Der Luzerner Stadtrat will einiges tun, um Migranten in Luzern willkommener zu heissen als bisher. Unter anderem will er einen «Welcome Desk» schaffen. Bei anderen Massnahmen sind ihm die Hände gebunden.
Gleich vier Vorstösse zum Thema Integration musste der Luzerner Stadtrat beantworten. Und ein ganzes Paket an Forderungen abarbeiten. Dahinter stehen Selina Frey und Marco Müller, die beide für die Grünen im Grossen Stadtrat sitzen (zentralplus berichtete).
Aus Sicht der Fraktion der Grünen und Junge Grünen macht die Stadt Luzern zu wenig für eine «gelebte Willkommenskultur». Neu in der Stadt Luzern wohnende Migrantinnen sollen sich rascher willkommen fühlen – und sich besser integrieren können.
Stadtluzerner Grüne fordern Massnahmen zur Integration
Frey und Müller wollen unter anderem, dass jeder Zugezogene zu einem persönlichen Willkommensgespräch eingeladen wird – und, dass ein «Welcome Desk» geschaffen wird, wie es einen bereits in Städten wie Zürich und Winterthur gibt. Jede, die neu nach Luzern gezogen ist – sei es aus dem Ausland oder einem anderen Kanton – kann bei diesem Desk niederschwellig Informationen beziehen und sich beraten lassen.
Selina Frey und Marco Müller namens der Grüne-/Junge-Grüne-Fraktion«Sobald eine Person einen besseren Aufenthaltsstatus hat, ist es beispielsweise einfacher, eine neue Arbeitsstelle oder eine neue Wohnung zu finden.»
Nun liegen die Antworten des Stadtrats vor. Wie er ausführt, ziehen pro Jahr zwischen 6000 und 7000 Personen neu in die Stadt. Davon kommen rund 35 Prozent aus dem Ausland, der Rest zöge innerhalb der Schweiz nach Luzern. Der Stadtrat rechnet mit rund 1700 Willkommensgesprächen, die er jährlich durchführen müsste. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimme hier nicht. Zumal viele Fragen erst im Alltag aufkämen.
In der Stadt soll es bald einen «Welcome Desk» geben
Stattdessen möchte der Stadtrat einen «Welcome Desk» schaffen. An diesem könnten Zugezogene nicht nur Erstinformationen zum Leben in Luzern abholen, sondern sie können ihn auch zu einem späteren Zeitpunkt aufsuchen. Insbesondere zugezogene Migrantinnen würden sich eine solche Anlaufstelle wünschen. Das zeigt sich daran, dass die Integrationskommission und interkulturelle Treffs «zunehmend mit Fragen zur Alltagsorientierung und Integration konfrontiert» würden.
«Ein geregeltes Angebot eines analog besetzten ‹Welcome Desks› könnte eine Vielfalt von Themen auffangen und auch gezielt triagieren», so der Stadtrat. Deswegen möchte er ab 2025 ein dreijähriges Pilotprojekt durchführen. Zudem will er die Website für Zugewanderte weiterentwickeln.
Für die Umsetzung des «Welcome Desk» müsste ein neues Pensum von rund 50 Prozent geschaffen werden, befristet auf drei Jahre. Für das Projektbudget will die Stadt rund 30'000 Franken pro Jahr beantragen.
Reif für den B- oder C-Ausweis – Brief vom Einwohnerdienst?
In einem weiteren Postulat forderten die Stadtluzerner Grünen, dass Migranten, die reif für einen neuen Aufenthaltsstatus seien, darauf aufmerksam gemacht werden sollen.
«Viele Personen mit F-, B- oder S-Ausweis, die in der Stadt Luzern leben, wissen nicht, wann und wie sie
einen sichereren Aufenthaltsstatus beantragen können», schreibt die Fraktion. Zudem sei es kompliziert und zeitaufwendig, eine Aufenthaltsbewilligung zu beantragen. Sie fordert deswegen, dass die Einwohnerdienste Personen, die Anspruch auf den Aufenthaltsstatus B oder C haben, einmal jährlich anschreibt.
Zuständig für den Aufenthaltsstatus ist der Kanton
Die Stadt ist der gleichen Meinung wie die Postulanten, dass sich ein gesicherter Aufenthaltsstatus positiv auf die Integration von Migrantinnen auswirke. Jedoch ist nicht die Stadt, sondern der Kanton dafür zuständig. Genauer gesagt das Amt für Migration des Kantons (Amigra). «Das Wissen, welche Personen die Grundvoraussetzungen für einen Statuswechsel erfüllen, liegt ausschliesslich beim Amigra», so der Stadtrat. Diese prüft auf Antrag eingereichte Gesuche.
In der Stadt leben rund 10'000 Personen mit einem Aufenthaltsstatus F, B und S. Wer von ihnen ein Anrecht auf den Status B oder C hat, weiss die Stadt nicht – weil sie auch nicht für aufenthaltsrechtliche Fragen zuständig ist. Nur das Amigra habe diese Daten.
Dass die Stadt an alle ungefiltert einen Brief schickt, ohne vorgängig zu prüfen, ob überhaupt Anrecht auf einen neuen Status besteht, schösse am Ziel vorbei. «Es könnten bei der Zielgruppe teilweise unerfüllbare Erwartungen geweckt werden, was zu unnötigen Frustrationen führen kann.» Zumal die Stadt aus Sicht des Stadtrats «die falsche Absenderin eines solchen Briefs» wäre.
Stadt will beim Kanton Druck machen
Die Stadt hat deswegen beim Amigra nachgefragt. Falls jährlich ein Grossversand stattfände, gäbe es wohl mehr Anfragen und Gesuche. Das Amigra sei jedoch nicht in der Lage, diese zeitnah zu erledigen.
Luzerner Stadtrat in seiner Stellungnahme«Der Stadtrat bedauert es, dass das Amigra die betroffenen Zugewanderten nicht aktiv und regelmässig über einen möglichen Statuswechsel informiert.»
Alles in allem scheint dies eine unbefriedigende Situation für den Stadtrat zu sein. «Der Stadtrat bedauert es, dass das Amigra die betroffenen Zugewanderten nicht aktiv und regelmässig über einen möglichen Statuswechsel informiert.» Deswegen möchte er auf den Kanton zugehen, und ihn bitten, die anspruchsberechtigten Haushalte zu informieren. Auch möchte die Stadt bewirken, dass die Gesuchsbehandlung beim Amigra beschleunigt wird.
Hilfe bei Gesuchen: Fabia soll helfen
Zudem will der Stadtrat die Leistungsvereinbarung mit der Fachstelle für die Beratung und Integration von Ausländerinnen und Ausländern (Fabia) ausbauen. Diese berät im Auftrag des Kantons Ausländerinnen und hat auch eine entsprechende Leistungsvereinbarung mit dem Kanton. Vertiefte Hilfestellungen bei der Antragstellung eines Statuswechsels seien jedoch nicht Bestandteil des kantonalen Auftrags. Diese sind auch nicht Teil der Leistungsvereinbarung mit der Stadt. Das will die Stadt ändern und den Leistungskatalog erweitern.
Weiter will der Stadtrat prüfen, wie das Potenzial von Kulturvereinen besser genutzt werden und wie diese gefördert werden können, weil Kulturvereine zwischen der zugewanderten und der hier aufgewachsenen Bevölkerung vermitteln würden.
- Stellungnahmen des Luzerner Stadtrats zum Postulat 275, 276, 277, 278
- Postulate von Selina Frey und Marco Müller namens der Grüne-/Junge Grüne-Fraktion