TV-Zuschauer für Führungen begeistern

Tourismus lanciert «Tatort»-Rundgänge in Luzern

Luzerns Tourismusdirektor Marcel Perren beim Fritschibrunnen, wo auch schon ein Tatort-Darsteller sein Leben aushauchen musste. (Bild: lwo)

Eine neue Stadtführung soll «Kriminaltouristen» nach Luzern locken. Luzern Tourismus will so vom Boom der Tatort-Krimis profitieren. Dass man sich dabei aber einiges einfallen lassen muss, zeigt das Beispiel Berlin.

Die Tatort-Kriminalreihe von ARD, ORF und SRF ist Kult. Im Schnitt kleben pro Serie im deutschsprachigen Euroraum stattliche neun Millionen Zuschauer vor den Fernsehgeräten. Wenn Til Schweiger unter dem ulkigen Alias «Nick Tschiller» eine halbe Stadt in Schutt und Asche legt und Bösewichte im Minutentakt über den Haufen schiesst, wie in «Willkommen in Hamburg», wird auch schon mal die Zwölf-Millionen-Marke geknackt. Dahinter verbirgt sich nicht nur Unterhaltung, sondern auch ein grosses touristisches Potential.

Andere Städte machen es vor

Zum einen werden die Tatort-Städte wie Münster, Berlin, Wien oder eben auch Luzern oft im besten Licht präsentiert. Zum anderen gibt es offenbar ein beachtliches Potential an eingefleischten Tatort-Freaks, die sich gerne die Originaldrehplätze anschauen. In Münster, Berlin oder Hamburg haben sich deshalb Stadtrundgänge an Tatort-Mord-Schauplätze längst etabliert. Nun will auch Luzern von diesem «Kriminaltourismus» profitieren. «Ja, wir möchten solche Führungen auch in der Stadt Luzern anbieten», bestätigt Marcel Perren,  Direktor von Luzern Tourismus, eine Anfrage von zentral+.

Zwar sei man erst im Anfangsstadium der Planung, betont Perren. Aber falls alles rund läuft, könnten ab 2016 die ersten regelmässig stattfindenden Tatort-Stadtführungen durch Luzern angeboten werden. «In anderen Städten läuft das sehr erfolgreich», so Perren. Das hätten Vorabklärungen ergeben. Und da sich Luzern als Tatort-Stadt je länger je mehr etabliere, gäbe es auch immer mehr interessante Drehorte, die sich besuchen liessen. Wo die Krimi-Führungen genau hinführen sollten, wie sie konzipiert werden und was der Spass kosten wird – das will Luzern Tourismus in enger Zusammenarbeit mit der Stadt nun herausfinden.

100 Millionen potentielle Besucher pro Jahr

Spannend im Tatort-Kontext ist auch die unmittelbare Auswirkung auf die touristische Nachfrage. «Wir spüren es gut, wenn wieder ein Schweizer-Tatort ausgestrahlt wurde», sagt Marcel Perren, Direktor von Luzern Tourismus. Nach jedem Krimi-Sonntag mit Luzern in der Hauptrolle gibt's laut Perren in den drei, vier Tagen darauf Dutzende Anfragen von aus- und inländischen Interessenten. Infolge das Tatorts «Hanglage mit Aussicht» etwa wurden deswegen 4'400 Zugriffe auf die Website von Luzern Tourismus registriert. Pro Jahr werden in unserer Region rund 50 internationale TV-Produktionen realisiert (zentral+ berichtete). Perren schätzt, dass aufgrund dieser Produktionen pro Jahr etwa 100 Millionen TV-Zuschauer auf unsere Region aufmerksam gemacht werden.

Führung muss viele Extras bieten

Klar ist für Marcel Perren: Einfach ein bisschen in der Stadt rumspazieren und sagen «Hier ist jemand erschlagen worden», und «Hier wurde jemand erschossen» – das genügt natürlich nicht. Da würden sich die eingefleischten Tatort-Fans schnell langweilen. Deshalb muss die Krimitour spannend verpackt und verkauft werden. Im deutschen Münster etwa, wo die kauzigen Hauptdarsteller, Kriminalhauptkommissar Frank Thiel und Rechtsmediziner Prof. Karl-Friedrich Boerne, für gepflegte Unterhaltung sorgen, wird eine spielerische Stadterkundung angeboten. Gemäss Webseite des Anbieters wird dabei «Bemerkenswertes und Merkwürdiges aus der Geschichte Münsters» vermittelt. Inklusive Krimi-Dinner. Und in Berlin wird – Achtung: Action – gleich auch «hinter die Kulissen auf die realen Schauplätze der Kriminalität in der Stadt geblickt.»

Bloss 20 Besucher pro Tour in Berlin

Was das konkret heisst, weiss Jörg Zinthrof vom Veranstalter StattReisen Berlin: «Unsere dreistündige Tour startet mit einem 15-minütigen Video-Zusammenschnitt der packendsten Berliner Tatort-Szenen. Dann schauen wir uns die Drehplätze vor Ort an, besprechen, was die Szene mit der Berliner Realität zu tun hat und wie die Stadt als ganzes im Krimi dargestellt wird.» Seit rund zwölf Jahren gibt’s dieses Angebot in der Bundeshauptstadt. Ein lukrativer Selbstläufer ist es jedoch nicht. Laut Zinthrof besuchen jeweils zwischen 15 und 25 Personen die jährlich vier bis fünf öffentlichen Führungen. Zusätzlich gibts jährlich eine Handvoll Firmen, die die Krimitour für ihre Mitarbeiter oder Geschäftskunden buchen. «Die kulturelle Konkurrenz hier bei uns in Berlin ist enorm gross. Insofern sind wir mit der Nachfrage nach den Tatort-Führungen sehr zufrieden.»

Die nächsten Luzerner Tatort-Krimis, «Schutzlos» und «Sniper», werden diesen Sommer/Herbst ausgestrahlt. Die Dreharbeiten für das neuste Werk starten diesen Frühling. Zum Schluss noch dies: Die gerade beim Luzerner Tatort nicht wahnsinnig selten geäusserte Kritik an der Qualität der Produktion hat – zum Glück – laut Perren wohl keinen Einfluss auf die touristische Nachfrage.

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