Der Cup-Wettbewerb macht den Luzerner Mumm

Stefan Knezevic traut sich den Job als neuer FCL-Abwehrchef zu

FCL-Verteidiger Stefan Knezevic: «Der Einzug in den Cup-Halbfinal verleiht uns viel Selbstvertrauen.» (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Die Erkenntnis, dass der abstiegsbedrohte FC Luzern viel zu viele Gegentore zulässt, ist keine neue. Aber Trainer Fabio Celestini muss mit den Spielern, die ihm zur Verfügung stehen, den Ligaerhalt sichern. Beim Einzug in den Cup-Halbfinal sah er jüngst in Lugano (2:1 nach Verlängerung) Fortschritte. Aber reicht bei ihm das Vertrauen aus, um Stefan Knezevic (24) zum künftigen Abwehrpatron auszurufen?

Bisweilen hilft der Blick zurück, um besser einordnen zu können, was in der Gegenwart beim FCL vor sich geht: In der Vorrunde 2019/20, den letzten 18 Meisterschaftsspielen unter der Ägide des überforderten Trainers Thomas Häberli, haben die Luzerner einen Punkt pro Spiel gemacht und durchschnittlich 1,5 Gegentore zugelassen. Zu dieser Zeit war ihr Fussball ungeniessbar und ohne jegliche Zukunftsperspektive.

«Das Problem der vielen Gegentore ist nicht ein aktuelles», bemerkt Häberlis Nachfolger Fabio Celestini. Zur Verteidigung der letzten Saison ist nur der Tscheche Martin Frydek gestossen. Er betont: «Unsere Spielanlage ist jetzt viel mutiger. Aber wir müssen jetzt eine Defensivkultur aufbauen.»

In den 28 Spielen der laufenden Super League haben Celestinis Mannen 1,14 Punkte pro Spiel ergattert und 1,75 Gegentore kassiert. Letzteres ist zwar etwas höher als unter Häberli. Dafür haben sie ihre Offensivproduktion um fast das Doppelte gesteigert (ebenfalls 1,75 Gegentore pro Match). Es ist ein attraktiver und zukunftsgerichteter Fussball des FCL geworden.

FCL-Abwehrspieler ohne vorteilhaftes Zeugnis

Aber diese Momentaufnahme stellt den aktuellen Abwehrspielern der Luzerner kein vorteilhaftes Zeugnis aus. Zwar wirft sich Fabio Celestini schützend vor die Luzerner Defensive und sagt, dass die zu vielen Gegentore nicht allein das Problem der defensiven Stammspieler seien. Natürlich im Wissen darum, dass er mit eben diesen Verteidigern auskommen muss, die er aktuell hat – und sie deshalb nicht mit unbedachter Kritik zusätzlich destabilisieren darf.

«Du musst im eigenen Strafraum spüren, wohin der Ball kommt.»

FCL-Trainer Fabio Celestini

Acht Spiele stehen im Endspurt dieses Championnats noch aus. Der FCL hat vor dem nächsten Auswärtsspiel am Samstag in St. Gallen, notabene einem direkten Konkurrenten im Kampf gegen den Abstieg, 32 Punkte auf dem Konto. 41 Zähler sollten nach menschlichem Ermessen für Platz 8 und den Ligaerhalt reichen.

Um sich Schaden vom Hals zu halten, ist vor allem eine defensive Stabilität zwingend. Um die dafür dringend benötigte Defensivkultur im FC Luzern zu implementieren, hat Fabio Celestini vier Prinzipien definiert.

Das wichtigste Prinzip Celestinis

Das erste lautet so: «Einen offenen Ball sollst du nicht attackieren, sondern den Raum abdecken», lehrt der FCL-Trainer. Das zweite: «Wenn der Gegenspieler den Ball abdeckt und am Fuss führt, sollst du ihn aggressiv angehen.» Das dritte: «Mir ist das Verschieben in der letzten Abwehrreihe mittels Kommunikation wichtig.» Und das vierte, vielleicht das wichtigste: «Du musst im eigenen Strafraum spüren, wohin der Ball kommt.»

Sie müssten mehr mit Kopf und Gespür verteidigen, hat Celestini schon nach der letzten 3:4-Heimniederlage gegen Basel gegenüber zentralplus bestätigt.

Aber was ist mit den Fouls im richtigen Moment, selbst auf Kosten einer gelben Karte, bevor es richtig gefährlich wird für das eigene Tor? «Das gehört für mich zur Qualität eines guten Verteidigers», sagt der 45-jährige, frühere Schweizer Ex-Internationale.

Beim zweiten FCL-Ziel hapert es

Es war im letzten Corona-Sommer, als Fabio Celestini die künftige Entwicklung des FC Luzern absteckte. Damals sagte er, dass er einen technisch besseren FCL wolle. Und einen, der mehr Persönlichkeit besitze. «Das erste Ziel haben wir erreicht, bei zweiten hapert es ein bisschen», zieht er Zwischenbilanz.

«Viele Mitspieler denken in erster Linie offensiv. Das erschwert es uns, in den Defensivmodus umzuschalten.»

FCL-Innenverteidiger Stefan Knezevic

Persönlichkeit in der Verteidigung verbindet Fabio Celestini mit einem abgebrühten Spieler in der Innenverteidigung, der «in schwierigen Momenten Ruhe ausstrahlt». Und in seiner Arbeit auch mal bloss Ziele ausrufe, während den nächsten Minuten in einem Spiel keinen Gegentreffer zu erhalten.

Eine Konstanz wie damals als 20-Jähriger

Stefan Knezevic scheint der Messlatte seines Chefs nicht (mehr) zu entsprechen. Mit der Ausnahme einer Gelbsperre im Heimspiel gegen Vaduz (4:0) hat der 24-jährige Luzerner zwar 27 der 28 Meisterschaftsspiele über 90 Minuten bestritten. Aber hat er auch überzeugt?

zentralplus konfrontiert Stefan Knezevic mit dem Eindruck, dass er vor seinem Kreuzbandriss am 25. November 2018 im Heimspiel gegen Basel (1:1) einen vielversprechenderen Eindruck hinterlassen habe als heute. Defensiv stabil, offensiv agil und torgefährlich. Nach der monatelangen Pause sei er an dieses hohe Level aber nicht mehr herangekommen.

Stefan Knezevic teilt diese Einschätzung nicht. Er gibt zwar zu, dass er Chancen für «fünf Tore statt nur eines» in der laufenden Saison gehabt habe. Aber er verweist auch darauf, dass aus seinen offensiven Aktionen in der Folge aber weitere gefährliche Situationen entstanden seien.

Mehr oder weniger hat er seit seiner Zugehörigkeit zur ersten Mannschaft der Luzerner seit 2016/17 jeweils ein Tor und eine Torvorlage gegeben. Der Unterschied waren jeweils die Anzahl Spiele, die er für diese überschaubare Ausbeute benötigte.

Wie hoch ist Celestinis Vertrauen in Knezevic?

Und defensiv? «Das klappte phasenweise besser, mal schlechter», sagt Stefan Knezevic. «Viele Mitspieler denken in erster Linie offensiv. Das erschwert es uns, in den Defensivmodus umzuschalten. Für einen Innenverteidiger ist es nicht immer einfach, gegen einen anstürmenden Gegner viel freies Feld vor sich zu haben.»

Als Persönlichkeit bin ich stärker geworden. Frech war ich schon immer, jetzt bin ich auch noch reifer geworden.»

Aber ob defensiv (wie unter Häberli) oder offensiv ausgerichtetes FCL-System (wie unter Celestini): Die Anzahl an Gegentoren ist in jedem Fall zu hoch. Spitzenteams in einer Super League, die gemäss Uefa-Koeffizient auf europäischer Liga an Boden verlieren, lassen weniger oder kaum mehr als ein Gegentor pro Meisterschaftsspiel zu.

Es geht nicht darum, Stefan Knezevic oder einem anderen aktuellen Abwehrspieler des FC Luzern den Schwarzen Peter zuzuschieben (zentralplus berichtete). Aber ist das Vertrauen von Fabio Celestini in sein aktuelles Kader so hoch, dass er die sportliche Zukunft der Luzerner ohne neuen Abwehrchef bestreiten will?

Burch überholt sie alle in der FCL-Hierarchie

Es geht für die sportliche Leitung darum, diesen FC Luzern, sofern er den aktuellen Kampf gegen den Abstieg übersteht, zukünftig wetterfest gegen aufziehende Unwetter zu machen. Es geht um Konstanz, darum, die Anzahl an Gegentoren deutlich zu senken.

Die Vertragsverlängerung des FC Luzern mit Marco Burch spricht eine eindeutige Sprache (zentralplus berichtete). Dafür dass Burch trotz halbjähriger Zwangspause seine unmittelbaren Konkurrenten in der zentralen Abwehr der Luzerner in der Gunst von Fabio Celestini um Längen überholt hat. Seine unmittelbaren Konkurrenten in der FCL-Innenverteidigung heissen Stefan Knezevic und Lucas Alves.

Knezevic traut sich allerdings angesichts der aktuellen Probleme in der Luzerner Abwehrarbeit durchaus zu, dem Profil von Fabio Celestini betreffend eines neuen Abwehrchefs zu entsprechen. Der Luzerner sagt: «Als Persönlichkeit bin ich stärker geworden. Frech war ich schon immer, jetzt bin ich auch noch reifer geworden.»

Es wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen, ob die sportliche Leitung des FC Luzern zur gleichen Erkenntnis gelangt. Der aktuelle Vertrag von Stefan Knezevic läuft im Sommer 2022 aus.

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