Die kuriosesten Luzerner Hotels öffnen ihre Türen
Am Tag der offenen Tür zeigen die Luzerner Hotels unter dem Motto «Please disturb» Einblicke in den Hotelalltag. Während sich die grossen und bekannten Luxusabsteigen herausputzen, haben auch die kleineren und unbekannteren Namen einiges zu bieten. Ein Streifzug durch die aussergewöhnlicheren Hotels in Luzern.
So gespannt schauen Menschen sonst wohl kaum drein, wenn es hinter Gitter geht. Die gut 20 Personen, die am Sonntagmittag auf die Führung im Hotel Barabas in Luzern warten, sind in freudiger Erwartung. Dann gehts los. Betriebsleiterin Jeaninne Parolini führt die Gruppe in den dritten Stock, wo die Tour beginnt.
Das Hotel Barabas war bis ins Jahr 1998 ein Gefängnis. Gebaut im Jahr 1862, waren hier unter anderem Hochstapler, Betrüger, Drogenhändler oder illegale Grenzübergänger eingesperrt. Heute ist es ein Hotel, schaut aber noch weitestgehend aus wie ein Knast.
Schüler sperrten Lehrer ein
«Kann man die Zellen immer noch absperren?», will ein Besucher wissen. Die Betriebsleiterin schmunzelt und antwortet mit einer Anekdote. Als das Gefängnis 1999 zu einem Hotel umfunktioniert wurde, haben die damaligen Betreiber als Erstes eine Schulklasse zum Probeschlafen eingeladen. Am Morgen seien dann alle Schüler zum Frühstück erschienen. Nur der Lehrer nicht. «Die Schüler hatten ihn in seiner Zelle eingesperrt. Daraufhin wurden die Schlösser so verschweisst, dass man die Türen von aussen nicht mehr abschliessen kann», erzählt Parolini.
Die Zimmer sind einfach eingerichtet. Mehrere Betten, Nachttische, ein Bad und Gitter vor den Fenstern. Die Türen zu den ehemaligen Zellen und die Gänge sehen nach wie vor aus wie ein Gefängnis. Das Gebäude halte sie auf Trab, erzählt die Betriebsleiterin. Es gebe immer wieder etwas zu flicken und zu erneuern. Das Hotel habe aber auch eine bewegte Zeit hinter sich.
Klub und Bar machten das Gefängnis zum Nightlife-Hotspot
Die ersten Betreiber, die das Hotel noch unter dem Namen Löwengraben führten, betrieben im unteren Teil des Hotels einen Klub. Später kam auch eine Bar rein. Das Gebäude sei während vieler Jahre mehr wegen des Nachtlebens und weniger wegen des Hotels bekannt gewesen, erzählt Parolini. Dementsprechend heruntergekommen sei es auch gewesen, als sie es 2018 übernommen hätten.
Seinen heutigen Namen hat das Hotel dank des Künstlers Hugo Siegrist alias Barabas. Der Maler war bis 1975 ebenfalls hier inhaftiert und verewigte sich mit einem Wandgemälde in einer der Zellen (zentralplus berichtete). Das Gemälde prangt immer noch an der Wand. Die Betriebsleiterin zeigt es stolz den Besuchern und führt sie dann weiter durch die Gänge des ehemaligen Gefängnisses. Vorbei an den Zellen, die nur noch von aussen Zeugnis ablegen über ihre früheren Bewohner.
«Do you speak english?» «No»
Szenenwechsel. Zehn Gehminuten vom Hotel Barabas entfernt, direkt an der Reuss, liegt das Hotel Pickwick. Bekannt ist es wohl aber auch vor allem wegen des Pubs im Erdgeschoss.
Beim Betreten der Gaststube fällt auf: Hier wird vor allem Englisch gesprochen. An den Tischen sitzen amerikanische und britische Reisegruppen, trinken Bier und essen typisches Pub Food. Ein junger Amerikaner steht am Tresen, bestellt Guinness und erkundigt sich, ob das Ketchup zu den Pommes nun zusätzlich koste oder nicht.
Eine Gruppe älterer Schweizer tritt ein und will das Hotel besichtigen, das sich über dem Pub verbirgt. «Do you speak english?», fragt die nette Mitarbeiterin. Die Antwort unisono: «No.»
In deutscher Begleitung geht es also in die Stockwerke über dem Pub. Die Zimmer hier überraschen. Während unten im Schankraum mit viel Holz authentische, aber auch etwas stickige Pubatmosphäre herrscht, sind die Zimmer hell und modern. Erst gerade seien sie renoviert worden, erzählt Ramona, die im Pub und Hotel arbeitet und die Besucher durch die engen Gänge führt.
Unten Guinness, oben Blick auf die Reuss
Besonders angetan sind die Besucher von der Lage. Der Blick der Zimmer geht direkt raus auf die Reuss und die Kapellbrücke. Dies sei es denn auch, was den Gästen besonders gut gefalle, erzählt Ramona. Vor allem internationale Besucher würden im Pub-Hotel absteigen. «Die Chinesen sind immer sehr zufrieden», plaudert Ramona. «Die Amerikaner beschweren sich hie und da, dass die Zimmer keine Klimaanlagen haben.» Solche einzubauen, sei aber halt nicht möglich. Schliesslich befindet sich das über 50-jährige Pub-Hotel in einem denkmalgeschützten Gebäude.
Das «Barabas» und das «Pickwick» sind zwei von 23 Hotels, die am Tag der offenen Tür teilnehmen. Ziel dessen ist es, den Besuchern einerseits einen Blick hinter die Kulissen der Betriebe zu ermöglichen, aber auch die Berufe der Hotellerie bekannt zu machen. Mehrere Tausend Besucher nehmen jährlich am Tag der offenen Tür teil.
Gut möglich, dass der eine oder andere Besucher am Sonntag zurückkommt, um einmal im Pub oder hinter Gittern zu übernachten. So meint zumindest ein Besucher im Hotel Barabas schmunzelnd: «Sieht eigentlich ganz gemütlich aus. Und wenn man wieder aus der Zelle herauskommt, passt ja alles.»
- Besuch am Tag der offenen Tür