Glasfaserausbau im Westen Luzerns

Warum zwischen Swisscom und Prioris Kabelsalat herrscht

Glasfaserkabel auf dem Land – eine sehr kostspielige Angelegenheit. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Mit dem Projekt Prioris bauen westliche Luzerner Gemeinden gemeinsam das Glasfasernetz in ihrer Region aus. Immer wieder schiessen die Verantwortlichen dabei gegen die Swisscom. Nun erklärt sich die Netzbetreiberin.

Ruckelfrei die neueste Netflix-Serie gucken oder ohne Probleme im Homeoffice an einer Videokonferenz teilnehmen. Was selbstverständlich klingt, ist für gut 19’000 Personen in abgeschiedenen Regionen Luzerns Wunschvorstellung. Betroffene Gemeinden spannen deshalb unter dem Projekt Prioris zusammen. Das Ziel: Alle ganzjährig bewohnten Haushalte und gewerblich genutzten Gebäude in ihrer Region mit einem Glasfasernetz erschliessen (zentralplus berichtete).

Das Projekt bewerkstelligen sie aber nicht mit der Grundversorgerin Swisscom, sondern mit einem noch unbekannten internationalen Unternehmen. Dieses übernimmt nebst der baulichen auch eine gewichtige finanzielle Rolle. Gut 150 bis 170 Millionen Franken soll das gesamte Projekt kosten. Davon übernehmen die Gemeinden rund 7,5 Millionen Franken, den Rest das Unternehmen.

Dabei stellt sich die Frage: Wieso müssen ländliche Gemeinden für schnelleres Internet Hilfe aus dem Ausland erbitten?

Ausbau in Willisau sorgt für Diskussionen

Zuletzt äusserten die Prioris-Verantwortlichen immer wieder deutliche Kritik an der Swisscom, insbesondere nach dem Absprung von Willisau. Gegenüber zentralplus bezeichnete Prioris-Präsident Franzsepp Erni den Glasfaserausbau in Willisau durch die Swisscom als «politisches Angebot». Und weiter: «Mit der Erschliessung von Willisau torpediert Swisscom unser Projekt» (zentralplus berichtete). Und auch die Luzerner Ständerätin Andrea Gmür (Mitte) und Nationalrat Michael Töngi (Grüne) fragen den Bundesrat in Vorstössen, weshalb die Swisscom der Gemeindeinitiative Steine in den Weg lege.

Von Verhinderungstaktik will die Netzbetreiberin jedoch nichts wissen. «Den Vorwurf, dass Swisscom nun ein Glasfasernetz ausbaut, um eine regionale Initiative wie Prioris zu verhindern, weisen wir entschieden von uns», schreibt Swisscom-Mediensprecherin Sabrina Hubacher auf Anfrage. «Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Willisau entspricht dem bewährten und etablierten Vorgehen mit allen Gemeinden schweizweit.»

«Die Kosten für die teuersten Fälle können im sechsstelligen Bereich ausfallen, was wirtschaftlich aus unserer Sicht nicht zu rechtfertigen ist.»

Sabrina Hubacher, Mediensprecherin Swisscom

Auch den Vorwurf, dass Swisscom die Region Luzern West links liegen lasse, lässt sie nicht gelten. Bis Ende 2028 möchte das Unternehmen in allen Siedlungsgebieten der Gemeinden Glasfasernetze gebaut haben, wie Hubacher schreibt. Der Ausbau sei für die Gemeinden und die Bevölkerung kostenlos.

Nur für Dörfer gibts Glasfaser kostenlos

Die Ausbauinitiative in ihrer Region genügt für den Prioris- und Ruswiler Gemeindepräsidenten Franzepp Erni jedoch nicht. Die Swisscom erschliesse dabei vor allem Liegenschaften innerhalb der Bauzonen mit Glasfaser. Sprich: Wer abseits vom Dorf wohnt, guckt in die Röhre. Gemäss Erni befinde sich in der Region Luzern West jeder vierte Haushalt ausserhalb der Bauzone. In der Biosphäre Entlebuch liege der Anteil sogar noch höher. «Dieser Teil der Bevölkerung droht damit langfristig benachteiligt zu werden.»

Eine weisse Karte der Region Willisau und Wolhusen. Darauf sind einige grüne und gelbe Punkte zu sehen. Sie sagt aus, dass abseits der Dörfer die Breitbandabdeckung unter 100 Mbit pro Sekunde liegt.
Eine Downloadgeschwindigkeit von 100 Mbit pro Sekunde (grün) ist ausserhalb der Städte und Dörfer dürftig bis inexistent. (Bild: maps.geo.admin)

Das Anliegen von Prioris sei es, dass alle Wohnungen und Betriebe ans Glasfasernetz angeschlossen werden – ob innerhalb oder ausserhalb des Dorfes. «Diese Gleichbehandlung und Solidarität sind Grundpfeiler des Projekts.» Dass die Swisscom ihren Glasfaserausbau auf Siedlungen konzentriere, gibt auch Sarbina Hubacher zu. Plane die Swisscom jedoch einen Ausbau, informiere sie die jeweiligen Gemeinden. Diese hätten jeweils die Möglichkeit, zusätzliche Gebiete ebenfalls ausbauen zu lassen. «In so einem Fall muss sich die Gemeinde an den Kosten in materieller oder finanzieller Form beteiligen – Swisscom leistet ebenso einen Beitrag an die Zusatzkosten.»

Über die genaue Kostenteilung könne sie jedoch keine pauschale Aussage treffen, da dies von den individuellen Rahmenbedingungen abhänge. So handhabe die Swisscom den Ausbau auch bei anderen Gemeinden schweizweit. Das habe sich so bewährt. Dass die Prioris-Gemeinden nun auf eine internationale Anbieterin ausweichen, möchte Hubacher nicht kommentieren. Die Swisscom sei aber nach wie vor gesprächsbereit für Gemeinden, die sich einen Glasfaserausbau auch ausserhalb des Dorfes wünschen. Jedoch gälten dabei die gleichen Vertragsbedingungen wie für andere Gemeinden.

Hunderttausende Franken für ein Haus ab vom Schuss

Die Kosten für einen Ausbau in abgelegenen Regionen ebenfalls zu übernehmen, sei für die Swisscom «keine Option». Denn: «Die Kosten für die teuersten Fälle können im sechsstelligen Bereich ausfallen, was wirtschaftlich aus unserer Sicht nicht zu rechtfertigen ist.» Deswegen setzt die Grundversorgerin bei Haushalten ab vom Schuss auf Technologien wie Mobilfunk oder Satellit. Ab 1. Januar erhöhe sich die Grundversorgung zudem von heute 10 auf 80 Mbit pro Sekunde. «Genug, um gängige Dienstleistungen zu nutzen und insbesondere von zuhause aus zu arbeiten», so Hubacher.

Die Prioris-Gemeinden pochen aber auf Glasfaser. «5G ist eine geteilte Ressource. Das bedeutet: Die Leistung pro Nutzer nimmt ab, je mehr Nutzer gleichzeitig online sind», so Erni. Zudem sei die Lebensdauer der Technologie klar begrenzt. «Glasfaser ist die beste und nachhaltigste Technologie, die weltweit eingesetzt wird.» Auch die Grundversorgung reiche gemäss Erni nicht, damit die Landschaft von den Möglichkeiten der Digitalisierung profitiere. «Ohne schnelles und stabiles Internet drohen ländliche Regionen den Anschluss an die vernetzte und digitale Welt zu verlieren.»

Ausbau mit Swisscom können sie sich nicht leisten

Die Kostenfrage bereitet jedoch auch den Prioris-Gemeinden Bauchschmerzen. Gemäss Erni scheiterten die ursprünglichen Verhandlungen mit Swisscom unter anderem wegen des Preises. «Für die Gemeinden ist entscheidend, wie hoch ihre Investitionsbeiträge beziehungsweise die A-fonds-perdu-Beiträge ans Projekt sind. In den Verhandlungen mit der Swisscom konnte in diesem Punkt keine Einigung erzielt werden.»

Zum Vergleich: Anhand der Angaben der Swisscom koste ein Ausbau bei einem abgelegenen Haushalt mindestens 100’000 Franken. In Gemeinden wie Pfaffnau oder Flühli entspräche das rund 0,5 Prozent ihres gesamten jährlichen Aufwands.

So entschied sich Prioris bekanntlich für das Angebot eines privaten Unternehmens, das einen Grossteil des Aufwands stemmt. Auch die Liegenschaftsbesitzer werden einmalig zur Kasse gebeten, so Franzsepp Erni. Für ein Einfamilienhaus in der Bauzone kostet der Anschluss 1400 Franken, ausserhalb der Bauzone 2600 Franken. Ob die Gemeinden sich das leisten wollen, weist sich in den nächsten Wochen. Im November und Dezember stimmen 17 der Prioris-Gemeinden über die Teilnahme ab.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von FM
    FM, 25.10.2023, 17:23 Uhr

    Glasfaser für alle zu ist ein spannender Ansatz. Dass man versucht auf das Solidaritäts-Prinzip zu setzen ist auch nachvollziehbar. Denn wenn alle abgelegenen Bauernhöfe in der Biosphäre Entlebuch erschlossen werden müssten wäre dies für die entsprechenden Gemeinden finanziell schwierig zu realisieren. Ich bezweifle aber, dass die alle Einwohner der 23 resp. heute noch am Projekt beteiligten Gemeinden bereit sind dies zu finanzieren. Denn die meisten Bewohner dieser Gemeinden sind schon mit einem ausreichenden Anschluss durch einen, in der Schweiz ansässigen Internet Anbieter versorgt. Wie Sinnfrei es ist, eine eigene Infrastruktur zu der schon bestehenden zu Realisieren sei dahingestellt.
    Ob sich der Return on Investment für einen «ausländischen» Investor schneller oder überhaupt realisieren lässt als in der schweiz ansässige Firmen mit langjährigen Erfahrungen wir sich zeigen. Auch ausländische günstige Ressourcen werden dies nicht aufwiegen können, sondern können die Situation am Arbeitsmarkt nur noch verschärfen.
    Ich bin überzeugt, dass das Bedürfnis an Digitalisierung in den abgelegenen, ganz jählich bewohnten Liegenschaften auch ohne «Glasfaser zu jedem Preis» realiesiert werden kann. Dazu sind aber kooperative und konstruktive Gespräche der aller Internet Anbieter und Eigentümer bestehender Rohranlagen möglicherweise unabdingbar. Ab 2028 werden für Digitalisierung vom Bund Fördermittel zur Verfügung gestellt. Es wäre bedauernswert, wenn diese ins Ausland fliessen würden. …

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  • Profilfoto von LD
    LD, 22.10.2023, 09:26 Uhr

    Solange die Gemeinden die 5G-Antennen bewilligen – notabene ohne gebührende Berücksichtigung der langfristigen gesundheitlichen Schäden – setzt jede Firma auf die beste Rendite. Im diesem Kontext wird das Verständnis von Service Public bewusst eng gehalten.
    Warum wurde die Swisscom in eine Aktiengesellschaft mit der ersten Zielsetzung der Vermögensmehrung umgewandelt? Man sollte nicht vergessen, dass Aktien übertragbar (fungibel) sind und an einer Börse gehandelt werden können. Bei hohem Kapitalbedarf oder für einen hohen Gewinn passiert das leicht. Zuerst mit einer Minderheitsbeteiligung. Und dann? Der Schritt ist mit dieser Rechtsform vorbereitet. Die Swisscom gibt auf Grundlage einer Einwilligung (von wem?) und berechtigten Interessen (welcher?) bereits jetzt Informationen der Nutzer an ihre Partner weiter. Das sind: The EU Cookie Laws, Cookie Laws Across Europe, Cookie Law in the UK, Cookie Law Compliance Guidance etc.
    Was haben wir mit der EU und UK zu tun? Das sind 27 Staaten und einige Überseegebiete. Was machen diese Leute mit unseren Daten? Dass alles korrekt abläuft, glauben nur die Allernaivsten. Ganz offensichtlich haben wir die Kontrolle über die Swisscom verloren. Wenn ein grosses Land hustet, nimmt sie deren Medizin devot und prophylaktisch auch ein und verkauft Produkte aus Fernost nicht mehr. Die Kunden mit diesen besseren Produkten schauen in die Röhre. Was sind schon Kunden. In diesem Fall sind sie da zur Ausbeutung.

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    • Profilfoto von Anwalt
      Anwalt, 22.10.2023, 09:43 Uhr

      Was ist das wieder für ein paranoider Unsinn. Die Swisscom ist seit über 20 Jahren eine Aktiengesellschaft, und noch immer befindet sich per Gesetz die Aktienmehrheit im Besitz des Bundes.

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