Der einsame Luzerner Wolf

Trotz Rissen: Dem Luzerner Wolf geht es nicht an den Pelz

Die neue Jagdverordnung ändert für den Luzerner Wolf nichts. (Bild: Adobe Stock)

Der Bund erlaubt die «präventive Abschiessung» von Wölfen – auch wenn sie noch keinen Schaden angerichtet haben. Der Luzerner Wolf M362 braucht sich aber nicht zu fürchten.

Am vergangenen Mittwoch hat der Bundesrat den ersten Teil der angepassten Jagdverordnung befristet in Kraft gesetzt. Ab dem 1. Dezember dürften Wölfe unter «klar definierten Bedingungen» präventiv geschossen werden, verkündete die Regierung nun.

«Präventive Abschiessung» bedeutet, dass künftig ganze Wolfsrudel abgeschossen werden dürfen, auch ohne ein Nutztier erlegt zu haben. Schon seit der Rückkehr des Wolfes in die Schweiz dürfen einzelne Tiere abgeschossen werden, die nachgewiesen Nutztiere gerissen haben. Jetzt soll es jedoch genügen, wenn lediglich Verdacht auf das Rauben von Schafs- oder Ziegenherden besteht.

Wann darf ein ganzes Wolfsrudel ausgelöscht werden?

Wenn Wölfe die Schadenschwelle an gerissenen Nutztieren überschritten haben oder problematisches Verhalten gegenüber Menschen aufzeigen, sei es begründet, sie zu töten, erklärt Andrea Muff, Fachspezialistin für Kommunikation des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements (BUWD) des Kantons Luzern. Auch wenn die Wölfe den Bestand der Paarhufer – beispielsweise Schafe – gefährden würden, sei die Tötung angebracht, so der Bund.

Der minimale Wolfsbestand in einer Region muss dabei bereits überschritten sein. In den grösseren Regionen der Schweiz müssen mindestens drei und in den kleineren mindestens zwei Rudel bestehen bleiben. Für die Regulierung von Wolfsrudeln brauche es weiterhin die Zustimmung des Bundes, teilt die Kora-Stiftung mit, die sich für die Erhaltung von Wildtieren einsetzt. Der Bund verbietet die Regulierung von Rudeln, die keine Schäden angerichtet haben.

Schuldig, bevor die Schuld nachgewiesen wurde?

Einerseits sollten Schäden dem Bund zufolge vorausblickend verhindert werden, andererseits müsse die Regulierung erforderlich sein, «um das Eintreten eines Schadens zu verhindern, sofern dies nicht durch zumutbare Massnahmen zum Herdenschutz erreicht werden kann». Es reiche aus, dass das Eintreten von Schäden plausibel erscheine.

Was passiert, wenn ein Wolfsrudel gemeldet wird? Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) ermittelt je nach gemeldetem Rudel, wie erforderlich das Eingreifen in die Population ist. Die Kantone müssen dem Bafu dafür den aktuellen Wolfsbestand mitteilen, die Anzahl der Rudel und die Anzahl der Paare innerhalb der Rudel. Auch die Angabe des Reviers ist erforderlich. Die Kantone müssen den Eingriff begründen können. Bevor die Wölfe vor das Gewehr kommen, versucht der Kanton, die Herdenschutzmassnahmen durchzusetzen.

Die Tötung von Wölfen kommt dort infrage, wo diese Massnahmen unzumutbar sind oder bereits eingesetzt wurden. Wenn alle diese Bedingungen erfüllt sind, wird die Wildhut oder werden speziell dafür ausgebildete und vom Kanton bestimmte Personen für die Jagd auf die Vierbeiner berechtigt.

Was bedeutet die Jagdverordnungsrevision für den Kanton Luzern?

Es liegt an den einzelnen Kantonen, den Abschuss von Wolfsrudeln zu beantragen. Der Kanton Luzern sei jedoch nicht von der Revision der Jagdverordnung betroffen, erklärt BUWD-Sprecherin Andrea Muff. Denn im Kanton Luzern würden keine Rudel leben. Wie zentralplus bereits berichtete, würde derzeit nur ein einzelner Wolf den Kanton Luzern beheimaten – er trägt den Namen M362. Andere vereinzelte Wölfe führt es gelegentlich auch durch Luzern.

Im Kantonsgebiet ist es gemäss Angaben des Kantons seit 2020 zu 16 Nutztierrissen gekommen – acht davon allein im Jahr 2023. In zwei Fällen wurde der Verantwortliche als M362 identifiziert. Andrea Muff sagt, die wenigen Einzelwölfe würden noch kein Problem darstellen. Sie seien jedoch sehr wohl eine Herausforderung für den Herdenschutz. Bis jetzt habe aber noch kein Wolf ein auffälliges Verhalten gezeigt, nicht einmal der einsame Wolf M362. Er habe beispielsweise die Herdenschutzmassnahmen nie überwunden. Somit werde M362 weiterhin die Luzerner Landschaft promenieren.

Verwendete Quellen
  • Medienanfrage beim BUWD
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Trix Bühlmann
    Trix Bühlmann, 03.11.2023, 20:44 Uhr

    Da wir den Wolf und weitere mögliche Fressfeinde von unseren Nutztieren vor Jahren ausgerottet haben, ist es für die heutigen Tierhalter bequem geworden, die Tiere ohne Schutz und Überwachung sich selbst zu überlassen. Durch die natürliche Zuwanderung von Wolf und Co., haben diese Wildtiere einfache Beute gefunden.
    Ich verstehe das Trara der Nutztierhalter nicht, die sich plötzlich als so um ihre Tiere bemüht darstellen. Wenn ein frühzeitiger Schnee- Einfall Tiere in den Alpen einschliesst und diese dort kläglich verhungern oder Tiere über Felswände abstürzen und zu Tode kommen hört man nichts dergleichen in den Medien und es kümmert niemanden – offenbar auch nicht die Halter.
    Es gibt etliche Nachbarländer die mit Wolf, Luchs, Bär etc. ein mögliches Nebeneinander beweisen. Das sollte doch mit ein bisschen weniger Sturheit und Umdenken auch in der Schweiz möglich sein.
    (N.B. Ich habe selber eine Saison auf einer Rinderalp verbracht.)

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    Alain, 03.11.2023, 07:23 Uhr

    Tiertöter Nummer eins: wir Menschen. Werden wir zum Abschuss freigegeben? Nein.

    Dumme Lösung für ein erfundenes Problem.

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    • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
      Marie-Françoise Arouet, 03.11.2023, 09:42 Uhr

      Wir werden nicht zum Abschuss freigegeben, weil wir in der Nahrungskette weit über dem Wolf stehen. Ausserdem gibt sich der Wolf ja auch nicht selber zum Abschuss frei. Alles andere ist ein aus Moralbedürfnis erfundenes Problem.

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