Kantonsrat Urban Frye fragt nach

Was unternimmt der Kanton Luzern gegen Antisemitismus?

An der Pro-Palästina-Kundgebung in Luzern am 11. November wurden auch mutmasslich antisemitische Parolen geäussert. (Bild: zentralplus)

Antisemitismus keimt auch in der Schweiz wieder auf, sagt der Kantonsrat Urban Frye (parteilos). Er will vom Luzerner Regierungsrat wissen, was der Kanton dagegen unternimmt.

Hier lebende Juden würden für den Konflikt und die prekäre Lebenssituation der Menschen im Gazastreifen und im Westjordanland verantwortlich gemacht, schreibt der Luzerner Kantonsrat Urban Frye in einer soeben eingereichten Anfrage an den Regierungsrat. Der ehemalige Grüne-Politiker, der seit gut zwei Monaten parteilos ist, erläutert, dass judenfeindliche Parolen an Demonstrationen ertönen würden. Noch schlimmer sei der «verdeckt aufkeimende Antisemitismus in immer breiteren Kreisen der Gesellschaft» sowie am rechten und linken politischen Rand.

Judenfeindliche Parolen beobachtete auch zentralplus an der Pro-Palästina-Demonstration am 11. November im Luzerner Vögeligärtli. Gut 300 Personen nahmen an der bisher einzigen solchen Kundgebung im Kanton Luzern teil. Es herrschte viel Trauer und Wut (zentralplus berichtete). Demonstranten riefen immer wieder: «From the river to the sea, Palestine will be free».

Mit diesem Ausruf fordern sie, dass Palästina vom Fluss Jordan bis zum Mittelmeer frei sein soll. In diesem Gebiet liegt Israel. Der Aufruf könnte als Auslöschung und Vertreibung von Juden aus ihrem Land verstanden werden, erklärte der Strafrechtsprofessor Marcel Niggli gegenüber der «NZZ». Laut ihm ist die Parole antisemitisch, strafrechtlich sei sie jedoch nicht relevant.

Angriff der Hamas lasse sich durch nichts rechtfertigen

Der Angriff der Hamas auf die israelische Zivilbevölkerung Anfang Oktober dieses Jahres lasse sich durch nichts rechtfertigen, schreibt Urban Frye in seiner Anfrage. Jedes «Ja, aber» bezüglich des Terrorangriffs sei zynisch gegenüber den Opfern und ihren Angehörigen. «Der von der Hamas provozierte neue Krieg in Palästina verursacht unter der palästinensischen und israelischen Zivilbevölkerung immenses Leid», schreibt Frye.

Auf Pausenplätzen und Social Media fänden antisemitische Äusserungen Gehör, schreibt der Kantonsrat. Laut dem Politiker wachsen Jugendliche und junge Erwachsene nicht mehr mit einer gelebten Erinnerungskultur auf. Dies liege am Wegsterben der Generation, welche den Holocaust und den Faschismus miterlebt habe.

In Absprache mit Israelitischer Religionsgesellschaft

Seine Anfrage an den Kantonsrat entstand in Absprache mit der Israelitischen Religionsgesellschaft, schreibt Frye. Er will wissen, ob der Regierungsrat Kenntnis von antisemitischen Äusserungen oder Vorfällen im Kanton Luzern hat – sei es an Demonstrationen, an Schulen oder auch im Internet. Bezüglich der Kundgebung fragt er, ob die Regierung Kenntnis von einem Bericht über mögliche antisemitische Äusserungen habe, den die Polizei erstellen soll. Er fragt zudem, wie der Regierungsrat die «zunehmende Intoleranz gegenüber jüdischen Glaubensgemeinschaften» einschätzt.

Weiter will Frye wissen, ob die Behörden in Kontakt mit jüdischen Glaubensgemeinschaften stehen und ob für jüdische Einrichtungen ein Sicherheitsdispositiv bestehe. Er fragt zudem, ob die Regierung in Kontakt stehe mit der Universität und der Hochschule, um sicherzustellen, dass innerhalb des Lehrbetriebs oder innerhalb der Universität agierender Organisationen keine antisemitischen Äusserungen Platz finden.

Urban Frye will wissen, ob sich die Regierung vorstellen kann, eine Organisation aufzubauen, welche den jungen Personen in Luzern das jüdische Leben näherbringt, etwa durch Schulbesuche von Jüdinnen.

Engagement für ukrainische Flüchtlinge

Der frühere Politiker der Luzerner Grünen ist unter anderem bekannt durch anderes Krisen-Engagement. Ende Februar dieses Jahres machte er sich selber mit dem Auto auf den Weg ins Ukraine-Kriegsgebiet (zentralplus berichtete). Im Herbst gab er dann wie erwähnt seinen Parteiaustritt bekannt (zentralplus berichtete). Aufgrund des Pazifismus der Grünen im Ukraine-Krieg wolle er nicht mehr Teil der Partei sein. Momentan ist der Kantonsrat parteilos.

Verwendete Quellen
  • Anfrage von Kantonsrat Urban Frye, parteilos
  • Medienarchiv zentralplus
  • Artikel der «Neuen Zürcher Zeitung»
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