Jetzt mehr als Manager denn als Coach gefragt

Tage der Wahrheit: Wird Celestini ein erfolgreicher oder gescheiterter Trainer?

Muss jetzt Führungsstärke beweisen: FCL-Trainer Fabio Celestini. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Mit jedem Meisterschaftsspiel, das weiterhin ohne Sieg für den FC Luzern endet, wächst der Stammtischdruck auf Cheftrainer Fabio Celestini. In der Krise seiner neu formierten Mannschaft muss der 45-jährige Romand nun zwingend Führungsstärke beweisen. Eine Analyse.

In der Welt des lateinischen Fussballs hat Fabio Celestini eine schöne Profi-Karriere hingelegt, und dort hat der ehemalige Mittelfeldspieler auch eine vielversprechende Laufbahn als Trainer in Angriff genommen.

In der Schweiz war er von März 2015 bis April 2018 Trainer des FC Lausanne-Sport. Er brachte den Klub, in dem er gross wurde, zurück in die Super League. 2016 wurde er Schweizer Trainer des Jahres. Als der Weltkonzern Ineos nach der Übernahme des Klubs viel Geld sprudeln liess, durfte Fabio Celestini in der Winterpause 2017/18 auf Einkaufstour.

Weil in der Folge aber nichts mehr zusammenpasste, war er vier Monate später entlassen und Lausanne ein paar Wochen darauf abgestiegen.

Den FC Lugano hat der Fussball-Lehrer im Oktober 2018 übernommen und sogleich in die Gruppenphase der Europa League geführt. Doch gut ein Jahr später musste Fabio Celestini wiederum den Hut nehmen.

Die Analogie zum FCL

Eine Analogie seines bisherigen Schaffens zu seiner Trainerzeit im FC Luzern ist nicht von der Hand zu weisen. Auch bei seinem aktuellen Arbeitgeber, den er im Januar dieses Jahres übernahm, um sich einen Namen im deutschsprachigen Teil der Fussballwelt zu machen, gelang ihm der Start vorzüglich. Mit fünf Spielen und 13 Punkten waren die Luzerner Abstiegssorgen im Nu weggeblasen.

Aber dann kam Sand ins Getriebe. In den letzten saisonübergreifend 15 Meisterschaftsspielen schaute nur noch ein Sieg heraus. Im laufenden Championat nach sieben Partien noch gar keiner und darum bloss drei Punkte.

Neuverpflichtungen suchen Tritt

Dabei hat Fabio Celestini die Mannschaft nach seinem Gusto spielerisch aufforsten dürfen. Mit dem Ziel, aus dem Fussball arbeitenden FC Luzern einen Fussball spielenden zu machen. Diese Strategie macht in jedem Fall Sinn, weil sie den Anforderungen an den modernen Fussball folgt.

Aber die Transformation braucht Zeit. Die Luzerner Neuverpflichtungen suchen noch immer ihren Tritt, weil jeder von ihnen aus einer persönlich problembeladenen Situation zum FCL stiess und darum keiner von ihnen bei seinem jüngsten Arbeitgeber mit breiter Brust auftritt (zentralplus berichtete).

Krisenbewältigung liegt auf seinen Schultern

Dennoch war die Zeit, den FCL einer spielerischen Neuausrichtung zu unterziehen, nie günstiger als jetzt, wenn den Zuschauern der Zutritt zum Stadion wegen der Corona-Krise verwehrt bleibt (zentralplus berichtete).

Die leeren Stadien verringern zwar die Dynamik in der Frage, ob der mit einem Vertrag bis Saisonende ausgestattete Fabio Celestini noch der richtige FCL-Trainer ist, denn auf den Tribünen kann im Moment keiner seinen Unmut loswerden. Aber die Stammtischgelehrten nehmen gleichwohl Fahrt gegen Celestini auf.

Auch wenn es schier ausgeschlossen ist, dass der wichtigste Angestellte für FCL-Sportchef Remo Meyer vor der Winterpause zum Thema werden kann. Denn Meyer hat sich zur spielerischen Neuausrichtung der Luzerner bekannt (zentralplus berichtete).

Meyer fehlt es an medialer Popularität

Doch nach aussen liegt die Last der sportlichen Krisenbewältigung allein auf den Schultern von Fabio Celestini. Er muss die Überzeugung, mit seiner Mannschaft auf dem richtigen Weg zu sein, weiterhin ausstrahlen. Er muss das Vertrauen in die Mannschaft und vor allem in ihn als Trainer mit jederzeit stilsicherem Auftritt stärken.

Denn dem schlauen und umsichtigen Remo Meyer fehlt es an medialer Popularität und natürlicher Autorität, um seinem wichtigsten Angestellten in der Öffentlichkeit bedingungslos den Rücken freizuhalten.

Ernsthaftigkeit gepaart mit Gelassenheit

Um die sportliche FCL-Krise meistern zu können, benötigt Fabio Celestini Führungsstärke gegen innen und aussen. Ein entscheidendes Stichwort auf diesem Weg ist Ernsthaftigkeit.

Als FCL-Gesicht gegen aussen muss er den Fragen der Stammtisch-Zweifler, auch wenn sie noch so skurril vorgetragen sein mögen, mit Ernsthaftigkeit begegnen – und mit inhaltlicher Gelassenheit beantworten.

Für Fabio Celestini brechen die Wochen der Wahrheit an.

Fabio Celestini ist smart, er muss die Situation richtig verstehen und richtig einschätzen. Mag sein, dass seine Neuerungen für taktische Verwirrung im Team gesorgt haben, dass er sich so das Leben wegen mangelnder Ergebnisse verkompliziert hat. Doch er verdient das Vertrauen und er verdient noch Geduld. Geduld, die er seinerseits nicht verlieren darf.

Trotz verständlicher Angespanntheit: Verliert er jetzt die Contenance und zeigt er Schwäche, so steigert er bloss die Verbissenheit bei seiner Gegnerschaft, die ihn loswerden möchte. Er muss die Balance finden zwischen Krisenbewusstsein und Urvertrauen. Und diese Balance ausstrahlen.

Auch im Umgang mit seiner Mannschaft darf er jetzt keine Negativenergie auf sich ziehen. Er muss die Spieler hinter sich scharen. Und einen Plan haben, wie er Spieler, die seiner Meinung nach ihre Leistung kurzzeitig nicht bringen, wieder an die Stammformation heranführen will. Falls Celestini einem Spieler nicht mehr vertraut, darf er kein Exempel statuieren, sondern muss auch dann integrierend wirken. Er muss eine solidarische Gruppe schaffen.

Hohes Bedürfnis nach Sicherheit

Die durch die Krise verunsicherten Spieler brauchen Verbindlichkeit, weil sie ein hohes Bedürfnis nach Sicherheit verspüren. Der Cheftrainer muss jetzt mehr als ein Trainer mit dem Gefühl für die richtige Taktik sein. Er ist als klar strukturierter (Krisen-)Manager gefragt.

Schafft er die Wende, ohne seine Spielphilosophie zu verleugnen, dann wird Celestini mit Bestimmtheit ein grosser Trainer, der es noch weit bringen wird. Schafft er die Wende nicht, wird sein Ruf als Sternschnuppe, die kurz aufleuchtet und dann schnell verglüht, zementiert.

Für Fabio Celestini brechen die Wochen der Wahrheit an. Und sie münden in die entscheidende Frage: Wird aus ihm ein erfolgreicher oder ein gescheiterter Trainer?

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