Nach temporärer Einstellung der Linie 5

Die VBL üben sich mit ungewöhnlichem Schritt in Selbstkritik

Die VBL-Mitarbeiter Andrea Arnet (v.l.), Dominik Birrer, Mario Bühlmann und Daniel Camenzind im Depot der Verkehrsbetriebe. (Bild: mst)

Nachdem die Verkehrsbetriebe Luzern bekannt gaben, die Buslinie 5 temporär einzustellen, setzen sie nun auf unkonventionelle und erfrischende Kommunikation. Die Mitarbeiter beschreiben die Probleme unbeschönigt.

Normalerweise nehmen an Pressekonferenzen immer die «hohen Tiere» teil. Geschäftsführer, Stadtpräsidenten, Angestellte im hohen Kader. Diese sind medial geschult und wissen, was sie sagen sollen – und was besser nicht. Eine – zumindest für Journalisten – angenehme Abwechslung war deshalb die Medienkonferenz am Dienstagvormittag im Depot der Verkehrsbetriebe Luzern (VBL).

Dort standen keine CEOs, Verwaltungsräte oder Parteipräsidentinnen den Medien Red und Antwort, sondern «normale» Mitarbeiter. Ein Buschauffeur, ein Fahrdienstteamleiter, der Leiter des Betriebsbüros und die stellvertretende Leiterin der Personalabteilung.

Mitarbeiter an der «Front» sprechen ungeschönt

Sie waren gekommen, um zusammen mit dem VBL-Mediensprecher Sämi Deubelbeiss über die temporäre Einstellung der Buslinie 5 zu sprechen, die am vergangenen Mittwoch bekannt wurde. Zur Erinnerung: Die VBL werden diese Linie, die von Emmen nach Kriens führt, ab Donnerstag bis voraussichtlich am 10. Dezember wegen eines Mangels an Chauffeuren komplett einstellen, danach wird sie wohl eingeschränkt wieder aufgenommen (zentralplus berichtete).

Ziel der Medienkonferenz war es, die Mitarbeiter an der «Front» über das Thema und generell über die Arbeitsbedingungen berichten zu lassen. Und das taten sie – und zwar ungeschönt. Den Teilnehmern war es anzumerken, dass sie für den Betrieb leben und dass es ihnen leidtut, dass sie den Fahrgästen nicht mehr den normalen Betrieb anbieten können.

Schraube zu spät angezogen

Andrea Arnet, stellvertretende Leiterin der Personalabteilung, erklärte, wie es überhaupt zum Personalmangel bei den VBL kam. Im vergangenen Jahr hätten die Verkehrsbetriebe einen Personalüberbestand gehabt mit «erfreulich wenigen Kündigungen». Deswegen habe man daraufhin weniger neues Personal rekrutiert. «Selbstkritisch kann man sagen, wir haben es verpasst, die Schraube bei der Personalrekrutierung anzuziehen», befand Mediensprecher Sämi Deubelbeiss.

Arnet erklärte, seit Monaten gebe es nun wieder vermehrt Kündigungen. «Dadurch sind wir in einen Personalengpass gerutscht.» Ausschlaggebend für die temporäre Einstellung der Buslinie 5 seien zudem kurzfristige Absenzen.

Mehrere Chauffeure springen ab

Ein weiterer Grund: Anfang Jahr gaben die Verkehrsbetriebe bekannt, die von der Heggli AG betriebenen Linien 9, 11, 14, 15, 16 und 21 per Ende 2023 zu übernehmen (zentralplus berichtete). Zuvor hatte die Krienser Transportfirma diese Linien jahrelang mit 50 eigenen Chauffeuren im Auftrag der VBL betrieben. Diese 50 Chauffeure wollten die VBL übernehmen, jedoch sei es dieses Jahr zu Abgängen gekommen, sodass die VBL diese Buslinien nun mit eigenen Chauffeuren betreiben müssten, die wiederum für andere Linien fehlten. Grund: Die von der Heggli AG betriebenen Linien dürfen gemäss dem Verkehrsverbund Luzern nicht gekürzt werden. Darum mussten die VBL laut eigenen Angaben an ihrem eigenen Angebot Kürzungen vornehmen – die Wahl fiel auf die Linie 5.

Doch weshalb kommt es überhaupt immer wieder zu Kündigungen? Buschauffeur Daniel Camenzind sagte an der Pressekonferenz: «Ich höre von vielen Kollegen, dass die Verkehrssituation belastend sei. In der Stadt Luzern muss man als VBL-Chauffeur immer 150 bis 200 Prozent konzentriert sein.» Der Verkehr nehme zu, die Busse würden deswegen unpünktlicher, was wiederum die Fahrgäste vergraule. «Ich habe Kollegen, die sagen, sie würden zu Postauto wechseln, dann hätten sie den Verkehr und den Stress nicht.»

Neues Parkregime regt Mitarbeiter auf

Camenzind sprach zudem einen anderen – bisher wohl unterschätzten – Grund für diverse Kündigungen an. Die VBL führten für das Depot an der Tribschenstrasse ein neues Parkregime ein. Früher konnten die Mitarbeiter gratis parkieren. Tempi passati, denn seit Juni müssen die Angestellten zehn Franken pro Tag bezahlen – ausgenommen sind Angestellte im Früh- oder Spätdienst. «Das kam bei vielen Fahrdienstmitarbeitern nicht wahnsinnig gut an», sagte Camenzind. Es gebe Chauffeure, die eine lange Anreise hätten und auf das Auto angewiesen seien.

Gefragt, was die VBL-Angestellten für Wünsche an die Politik haben, sagte Mario Bühlmann, Teamleiter Fahrdienst und damit selbst ab und zu hinter dem Steuer: «Mehr Busspuren, damit wir für unsere Fahrgäste beispielsweise im Feierabendverkehr wieder attraktiver werden.» Auch Ampelphasenbevorzugungen seien ein gutes Mittel. Kollege Dominik Birrer, Leiter der Leitstelle und des Betriebsbüros, führte aus, dass die VBL immer mehr Probleme mit dem Verkehr hätten. «Zu den Stosszeiten, bei Baustellensituationen und wenn irgendwo ein Unfall ist, haben wir ein Problem. Dann sind unsere Busse verspätet.»

Pressesprecher Deubelbeiss fasste es so zusammen: «Wenn der ÖV nicht mehr verlässlich ist, verzichten mehr Leute auf den ÖV.» Trotzdem seien diese Leute unterwegs, was mehr Verkehr mit sich bringe und das Problem verschärfe. Ein Teufelskreis.

Mehr Chauffeure aus dem Ausland

Doch es gibt auch Lichtblicke. Die VBL rekrutieren seit diesem Sommer auch Chauffeure aus dem Ausland (zentralplus berichtete). 13 Personen habe man seither aus Deutschland stellen können. Zudem würden im kommenden Jahr die Löhne um 2,5 Prozent erhöht.

Es ist also nicht alles schlecht bei den Verkehrsbetrieben. Festzustellen gilt es: An den «Front»-Mitarbeitern liegt es kaum, dass die Verkehrsbetriebe Luzern derzeit eine schwierige Zeit durchmachen.

Verwendete Quellen
  • Besuch der VBL-Pressekonferenz
  • Medienarchiv zentralplus
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12 Kommentare
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    Otilde, 15.12.2023, 15:35 Uhr

    Busspur in Kriens von Nöten. Dann muss der Bus im Stau stehen!

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  • Profilfoto von BusfahrerLuzern
    BusfahrerLuzern, 02.11.2023, 09:17 Uhr

    Da ich selber als Busfahrer hier fahre weiss ich wo der Hund begraben liegt.Das Hauptproblem liegt natürlich bei der Personalabteilung.Es gibt Teilweise Personalentscheidungen da kann man nur lachen.Oder man möchte fast sagen Vetternwirtschaft oder sowas.
    1. Anpassen der Taktzeiten auf den Linien:10,11,9,2,14 im Moment fahrlässiger Betrieb
    2.504 min oder 8,4h über den ganzen Tag zu verteilen ist echt schlecht.(Bei dem schlechten Lohn)
    3.Ältere Angestellte ehrliche Lohnanpassung
    Unsere Pausen verbringen wir zusammen gepresst am Bahnhof,für eine vernünftige Pause viel zu eng. Keine Wegzeit bezahlt zum Weinbergli wo man vernünftig Essen könnte.Am Endpunkt keine Zeit auf Toilette zu gehen bzw und das Fahrzeug zu kontrollieren.
    4.7 min Früh für die Fahrzeugkontrolle (Bezahlte Zeit ) So schön ist es für die Stadt Luzern zu fahren.
    Das ist nichts ausser die reine Wahrheit
    Mit freundlichen Grüssen

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    Mimi, 01.11.2023, 19:37 Uhr

    In Deutschland am Leute suchen?! Dann sind die Löhne/Arbeotsumstände zu schlecht! Ich kenne einige, die gerne im öffentlichen Verkehr fahren würden, so wie es aussieht hat die Vbl AG leider nicht das Richtige bzw. genügend zu bieten als Gegenleistung für die Verantwortung, Flexibilität und bebötigte Aufmerksamkeit für den Stadtverkehr für die man in Luzern bereit sein muss!

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    schaltjahr, 01.11.2023, 14:51 Uhr

    Klassisches Managerversagen .. Black nur auf Bonus und Abzicken .. Personal, Fahrgäste und Service Public sind nur lästig .. We mit vbl Fahrern spricht merkt bald, dass der Exodus bald noch grösser wird .. Mit ein bisschen Palavern und sich in die Opferrolle stellen ist es nicht getan .. Die vbl Führung und der Verwaltungsrat gehören auf den Müll und Entlassen. Aber die Stadt hat den Mut dazu wohl wieder nicht ..

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      Marc Wieser, 02.11.2023, 02:24 Uhr

      Ihr Kommentar ist unterste Schublade. Menschen „auf den Müll“ zu werfen scheint Ihnen legitimes und simplifiziertes Mittel für vielschichtige Probleme zu sein. Ich hoffe, Ihr Arbeitgeber ist empathischer unterwegs, falls Ihr Bereich zukünftig nicht die erhoffte Performance erreicht.

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    Jaap Super, 01.11.2023, 11:53 Uhr

    Trotz verzweifelter Image-Kampagnen scheint die Reputation der VBL weiter zu schwinden. Es wird offensichtlich ein Kampf mit den Schatten der Vergangenheit geführt.

    Hauptverantwortlich für das Debakel ist nach meiner Einschätzung VR-Präsidentin Renzo Simoni. Der von Amtsbesessenheit geprägte Simoni, verkörpert ein beunruhigendes Muster von Unfähigkeit. Dies hat dazu geführt, dass wichtige Entscheidungen nicht im Sinne des Unternehmens getroffen wurden, sondern vielmehr im Dienste persönlicher Ambitionen.

    Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat frühzeitig erkannt, dass Simoni nicht die richtige Person für die Position des Bundesvertreter bei der Swisscom war, und hat seine Abberufung als Verwaltungsrat eingeleitet.

    Während Frau Sommaruga die Notwendigkeit eines Wechsels in der Verwaltungsrat erkannt hat, scheint die Luzerner Stadtregierung den Ernst der Situation noch nicht erfasst zu haben. Durch ihr Zögern und ihre Passivität provoziert sie weitere finanzielle Verluste und das Vertrauen der Luzerner Steuerzahler.

    Es ist von grösster Wichtigkeit, die Machtstrukturen bei der VBL zu hinterfragen und sicherzustellen, dass der Verwaltungsrat im Interesse des Unternehmens handelt. Nur so kann ein gesundes Unternehmensumfeld gewährleistet werden, das auf Vertrauen und Integrität aufbaut.

    Die VBL steht vor einer Herausforderung, die es zu überwinden gilt, um Vertrauen und Stabilität zurückzugewinnen. Dazu bedarf es als ersten Schritt der sofortigen Rückzahlung der unrechtmässig bezogenen Subventionen!

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    • Profilfoto von Marc Wieser
      Marc Wieser, 02.11.2023, 02:15 Uhr

      Sie scheinen ein sehr grosses persönliches Problem mit der VBL zu haben. Lange Zeit haben Sie Unmengen von Kommentaren gegen den früheren CEO verfasst. Nun, da die Geschäftsführung ausgewechselt und der grosse Teil des Verwaltungsrates zurückgetreten ist, scheinen Sie sich auf den neuen VR-Präsidenten eingeschossen zu haben. Könnte es sein, dass da persönliche Rachegelüste in Ihren Anschuldigungen mitschwingen?

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      • Profilfoto von MartinMartin
        MartinMartin, 02.11.2023, 10:13 Uhr

        Oh ja die hat Herr Super Thema Hotel in Stans ……. welches dazumal von der Vbl übernommen wurde ist noch nicht verdaut. Siehe Leserbriefe von dazumal und bei uns in Stans gingen die Wellen hoch.

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        Jaap Super, 02.11.2023, 15:25 Uhr

        Sie haben wohl keine Ahnung, wie diese feine Leute die Chauffeure, Geschäftspartner und Geldgeber behandeln. Es ist nicht fair die Täter als Opfer darzustellen oder die Opfer als Täter zu betrachten. Ich habe meine bittere Erfahrungen mit sämtlichen erwähnten Akteuren gemacht. CEO Laurent Roux, möchte ich an dieser Stelle explizit ausschliessen. Er macht einen sehr guten Job und wirklich das Beste aus dieser zweifellos schwierigen Situation.

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    Hanswurst, 01.11.2023, 09:47 Uhr

    Zu dieser neuartigen und transparenten Informationspolitik kann man der vbl nur gratulieren! Die Probleme werden ehrlich und plausibel kommuniziert – nur wer versteht, hat auch echtes Verständnis und kann Probleme lösen. Da können z.B. ewl oder die Behörden von Stadt und Kanton nur lernen: An Stelle teflonbeschichteter, schönredender CEOs und Politiker sowie faktendrehender Mediensprecher und -innen einfach offen und ehrlich kommunizieren, wie vbl eben.

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    Ein Chauffeur, 01.11.2023, 09:22 Uhr

    So gut gemeint diese Aktion auch ist, man kann sehr stark davon ausgehen, dass bei der Auswahl der «Stimmen aus der Basis» nur die glattgebügeltsten, vorgeimpftesten Mitarbeiter ausgewählt wurden. Diese PK sagt genau 0,0% über das Innenlaben dieser Firma aus!

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    • Profilfoto von BusfahrerLuzern
      BusfahrerLuzern, 02.11.2023, 08:54 Uhr

      Du sagst es leider ist es so,die Kollegen sind entweder erst neu oder sagen nur die Hälfte der Wahrheit.Oder sind kaum im Fahrdienst tätig.

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