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Gegen hinten hat der FCL nichts zu befürchten, gegen vorne geht wegen der zur Neige gegangenen Energietanks der Spieler nicht mehr viel. Dennoch ist für Trainer Fabio Celestini nicht die Zeit der Experimente angebrochen. Der Schweizer Cup lässt grüssen.
Er ist gekommen, um den FC Luzern vor dem Abstieg zu bewahren. Das ist dem Anfang dieses Jahres verpflichteten Trainer Fabio Celestini mit 13 Punkten in fünf Spielen schon fast vor Ausbruch der Corona-Krise bereits gelungen.
Und das kann man dem 44-jährigen Romand gar nicht hoch genug anrechnen. Dieser hat deutlich gemacht, was aus diesem FCL-Kader mit Mentalität und einem klaren Plan herauszuholen ist. Von dieser Leistungsfähigkeit waren die Luzerner unter Trainervorgänger Thomas Häberli weit entfernt.
Aber die vier Wochen im englischen Rhythmus seit Wiederaufnahme der Meisterschaft haben beim FCL Spuren hinterlassen. Celestinis Mannen sind am Ende ihrer psychischen und physischen Möglichkeiten angelangt (zentralplus berichtete).
Für Celestini ist «gutes Gefühl» wichtig
Und jetzt? Die Corona-Meisterschaft bietet kaum Gelegenheiten für Experimente des Trainers oder für Müssiggang der Spieler. Denn nach dem nächsten Heimspiel am Mittwoch gegen Sion (20.30 Uhr) und den folgenden drei Partien bis zum Meisterschaftsende in 13 Tagen stehen halt noch die letzten zwei Runden im Schweizer Cup an.
«Das Wichtigste, erst recht in der Super League, ist die Mentalität. Ich will Spieler mit Persönlichkeit.»
FCL-Trainer Fabio Celestini
Der FCL trifft dannzumal im Viertelfinal auf Titelverteidiger und Leader YB. Auch wenn der Sieger nicht europäisch vertreten sein wird (sondern der Vierte der Meisterschaft) – es ist eine erstklassige und gleichsam historische Chance, mit drei Siegen in Folge den ersten Pokal seit 28 Jahren nach Luzern zu holen.
Darum sagt Fabio Celestini: «Wir wollen eine bislang fantastische Meisterschaft mit einem guten Gefühl beenden.» Denn selbst nach nur einem Punkt aus den letzten vier Spielen ist der FCL mit 24 Zählern noch immer die drittbeste Mannschaft in Hälfte 2 der laufenden Super League hinter den Spitzenteams St. Gallen (27) und den Young Boys (26).
Weniger Talent bedeutet mehr Energieverlust
Die laufende Rückrunde hat vor Augen geführt, wo der Hebel beim FC Luzern angesetzt werden muss, um den nächsten Entwicklungsschritt unter Fabio Celestini zu machen.
Eine Mannschaft, die Fussball spielt statt arbeitet, gelangt weniger schnell an die Grenzen der eigenen Kraftreserven. Und der FCL, der in den letzten Spielen mit immer grösser werdender Müdigkeit in den Knochen zunehmend die langen Bälle von hinten heraus gesucht hat, arbeitet nicht erst in der aktuellen Kaderzusammenstellung Fussball. «Das ist so», gibt Fabio Celestini gegenüber zentralplus unumwunden zu.
Der frühere Marseille-Captain und Nationalspieler, der das freidenkerische 4-4-2-System gerne als seine liebste Grundordnung bezeichnet, wird nicht darum herumkommen, das offensive Potenzial auf den Luzerner Aussenverteidigerpositionen zu vermissen. Eine veritable FCL-Baustelle.
Kandidaten auf den defensiven Aussenpositionen
Darum prioritär: Was verlangt Fabio Celestini von jedem seiner Spieler? «Das Wichtigste, erst recht in der Super League, ist die Mentalität. Ich will Spieler mit Persönlichkeit. Spieler, die sich nicht davor fürchten, den Ball am Fuss zu haben. Und sie brauchen keine Angst davor zu haben, dass ich sie wegen eines Fehlers im Umgang mit dem Ball oder in einem Zweikampf kritisiere.»
Das Problem mit den Luzerner Aussenverteidigern hat sich mit dem verletzungsbedingten Ausfall von Captain Christian Schwegler vor Wiederaufnahme der Meisterschaft akzentuiert:
- Christian Schwegler (36): Wäre er keine Persönlichkeit, nicht austrainiert und offensiv untauglich, der Ettiswiler würde in dieser Aufzählung nicht erscheinen. Aber weil er es noch immer bringt, ist sein Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert worden (zentralplus berichtete). Sein Problem ist allerdings die Verletzungsanfälligkeit. Man muss nach aktuellem Stand davon ausgehen, dass er die Hälfte der Ernstkämpfe in der nächsten Saison verpassen wird.
- Silvan Sidler (22): Die Vermutung liegt nahe, dass der Zuger in seinem Potenzial jahrelang überschätzt worden ist, beim FCL als auch auf internationaler Juniorenstufe. Deshalb ist sein Vertrag noch zwei weitere Jahre gültig. «Momentan vermittelt mir Silvan Sidler Angst im Umgang mit dem Ball. Und er will zwar jeden Zweikampf gewinnen, lässt dabei aber bisweilen die Cleverness vermissen. Wir haben zusammen über seine unmittelbare Zukunft geredet», bemerkt Fabio Celestini. In den letzten sieben Meisterschaftsspielen war Silvan Sidler nur noch zweite Wahl.
- Otar Kakabadze (25): Der georgische Internationale hat noch einen bis 2021 gültigen Vertrag mit dem FCL. Vom aktuellem Standpunkt aus gibt es keinen nachvollziehbaren Grund, die Zusammenarbeit zu verlängern. Der zwar polyvalent einsetzbare Otar Kakabadze ist defensiv und offensiv limitiert. Und der technische Fussball behagt ihm auch nicht.
«Ich habe eine klare Idee davon, wie der Weg meiner Mannschaft in die Zukunft aussehen soll.»
- Simon Grether (28): Aus moralischer Sicht gehört sein Vertrag über den August hinaus verlängert, schliesslich stand er in den letzten sieben Matches in der Startformation. Aber der Kämpfer ist ein Sinnbild dafür, warum der FCL Fussball arbeitet und nicht spielt.
- Ashvin Balaruban (18): Ashvin wer? Bei Celestinis Debüt als FCL-Trainer am 25. Januar auswärts gegen den FC Zürich kam er 52 Minuten zum Einsatz, verschuldete das 0:1 auf dem Weg zum späteren 3:2-Sieg und ward seither nie mehr gesehen. Gewiss auch wegen einer Verletzung. Trotzdem darf Ashvin Balaruban frohen Mutes sein: Dass Celestini in diesem Spiel auf ihn gesetzt hat, darf er als Ritterschlag werten.
- David Mistrafovic (19): Als junger Spieler nimmt man die Einsatzchancen, die man bekommt. Aber der Plan des FCL-Trainergespanns, den eigentlich defensiven Mittelfeldspieler zum Aussenverteidiger umzubauen, ist ambitioniert und mutig. Zumal David Mistrafovic noch in keinem Spiel in der Abwehrreihe den Eindruck hinterlassen hat, als könne er einen Mehrwert bieten.
Celestinis klare Vorstellung
Fabio Celestini muss im Schlussspurt der Corona-Meisterschaft damit leben, dass er sein Team in keiner Art und Weise weiterentwickeln kann. Weder im Training noch in der Videoanalyse. Das lassen die englischen Wochen schlicht nicht zu.
Trotzdem sagt er: «Ich habe eine klare Idee davon, wie der Weg meiner Mannschaft in die Zukunft aussehen soll. Das Verhalten der aktuellen Spieler habe ich ausreichend beobachten können.» Erst recht der nachrückenden Talente, möchte man anfügen.
Fabio Celestini ist bestimmt nicht verborgen geblieben: Wenn der FCL einem früheren Bundesligaspieler wie Pirmin Schwegler (zentralplus berichtete) eine Vertragsofferte machen kann, dann bleibt erst recht Spielraum unter Berücksichtigung möglicher Spielerverkäufe (zentralplus berichtete).
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