gesamte Kanton einige 100 Millionen verbaut für sie. Zug’s Westen und Norden wird im Verkehr versinken, die Zuger Gemeinden in der Ebene, der Ennetsee und der Berg werden an ein Projekt bezahlen, das sie voraussichtlich nie nutzen werden, weil sie entweder nach Zug ins Zentrum oder überhaupt nicht mit dem Auto nach Zug fahren wollen. Nur weil wir es uns zurzeit leisten können – das ist die denkbar schlechteste Begründung für diesen Unsinn. Und Zahlen in die Welt zu setzen, die gar nicht berechnet werden können, weil ja noch niemand, nicht mal die Baudirektion weiss, was noch auf uns zukommt, das ist höchst unredlich.

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  • Profilfoto von Corry Gunz
    Corry Gunz, 21.11.2023, 09:39 Uhr

    Was wäre denn die Alternative zu den Tunnels? Man kann doch nicht jedes Jahr tausende Menschen zusätzlich in den kleinen Kanton Zug quetschen, und an der Infrastruktur nichts ausbauen. Der ÖV ist bekanntlich ebenso am Anschlag, und bei Regen und Schneefall längere Velostrecken zu absolvieren auch nicht gerade jedermanns Sache.

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    • Profilfoto von Oliver Heiler
      Oliver Heiler, 21.11.2023, 15:45 Uhr

      Wenn sämtliche Parteien verhindern, dass mitten in der Stadt Zug – auf dem Areal An der Aa – verdichtet gebaut wird und so nur 100 anstelle von 800 möglichen Wohnungen gebaut werden, dann werden logischerweise Tunnels gebaut. Sonst kommen die Menschen nicht zur ihren Büros in Mitten der Stadt Zug!

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      • Profilfoto von Zuger Kerl
        Zuger Kerl, 21.11.2023, 19:19 Uhr

        Wie kann man immer falsch Argumentieren. 800 Wohnungen haben auf dem Areal gar keinen Platz

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        • Profilfoto von Oliver Heiler
          Oliver Heiler, 22.11.2023, 10:58 Uhr

          Kleines Rechenbeispiel für den Zuger Kerl:

          35‘000 m2 (Arealfläche) 3.5 (Ausnützungsziffer) = 122‘500 m2 (Geschossfläche)

          122‘500 – 25‘000 (ZVB/RDZ/Kantonsverwaltung) = 97‘000 m2

          Stimmt, es reicht sogar für knapp 1‘000 Wohnungen, wenn man auf Büros verzichtet.

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          • Profilfoto von Zuger Kerl
            Zuger Kerl, 22.11.2023, 21:12 Uhr

            Die Rechnung stimmt nicht für die Parzelle an der Aa. Hier gilt das Hochhausreglement nicht. Oder wer will drei Parktower auf diesem Areal oder eine 40m hohe, lange Wand? Lebensqualität lässt grüssen

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  • Profilfoto von Black Pearl
    Black Pearl, 21.11.2023, 08:56 Uhr

    Und wieder verrennt sich der Regierungsrat. Dabei sind doch teilweise noch die selben Personen im Amt. Wieso kann man ein Volksmehr nicht akzeptieren?

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