Glasfaserprojekt im Westen Luzerns

Medienkonferenz kurzfristig abgesagt: Was ist los bei Prioris?

Mit Prioris wollen Luzerner Gemeinden Glasfaserkabel auch abseits der Zentren verlegen. (Bild: Symbolbild: Adobe Stock)

Weil sich die Swisscom nicht darum kümmere, organisieren westliche Luzerner Gemeinden zusammen mit dem Projekt Prioris einen Ausbau des Glasfasernetzes. Eigentlich wollten sie diese Wochen ihren internationalen Projektpartner vorstellen. Eigentlich.

Die Gemeinden um das Glasfaserprojekt Prioris wollten am vergangenen Donnerstag das Geheimnis um ihren privaten Partner für den Ausbau lüften. Dieser soll gemäss Plan nicht nur das Glasfasernetz in der Region verlegen, sondern auch einen gewichtigen Teil daran berappen (zentralplus berichtete). 150 bis 170 Millionen Franken soll Prioris ersten Schätzungen nach kosten. Davon übernehmen die Gemeinden 7,5 Millionen Franken, der Partner den Rest. Am Montag teilten die Projektverantwortlichen mit, dass die Verträge ausgehandelt seien. So weit, so gut.

Doch am Vorabend der Medienkonferenz ziehen die Projektverantwortlichen plötzlich die Reissleine. «Aufgrund interner Regulatorien der Umsetzungspartnerin» müsse die Medienkonferenz auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Was ist da los?

Internationales Unternehmen stehe vor internen Veränderungen

Dass die Medienkonferenz nicht durchgeführt wurde, bedauert auch der Ruswiler Gemeindepräsident und Prioris-Präsident Franzsepp Erni. «Wir hätten sehr gerne informiert, können aber nicht.» Das internationale Unternehmen, mit dem sie zusammenarbeiten, stehe vor internen Veränderungen. Bevor dort nicht alles in trockenen Tüchern sei, wolle das Unternehmen nicht vor die Medien treten. Deshalb lässt Erni auch die Katze nicht aus dem Sack, um wen es sich dabei handelt.

Unabhängig davon, wer nun dahintersteckt: Eine so kurzfristige Absage wegen internen Anpassungen, die es zuerst noch zu regeln gelte, zeichnet nicht gerade das Bild eines zuverlässigen Projektpartners. Das gibt auch Franzsepp Erni unumwunden zu: «Es vereinfacht unser Projekt sicher nicht.» Er betont jedoch: «Ein Vertrauensbruch ist das nicht. Unser Partner hat uns versichert, dass unser Vorhaben nach wie vor steht.»

Kritik an Vorgehen der Swisscom

Ungelegen kommt die Absage trotzdem. Erst vor kurzem ist mit der Stadt Willisau eine wichtige Partnergemeinde von Prioris abgesprungen (zentralplus berichtete). Nach aussen wirkte das Projekt so zuletzt wackelig. «Der Ausstieg von Willisau ist für uns nicht erfreulich», sagt Erni dazu. Und fügt an: «Das ist aber nicht einem ‹bösen Willisau› geschuldet, sondern dem fragwürdigen Vorgehen der Swisscom.»

Er spricht dabei von einem «politischen Angebot». Mit der Erschliessung der finanziell attraktiveren Zentren wie Willisau statt den Randregionen würden diese aus dem Projekt gelockt. Erni findet darum: «Mit der Erschliessung von Willisau torpediert Swisscom unser Projekt.» Erni versteht zwar, dass die Swisscom auch ein renditeorientiertes Unternehmen ist. Trotzdem hält er fest: «Wir sind der Meinung, dass die Swisscom als Staatskonzern mehr Aufgaben hat als das absolute Minimum.»

Swisscom wehrt sich: Glasfaserausbau wäre geplant

Dass die Swisscom sich nicht um den Ausbau in der Region kümmere, lässt die Netzbetreiberin nicht auf sich sitzen. Wie Mediensprecherin Sabrina Hubacher schreibt, plane die Swisscom in der Region «einen weitreichenden Ausbau mit Glasfasernetzen». Bis Ende 2028 möchte das Unternehmen in allen Siedlungsgebieten der Gemeinden Glasfasernetze gebaut haben. Dieser Ausbau sei für die Bevölkerung und die Gemeinden kostenlos, wie Hubacher betont.

Für Luzerner ausserhalb der Dorfzentren biete die Swisscom ebenfalls Lösungen, nur halt nicht mit Glasfaser. Dabei setzt die Netzbetreiberin auf «wirtschaftlich sinnvolle Lösungen» wie Mobilfunk oder Satellit, die in der Grundversorgung enthalten seien. Ab nächstem Jahr erhöht sich die Grundversorgung zudem von heute 10 Mbit pro Sekunde auf 80. «Genug, um gängige Dienstleistungen zu nutzen und insbesondere von zuhause aus zu arbeiten», so die Swisscom. Möchten Gemeinden zusätzlich abgelegenere Orte über Glasfaser erschliessen lassen, koste das zwar, die Swisscom würde sich aber daran beteiligen.

Politiker stellen Fragen zum Vorgehen in Willisau

Doch nicht nur der Prioris-Präsident Franzsepp Erni hinterfragt die Swisscom. Die Luzerner Ständerätin Andrea Gmür (Mitte) und Nationalrat Michael Töngi (Grüne) sollten ebenfalls an der Medienkonferenz auftreten. Denn sie hatten Vorstösse zum Vorgehen der Swisscom eingereicht. Darin fragen sie unter anderem, wie der Bund den Service-public-Auftrag der Swisscom in Bezug auf ländliche Regionen wahrnehme. Oder was er davon halte, dass die Netzbetreiberin privaten Ausbauinitiativen Steine in den Weg lege.

Erst Ende Juni hat der Bundesrat die «Hochbreitbandstrategie» genehmigt. Mit dieser will er sicherstellen, dass auch Regionen, bei denen sich der Ausbau kommerziell nicht lohnt, künftig mit schnellem Internet versorgt sind. Ziel sei eine «möglichst flächendeckende Versorgung» mit 1 Gbit pro Sekunde. Bis Ende Jahr soll das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation dem Bund Optionen für das weitere Vorgehen vorlegen.

Bis der Bund Massnahmen ergreift, helfen sich die Luzerner Gemeinden aber selbst. Obwohl der Ausstieg von Willisau und die Absage der Medienkonferenz dem Projekt Prioris sehr ungelegen kommen: Im November und Dezember stimmen 17 Gemeinden über die Teilnahme an Prioris ab. Für Erni sei es deshalb «zwingend», dass sie noch vorher über das Projekt informieren können.

«Wir wollen den Bürgern keine schöne rosarote Wolke verkaufen, sondern etwas mit Hand und Fuss.» Spätestens bis zum 1. November wollen sie deshalb informieren können. Er betont: «Diese Verschiebung ist kein grosser Aufschub, der das Projekt gefährdet.» In der Zwischenzeit würden die Projektverantwortlichen «mit Hochdruck» weiterarbeiten und die Gemeinden intern über den Stand orientieren.

Hinweis: Der Artikel wurde nachträglich um eine Stellungnahme der Swisscom ergänzt.

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