Pfadi reagiert umgehend

Verschwörungstheoretiker wollen sich in Luzern treffen

Der Verein Familienlandsitze Schweiz will laut eigenen Angaben «das Paradies auf Erden schaffen». (Bild: Adobe Stock)

Der Verein Familienlandsitze Schweiz steht im Verdacht, antisemitisches und nationalistisches Gedankengut zu teilen. Mitglieder wollten sich am Wochenende im Raum Luzern versammeln – doch das Treffen wird wohl ins Wasser fallen.

Die Anastasia-Bewegung ist eine esoterische Bewegung, die in verschiedenen Ländern Anhänger hat. Die Fachstelle für Sektenfragen Infosekta in Zürich schätzt ihre Ausrichtung als «stark nationalistisch, verschwörungstheoretisch und rechtsesoterisch» ein. Auch antisemitische Haltungen soll die Bewegung vertreten.

Nun will sich ein Schweizer Verein, der mit dieser Anastasia-Bewegung verflochten ist, von Freitag bis Sonntag im «Raum Luzern» treffen, wie der Homepage des Vereins zu entnehmen ist. Es handelt sich dabei um den Verein Familienlandsitze Schweiz. Wie zentralplus weiss, solle das Treffen in einem Pfadiheim stattfinden.

Treffen bereits früher abgesagt

Doch es bleibt wohl beim «soll». Denn die Pfadi scheint von der möglichen Gesinnung dieses Vereins nichts zu wissen. Von zentralplus am Donnerstag darauf hingewiesen, habe die Verantwortliche sofort reagiert und umgehend die Polizei eingeschaltet, wie sie am Telefon sagte. Das Treffen wird wohl abgesagt.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Verein in einer Pfadihütte versammeln möchte. Im basel-landschaftlichen Ormalingen war im vergangenen Februar ein Treffen geplant, was aber von den Verantwortlichen der Pfadi verhindert wurde, nachdem die Pfadi ebenfalls auf den Verein aufmerksam gemacht worden war.

Familienlandsitz in der Schweiz

Doch was bezweckt der Verein Familienlandsitze Schweiz überhaupt? Wie der Homepage zu entnehmen ist, ist er 2015 gegründet worden. Die Mitglieder würden die gleiche Vision teilen: «Das Paradies auf Erden für alle zu erschaffen.» Die Mitglieder hätten es sich zum Ziel gesetzt, die Mission «wir Menschen schaffen einen Raum der Liebe und leben in Harmonie mit allen Wesen der Natur und dem Kosmos» zu verwirklichen. Der Verein beschäftige sich mit der Frage, wie sich die Idee des eigenen Familienlandsitzes auch in der Schweiz umsetzen lasse. Ein Familienlandsitz könne man sich als eine Art Minibauernhof vorstellen.

Auf der Homepage des Vereins findet sich auch ein Link zum Autor Wladimir Megre. Der Russe verfasste von Mitte der 1990er-Jahre bis 2010 das zehnbändige Romanwerk «Anastasia – Die klingenden Zedern Russlands». Inhalt der Reihe ist die Begegnung des Autors mit der Figur Anastasia, die über spirituelles Wissen verfügen soll.

«Problematisch und sektenhaft»

Laut der Sektenfachstelle Infosekta stellt die Anastasia-Lehre einen Mix aus Naturreligion, Esoterik, Verschwörungstheorien und Geschichtsrevisionismus dar. Zentral für die Bewegung sei die Gründung von Familienlandsitzen, welche die Selbstversorgung von Familien ermöglichen sollten. Die Sektenfachstelle stuft die Bewegung als «problematisch und sektenhaft» ein. Immer wieder wird sie auch in Verbindung gebracht mit Rassismus, Antisemitismus, Verschwörungstheorien und Nationalismus. Das Portal kath.ch der katholischen Kirche schreibt, die Bewegung habe einen «massiven Rechtsdrall».

Der Schweizer Verein schreibt auf seiner Homepage, er heisse bewusst «Familienlandsitze Schweiz». Der Name «Anastasia» sei darin nicht enthalten, «da ein Personenkult entstehen könnte. Wir interessieren uns für Familienlandsitze und möchten keinen Personenkult». Dem Verein sei bekannt, dass «unterschiedliche Ansichten zum Thema Familienlandsitze kursieren». Man könne keine Verantwortung für andere Menschen und Ansichten tragen.

Vereinsmitglied droht zentralplus mit Anwalt

Doch der Verein beruft sich auf die Anastasia-Buchreihe und verweist auf seiner Homepage darauf. «Die Personen, welche sich in den Kreisen der Familienlandsitze bewegen, distanzieren sich zum Teil deutlich zu wenig oder gar nicht von den antisemitischen Passagen in den Büchern», sagte Susanne Schaaf, Stellenleiterin bei Infosekta, 2019 gegenüber dem «St. Galler Tagblatt». Dadurch werde womöglich ein Nährboden für rechtsextremes Gedankengut gebildet. Man müsse die Bewegung kritisch im Auge behalten.

zentralplus kontaktierte am Donnerstagvormittag ein Mitglied des Vereins. Dieses wies Vorwürfe von antisemitischem, rechtsideologischem Gedankengut vehement zurück. Man habe damit nichts zu tun. Zudem stellte das Mitglied das Expertenwissen von Sektenbeobachtungsstellen infrage. Gleichzeitig drohte es der Redaktion mit rechtlichen Schritten.

Verwendete Quellen
  • Homepage des Vereins Familienlandsitze Schweiz
  • Einordnung der Anastasia-Bewegung der Sektenfachstelle Infosekta
  • Artikel im «St. Galler Tagblatt»
  • Artikel auf kath.ch
  • Artikel der «Basler Zeitung»
  • Artikel der deutschen «Tagesschau»
  • Telefongespräch mit Mitglied des Vereins Familienlandsitze Schweiz
  • Telefongespräch mit Verantwortlicher der Pfadi
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