Touristen-Sensoren werden weiter genutzt

Stadt Luzern will Lösung wie im Europa-Park

Langfristig möchte die Stadt Luzern Touristenströme besser lenken und Besucherandränge verhindern, sagt Silvia Muff. (Bild: Emanuel Ammon/zvg)

In einem Pilotprojekt haben Luzern Tourismus und die Stadt gemessen, wie viele Personen sich täglich an fünf bekannten Plätzen aufhalten. Die Stadt will das Projekt mit gewissen Änderungen weiterführen.

Wie viele Touristinnen stehen sich täglich vor dem Löwendenkmal gegenseitig auf die Füsse? Und wie viele stoppen auf der Kapellbrücke für ein Selfie? Im März hat die Stadt Luzern gemeinsam mit der Luzern Tourismus AG in einem Pilotprojekt Sensoren auf fünf Tourismusplätzen installiert, um Antworten auf diese Fragen zu erhalten (zentralplus berichtete). Die Idee dahinter: Wissen sie, wann wie viele Touristen eine Sehenswürdigkeit besuchen, können sie diese besser durch die Stadt lenken, damit sie sich und den Einheimischen nicht im Weg stehen.

Am Dienstag zieht die Stadt nun eine positive Bilanz. Die Ziele des Projekts seien «grösstenteils erreicht» und die Daten bildeten eine gute Grundlage für künftige Messungen und eine Verbesserung des Besuchermanagements. Gut 60’000 Franken kostete das Projekt, wobei die Stadt 24’000 Franken zahlte und Luzern Tourismus den Rest, wie die städtische Projektleiterin Tourismus, Silvia Muff, auf Anfrage ausführt. Per Januar 2024 will die Stadt die Projektleitung der Messung von der Tourismusorganisation übernehmen und aus dem Pilotversuch eine dauerhafte Messung machen.

Anzahl Smartphones oder Anzahl Personen?

Einfach weitermachen wie gehabt will die Stadt Luzern indes nicht. Im Rahmen des Projekts habe es verschiedene Probleme gegeben, wie Muff sagt. Beispielsweise hätten die in Outdoor-Boxen eingebauten Tracker gelegentlich Verbindungsprobleme gehabt, was zu temporären Messausfällen geführt habe.

Zudem sei die Aussagekraft der Zahlen nicht bei jedem Standort gleich gut gewesen. «Beim Schwanenplatz, der sehr viele Zu- und Abgänge hat, sind wir mit dem Wifi-Tracker an die Grenzen gestossen. Ähnlich verlief es beim Rathausquai.» Denn: Die eingesetzten Wifi-Tracker zählten nicht Personen, sondern die Anzahl Geräte einer Person, die WLAN empfangen. Trug ein Passant also ein Smartphone, eine Smartwatch und ein Tablet bei sich, wurde er dreimal gezählt.

Bei der Kapellbrücke nutzte die Stadt zusätzlich einen Radarsensor, um die Zahlen vergleichen zu können. Dabei hat sich gezeigt: Durchschnittlich trugen Personen 1,5 bis 2,5 Geräte auf sich – die gemessenen Zahlen müssten also mindestens um diesen Faktor korrigiert werden.

Das beweisen auch die Zahlen. Für den August mass der Wifi-Tracker folgende Zahlen für die Standorte: Löwendenkmal rund 120’000 Geräte, Rathausquai rund 500’000, Hertensteinstrasse und Schwanenplatz je 170’000 und Kapellbrücke 180’000. Muff betont, dass die Zahlen des Rathausquais so nicht stimmen können. Dies beweisen Zählungen von Hand, die die Stadt zur Kontrolle gemacht habe. Die Zahlen müssen also noch bereinigt werden.

Wie viel der Betrieb kostet, ist noch unklar

Bis Mitte März testet die Stadt Luzern am Schwanenplatz deshalb eine neue Technologie, welche die Personen direkt zähle. Dieses System messe sowohl Besucherfrequenzen als auch Carbewegungen. Der Sensor übermittle verschlüsselte, nicht personenbezogene Metadaten und es seien zu keinem Zeitpunkt Personen erkennbar, wie Muff beteuert. Die Vorsicht kommt nicht von ungefähr: Im Vorfeld beäugten Datenschützer die Messsysteme kritisch (zentralplus berichtete). Nebst dem neuen System lässt die Stadt die Wifi-Tracker bis mindestens Ende 2024 weiterlaufen, um die Zahlen vergleichen zu können.

Wie viel der Betrieb des Messsystems jährlich kosten wird, kann Silvia Muff noch nicht sagen. Dies hänge unter anderem davon ab, ob die Stadt im Laufe des Jahres an allen Standorten auf das neue Zählsystem umstelle und weitere Standorte hinzunehme. Die Installation des neuen Systems schlage jedoch mit 15’000 Franken zu Buche. Einen Extra-Beschluss des Grossen Stadtrats brauche die Weiterführung nicht, da dieser Anfang 2022 der «Tourismus Vision 2030» zugestimmt habe. Diese sieht unter anderem eine «kluge Gästelenkung» vor. Damit habe der Rat sein Einverständnis für die Entwicklung eines Systems zur Besucherlenkung gegeben.

Stadt will Bevölkerung erneut den Puls fühlen

Einen Zeitplan für allfällige weitere Standorte hat die Stadt Luzern ebenfalls noch nicht. «Unser Fokus ist zunächst, dass wir an unseren fünf bisherigen Standorten eine zuverlässige Technologie haben.» Das will die Stadt ungefähr bis Ende 2024 erledigt haben. Danach könnte sie sich jedoch weitere Standorte in der Hertensteinstrasse oder ein Sensor in der Neustadt zum Vergleich vorstellen.

Zur intelligenten Besucherlenkung gehörten jedoch noch andere Themen, wie Muff betont: Demnächst möchte die Stadt auch die bisherigen Signale und Schilder überprüfen, um zu schauen, wo es eventuell zusätzliche Beschriftungen oder Orientierung braucht. Anfang 2024 möchte die Stadt eine weitere Bevölkerungsbefragung durchführen.

Im Rahmen der Begleitstudie der Hochschule Luzern habe sich gezeigt, dass das Empfinden gegenüber dem Tourismus sehr subjektiv ist, wie Muff ausführt. In Interviews mit Passanten habe sich herauskristallisiert, dass sich Leute vor allem gestört fühlten, wenn sie durch Touristen beim Gehen behindert werden. Also beispielsweise, wenn sie beim Weg über die Kapellbrücke mehrmals anhalten müssen, weil eine Touristengruppe Selfies oder Videos macht. Mit der Befragung wollen die Verantwortlichen die gesammelten Daten mit dem Empfinden der Stadtluzernerinnen verbinden, um dem Auftrag der Tourismusvision Rechnung zu tragen. Denn diese besage klar, dass der künftige Tourismus im Einklang mit den Bedürfnissen der Bevölkerung geplant werden müsse, so Muff.

Live-Zahlen zu Besucherandrang

«Unser langfristiges Ziel ist, dass wir Leuten zeigen können, wann es wo in der Stadt wie viele Personen hat.» Dabei stellt sich Muff beispielsweise ein Live-Ampelsystem vor, das je nach Besuchermenge grün, orange oder rot auf einem Dashboard, beispielsweise auf der Website von Luzern Tourismus, anzeigt. Weiter schwebt ihr vor, nicht nur Echtzeitdaten zu präsentieren, sondern Voraussagen zu treffen.

Gibt es eine solche Übersicht zu den Stosszeiten bald auch für Luzerner Sehenswürdigkeiten? (Bild: Screenshot: Google)

Sie malt sich dabei eine Übersicht ähnlich der Google-Funktion für Restaurants aus: «Wir wollen Besuchern sagen können, wie viele Personen sich samstags bei schönem Wetter am Nachmittag das Löwendenkmal anschauen.» Ziel davon sei eine indirekte Lenkung, wie bei den Warteschlangen vor den Bahnen des Europa-Parks: «Durchs Aufzeigen des Besucherandrangs kann jeder selbst entscheiden, ob er trotzdem genau zu diesem Zeitpunkt beispielsweise das Löwendenkmal besuchen will.» 

Hinweis: Zwei Textpassagen sind fürs bessere Verständnis präzisiert worden.

Verwendete Quellen
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