Aktivisten im beharrlichen Protest

Der Scientology-Schreck ist zurück in Luzern

Wieder in Luzern im Einsatz: Der Aktivist Beat Künzi. Im Hintergrund der Zeltstand von Scientology. (Bild: cbu)

Sie reisen durch die ganze Schweiz und heften sich an die Fersen von Scientology. Mit stillen Protestaktionen wollen die Baselbieter Aktivisten Beat und Yolanda Sandoval Künzi die Bevölkerung über das Tun der Kirche aufklären. In Luzern stiessen sie vor einem Jahr auf Widerstand – jetzt sind sie in die Leuchtenstadt zurückgekehrt.

Auf dem Weg zur Enthüllung der neuen Luzerner Fasnachtsplakette sticht uns am Samstag bei der Bushaltestelle Kantonalbank ein Mann mit einer Leuchtweste ins Auge. Mit ausgestrecktem Arm zeigt er auf einen Zeltstand in der Nähe der Bachmann-Filiale und hält mit der anderen ein Schild hoch. «Achtung – Scientology zerstört Familien und Menschen», steht da drauf. Kommt uns bekannt vor.

Der Mann mit dem Schild ist Beat Künzi, seines Zeichens Mitglied der FASA – «freie Anti-SC-Aktivisten» – erklärter Gegner der weltweit bekannten Scientology-Kirche. Der Autor hat Beat Künzi und seine Frau Yolanda Sandoval Künzi im September 2020 bei einer ihrer Aktionen in Luzern getroffen. Damals wurde ihr stiller Protest von der Luzerner Polizei unterbunden, trotz Bewilligung. Sie seien zu nahe am Stand gestanden – das gilt als Störaktion und ist verboten. Der Frust kochte damals hoch, die Künzis gaben an, womöglich auf weitere Aktionen in Luzern zu verzichten.

Ein neuer Versuch

Nun sind sie wieder da. Zumindest Beat Künzi. Er hält am Samstag alleine die Stellung, steht rund 15 Meter abseits des Zelts und klärt Leute, die am Stand waren, darüber auf, welche Organisation dahinter steckt. Warum die Rückkehr nach Luzern? «Wir hatten in St. Gallen eine ähnliche Situation wie damals hier. In St. Gallen wurden wir aber eingeladen, unsere Aktion fortzusetzen», erklärt Künzi. «Danach haben wir uns überlegt, einen weiteren Versuch in Luzern zu wagen.»

Die Kommunikation mit den örtlichen Behörden sei gut. Künzi wurde vom Stadtrat lediglich darauf hingewiesen, sich an die geltenden Bedingungen zu halten. Diese umfassen beispielsweise, den Stand selbst nicht zu betreten, 15 Meter Distanz zu wahren und den Verkehrsfluss nicht zu behindern. «Damit können wir gut leben», sagt der Aktivist.

Tatsächlich ist es bereits ihr zweiter Besuch in der Leuchtenstadt, nach der Wegweisung im Vorjahr. Bereits Mitte Oktober waren sie in Luzern und haben anschliessend die Vorgehensweise der Scientology-Kirche bemängelt – weil die Mitarbeiter am Stand mutmasslich Minderjährige angesprochen und zu einem Stresstest überredet haben sollen. Minderjährige unter 16 Jahren gelten als religiös unmündig, folglich sei eine Einwilligung der Eltern nötig gewesen – diese sei aber nicht eingeholt worden, so Künzi.

Polizei war vor Ort

Auch heute sei die Polizei bereits auf dem Platz gewesen. Der Grund: Der Zeltstand sei gemäss Künzi nicht korrekt angeschrieben. Tatsächlich wird erst bei einem Blick ins Zelt klar, dass es sich beim Stand um eine Aktion von Dianetik und Scientology handelt. Von aussen verhindern zwei Flaggen mit der Aufschrift «Sehen Sie die Wirkung Ihrer Gedanken» einen Blick ins Innere. Einen Standabbruch konnte Künzi mit seinen Argumenten bei der Polizei nicht erwirken – das Zelt war nämlich mit Scientology angeschrieben, wenn auch nur in einer Gehrichtung augenblicklich sichtbar.

«Scientology soll seine Stände einfach korrekt und für alle gut sichtbar anschreiben.»

Beat Künzi, FASA-Aktivist

Unser Gespräch wird von einem Ehepaar abrupt unterbrochen. «Super, was ihr da macht!», ruft der Mann Künzi zu und hebt den Daumen hoch. «Ich verstehe nicht, warum solche Stände überhaupt bewilligt werden», fügt er an. Die Antwort darauf findet sich in der Bundesverfassung.

Es gelten gewisse Spielregeln

Da Scientology als Kirche anerkannt ist, gilt für sie die in der Bundesverfassung statuierte Glaubens-, Gewissens- und Kulturfreiheit. Zudem besitzt Scientology das Recht, eine religiöse oder weltanschauliche Überzeugung zu haben, sowie diese – innerhalb gewisser Grenzen – zu äussern, zu verbreiten und zu praktizieren. Das bestätigt auch ein Schreiben des Luzerner Stadtrats, das die Künzis im Vorfeld erhalten haben und das zentralplus vorliegt.

Hinzu kommen noch die Regeln zur temporären Nutzung des öffentlichen Grundes, die unter anderem besagen, dass ein aggressives und nötigendes Ansprechen von Passanten, wie auch das Verkaufen von Angeboten, Produkten oder Materialien untersagt ist. So lange diese Spielregeln eingehalten werden, kann kein Standabbruch erwirkt werden.

Letztlich gehe es Künzi auch gar nicht darum, die Standaktionen grundsätzlich zu verbieten. Stattdessen will er mehr Transparenz: «Scientology soll seine Stände einfach korrekt und für alle gut sichtbar anschreiben.» Denn wären die Stände auf allen Seiten als Scientology angeschrieben, würden viele Leute vom vornherein einen Bogen darum machen, ist Beat Künzi überzeugt.

In anderen Kantonen erfolgreich unterwegs

Ihre Arbeit würde in der Bevölkerung geschätzt, sagt der Aktivist und zeigt auf die Steinbank neben sich. Getränkeflaschen, Kafibecher und eine Bachmanntüte stehen darauf. «Die Leute hier haben mich mit Esswaren versorgt», sagt der Aktivist fröhlich. Momente wie diese würden sie als Aktivisten in ihrem Tun bestärken, ebenso die Tatsache, dass sie in anderen Kantonen bereits erfolgreich gegen die Scientology-Kirche vorgegangen seien.

In Zürich, Aarau und Weinfelden haben die Künzis mit ihrer beharrlichen Arbeit erwirkt, dass die Stände von Scientology und der Kirche angehörigen Organisationen von allen Seiten her gut sichtbar angeschrieben werden müssen. Dieses Ziel wollen sie nun auch in Luzern erreichen: «Wir werden am Montag wohl ein paar Mails schreiben müssen», sagt Künzi gut gelaunt.

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13 Kommentare
  • Profilfoto von Jürg Stettler
    Jürg Stettler, 09.11.2021, 08:37 Uhr

    Schade, dass hier sehr viel mit Vorurteilen argumentiert wird…Einstein hatte eben doch recht, dass es schwieriger ist, ein Vorurteil als ein Atom zu spalten. Nehme an, dass die Personen, die hier posten, noch nie einen Schritt in ein Scientology-Zentrum gemacht haben oder ihre Vorurteile hinterfragten. Zum Glück herrscht in Scientology die Devise, dass nur das für einen wahr ist, was man selber beobachtet hat.

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    • Profilfoto von C. Stauffer
      C. Stauffer, 09.11.2021, 10:16 Uhr

      Herr Stettler kennt offensichtlich nichts anderes, als immer die gleich unwahren Sprüche wie: «Zum Glück herrscht in Scientology die Devise, dass nur das für einen wahr ist, was man selber beobachtet hat.» Richtig wäre: Es ist nur das wahr für Dich, was Hubbard gesagt hat! In Scientology gibt es nur eine «Wahrheit» und die kommt vom Gründer! Passt einem diese nicht, dann wird man solange bearbeitet, bis man diese «Wahrheit» anerkennt!

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    • Profilfoto von Tobias Mueller
      Tobias Mueller, 10.11.2021, 15:10 Uhr

      @Stettler: Ich habe noch nie den Zwergplaneten Pluto selber beobachtet. Ihrer Logik zufolge sind die Beweise seiner Existenz also unwahr. Auch mit der Rückseite des Mondes ist es so eine Sache. Ich müsste ja die (übereinstimmenden) Erkenntnisse verschiedener Weltraumagenturen akzeptieren. Dann vertraue man doch lieber einem Ex-Leutnant zur See, welcher sein Kommando wegen wiederholter schierer Inkompetenz verlor. Macht Sinn.

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    K. Hartmann, 08.11.2021, 14:37 Uhr

    Scientology ist eine gefährliche Psychosekte, die verboten werden muss! Dies ist durch mehrere Untersuchungen festgestellt worden. In Deutschland wird die Sekte vom Verfassungsschutz beobachtet. In der Schweiz besteht zwar religiöse Glaubensfreiheit, doch Scientology hat nichts mit Religion und Kirche zu tun! Wer den langen Fragebogen zum Dianetik-Persönlichkeitstest ausfüllt, gibt Scientology ein perfektes Einfallstor, um dann ganz gezielt die Schwachstellen der betroffenen Person auszunutzen und psychologisch auf sie einwirken zu können. Es geht dann um ein sogenanntes Clearing (Gehirnwäsche), d.h. eine grundlegende Änderung der Einstellung zu wichtigen Themen mittels psychologischen Methoden.
    Ron Hubbard, der Sektengründer von Scientology schrieb in einem seiner Bücher: «Wenn ein Baum alt oder krank ist, muss er weichen und gefällt werden. Er hat seine Daseinsberechtigung verloren. Das Gleiche gilt für Menschen. Sobald ein Mensch alt oder chronisch krank ist, muss er einem jungen, gesunden Menschen Platz machen.»
    So eine Einstellung entbehrt jeder sozialen Einstellung und ist extrem rassistisch!
    Am Ende geht es Scientology nur um Machtausdehnung! Mitglieder müssen neben entsprechenden Beiträgen, teure Kurse besuchen und neue Mitglieder anwerben. Sie werden psychologisch und finanziell unter Druck gesetzt! Wer einmal in dieser Sekte ist, hat es schwer, wieder herauszukommen!

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    Irene Rudolf, 08.11.2021, 11:06 Uhr

    Wie wenn es der Sekte darum gehen würde, «Opfer» der Psychiatrie zu schützen. Es geht doch vielmehr darum, die Menschen zu verunsichern und von ihren behandelnden Ärzten und Psychologen zu entfremden, um sie für die eigenen «Behandlungen» anzuwerben.
    Die FASA versucht ja gar nicht, die Aktivitäten von Scientology zu unterbinden, es geht lediglich um Transparenz. Wo Scientology drin ist, soll auch Scientology draufstehen. Dass die Sekte ihre Identität immer wieder zu verschleiern versucht, lässt sehr tief blicken. Wer nichts zu verbergen hat, muss auch nichts verbergen.

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    Michel von der Schwand, 08.11.2021, 09:53 Uhr

    Und der Rimoldi amtete als Standbetreuer, oder was? Die Scietologen gehören verboten. Hier handelt es sich um eine Sekte, welche manipuliert, rassistisch veranlagt ist und einfach nur groben Unfug vertritt.

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  • Profilfoto von Jürg Stettler Scientology
    Jürg Stettler Scientology, 08.11.2021, 06:57 Uhr

    Schade hat Zentralplus die Meinung von Scientology nicht eingeholt, um die Behauptungen zu verifizieren.
    So dürfen die Künzis in Zürich nicht mal erfahren, ob und wann Stände von Scientology stattfinden und sind mit ihren Begehren abgeblitzt. In anderen Städten wie z.B. Winterthur haben sie ein Verbot in der Nähe der Stände zu stehen, in Luzern halten sie immer wieder die 15 Meter Abstand nicht ein, die Verwaltung wurde entsprechend informiert. Für uns ist dies schlicht religiöser Rassismus, der zum Glück von vielen Städten gestoppt wurde.

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    • Profilfoto von Onlyone
      Onlyone, 08.11.2021, 08:49 Uhr

      Das ist eine Sekte und gehört verboten.

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    • Profilfoto von Michel von der Schwand
      Michel von der Schwand, 08.11.2021, 09:59 Uhr

      Ihre Sekte hat nicht das Geringste mit Religion zu tun. Hier handelt es sich nachweislich um Manipulation mit dem Ziel, den Mitgliedern das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ihre Sekte hat nachweisliche Leben und Familien zerstört. Es ist schlichtweg einfach nur ein grosser Witz, dass ihre Sekte als Kirche anerkannt ist. Es ist ein absoluter Skandal, dass die Stadt den Stand überhaupt bewilligt hat. Einfach nur unfassbar. Hier frage ich mich, wo der stadtbekannte Anwalt bleibt, der nicht müde wird, alles in Grund und Boden zu verklagen.

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    • Profilfoto von mvonrotz
      mvonrotz, 08.11.2021, 13:11 Uhr

      Sie haben Glück dass wir Meinungsfreiheit haben. Meiner Meinung nach sollte Scientology der Status als «Kirche / Religion» aberkannt werden und sie ganz klar als Sekte klassifiziert werden.

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      • Profilfoto von lulu
        lulu, 08.11.2021, 14:45 Uhr

        Es hat mich bereits beim Lesen des Leades gestört, dass die Sekte als «Kirche» bezeichnet wird. Etikettenschwindel …

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      • Profilfoto von Roli Greter
        Roli Greter, 10.11.2021, 09:23 Uhr

        Dies sollte auch andersrum gelten (und nein, ich gehöre gar keiner Glaubensgemeinschaft an).

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  • Profilfoto von Andreas Bründler, Kriens - Bleiche
    Andreas Bründler, Kriens - Bleiche, 07.11.2021, 23:08 Uhr

    Scientology ist sehr gefährlich und hat schon viele Personen und Familien zerstört, nicht nur amerikanische, sondern auch Schweizer Familien. Dass Scientology eine anerkannte Kirche ist, ist schwer zu verstehen. Wer schon einmal in Clearwater, Florida, war, weiss wie die Scientology ihre Mitglieder unter Druck setzt um Geld abzugeben. Scientology wurde schon oft untersucht und ist auch im Fokus des U.S. Internal Revenue Service IRS. Auf der weltweit annerkannten Webseite Wikipedia gibt es einen sehr grossen Eintrag über Tax Status of Scientology in the United States.

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