Stimmvolk will günstigen Wohnraum

Haarscharfes Ja für SP-Initiative in Zug: So wenige Stimmen entschieden

Einer der grossen Gewinner dieses Abstimmungssontags: der Stadtzuger SP-Präsident Rupan Sivaganesan. (Bild: Andreas Busslinger / zvg)

Die städtische Stimmbevölkerung stimmte extrem knapp für die SP-Initiative in Zug. Sie setzt damit ein Zeichen in Sachen preisgünstigen Wohnraum. Und bringt den Stadtrat ins Schwitzen.

Die prekäre Wohnungssituation in Zug ist den meisten Bewohnern bekannt. Bis in bürgerliche Kreise ist klar, dass sich etwas ändern muss. Das Abstimmungsergebnis zur Initiative «2000 Wohnungen für den Zuger Mittelstand» zeigt es nun schwarz auf weiss: Die städtische Bevölkerung will eine Veränderung. Sie hat die Abstimmungsvorlage aus dem Hause SP mit 50,188 Prozent angenommen. Das Ja-Lager wies gerade einmal 34 Stimmen mehr auf als die Nein-Seite. Die Stimmbeteiligung lag bei hohen 56,17 Prozent.

Dass die SP-Initiative in Zug angenommen wird, war alles andere als selbstverständlich. Nicht nur der Stadtrat, sondern auch FDP, Mitte und SVP hatten sich negativ zur Vorlage geäussert. Unter dem Titel «Falsches Rezept» wurde im Vorfeld zudem ein Gegenkomitee gegründet.

Regeln zum Wohnungsbau ändern sich drastisch

Ziel der SP-Initiative in Zug ist es, dass bis im Jahr 2040 20 Prozent der städtischen Wohnungen preisgünstig werden – dies mittels strengen Regulierungen. In Verdichtungsgebieten müssen bis in 17 Jahren mindestens 40 Prozent der neu gebauten Wohnungen preisgünstig werden.

Weiter müssen jetzt gemäss Initiative die städtischen Grundstücke im Gimenen, Steinlager und an der Chamerstrasse «umgehend» durch öffentliche Körperschaften und gemeinnützige Wohnbauträger mit preisgünstigen Wohnungen überbaut werden. Das alte Gaswerkareal hinter dem Kaufmännischen Bildungszentrum ist ebenfalls für diesen Zweck zu nutzen, sobald es in den Händen der Stadt ist. Aktuell befindet es sich noch im Besitz des Kantons.

Birchmeier malt wegen SP-Initiative in Zug schwarz

Bei der Verkündung der Resultate im Burgbachsaal herrschte unter den Politikerinnen eine seltsame Stimmung. Während die SP jubelte, schien Bauchefin Eliane Birchmeier am Resultat zu beissen haben. Sie erklärte denn auch sogleich, warum: «Klar akzeptieren wir den Entscheid des Stimmvolkes. Dennoch tut es etwas weh. Nun müssen wir jedoch alle Bauverfahren stoppen und die Konsequenzen prüfen, welche dieser Volksentscheid mit sich bringt.» Dies betreffe etwa die Bauunterfangen Äussere Lorzenallmend, Baarerstrasse West, An der Aa, LG-Areal sowie Metalli.

«Bei all diesen Projekten waren 20 Prozent preisgünstiger Wohnraum geplant. Durch den Stopp müssen wir schauen, wie es nun weitergeht», so Birchmeier. Sie gibt zu bedenken: «Es scheint, als wäre nicht genügend angekommen beim Volk, was diesbezüglich in der Stadt bereits gemacht wird. An dieser Kommunikation müssen wir arbeiten. Ganz nach dem Motto: Tue Gutes und sprich darüber.»

«Das ist gelebte Demokratie.»

André Wicki, Zuger Stadtpräsident

Stadtpräsident André Wicki formuliert es kurz und knapp: «Der Stadtrat hat sich gegen den Vorstoss geäussert, der Grosse Gemeinderat hat die Initiative ebenfalls klar abgelehnt. Das Volk spricht sich nun dafür aus. Das ist gelebte Demokratie.»

De Gobbi widerspricht Birchmeier

SP-Fraktionschef Ivano De Gobbi ist sichtlich erfreut, ja begeistert vom Resultat. Eliane Birchmeiers schwarzmalerischer Haltung widerspricht er jedoch klar. «Ich bin absolut nicht einverstanden mit der Aussage des Stadtrats, dass man alle Bebauungspläne aufgrund des Resultats stoppen muss. Beim Areal An der Aa kann man den Anteil des preisgünstigen Wohnungsbaus einfach raufsetzen. Dem hat sogar die ZVB bereits zugestimmt.»

Auch der Bebauungsplan GIBZ erfülle die Bestimmungen mit dem Hochhaus Pi bereits. «Bei den weiteren Bebauungsplänen wäre ‹stoppen› der falsche Begriff. Man muss dort einfach herausfinden, wie hoch der Anteil des preisgünstigen Wohnens liegt.»

«Es ist bedauerlich, dass der Stadtrat nicht in Erwägung zog, einen Gegenvorschlag zu schaffen.»

Rupan Sivaganesan, Präsident SP Stadt Zug

Rupan Sivaganesan, Präsident der SP Stadt Zug, ist mehr als glücklich über das Resultat. «Dennoch ist es bedauerlich, dass der Stadtrat nicht in Erwägung zog, einen Gegenvorschlag zu schaffen, was für uns durchaus eine Option gewesen wäre.»

Bedauern äussert auch das Komitee «Falsches Rezept», das gegen die Initiative geweibelt hat. Die städtische FDP-Präsidentin Elisabeth Glas sagt: «Es handelt sich um ein sehr emotionales Thema, was sich im Resultat widerspiegelt. Tatsächlich ist unsere Leerstandsquote erbärmlich.» Sie respektive das Gegenkomitee hätte sich jedoch einen anderen Lösungsweg gewünscht, um das Wohnraumproblem anzugehen.

«Für mich stellt sich jedoch nach diesem Resultat eine andere Frage: Wie weit ist das Volk von ihren Vertretern im GGR und Stadtrat, obwohl es deren Mitglieder ja selber gewählt hat?» Eine gute Frage, in der Tat.

Klare Haltung bezüglich Schwimmbad

Viel deutlicher als zur Wohnungsinitiative äusserten sich die Zugerinnen zum Thema Hallenbad. 81 Prozent der Bevölkerung äusserten am Sonntag ihren Wunsch nach einem neuen Schwimmbad auf städtischem Boden. Die Initiative wurde von der städtischen CSP ins Leben gerufen (zentralplus berichtete). Die notwendigen Unterschriften wurden in Windeseile gesammelt, und auch später wehte dem Vorstoss praktisch kein Widerstand entgegen. Ein Ja war daher erwartbar.

Verwendete Quellen
  • Medienkonferenz der Stadt Zug
  • Abstimmungsergebnisse
  • Frühere Berichterstattung
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3 Kommentare
  • Profilfoto von Roli Greter
    Roli Greter, 20.06.2023, 00:08 Uhr

    Gute Sache, und in 20 Jahren haben sich die Steuern verdoppelt:)

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  • Profilfoto von Corry Gunz
    Corry Gunz, 18.06.2023, 16:13 Uhr

    Stadt und Kanton haben die Sorgen und Nöte der Bevölkerung viel zu lange ignoriert. Als ob 30 Jahre Gentrifizierung nicht ausgereicht hätte. Auch der Kanton formuliert Lippenbekentnisse, man wolle weniger Zuwanderung, um genau das Gegenteil zu fördern. Es wäre nun endlich Zeit, im ganzen Kanton aktiv zu werden, nicht nur in der Stadt Zug.

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  • Profilfoto von Mirjam
    Mirjam, 18.06.2023, 15:56 Uhr

    Es zeigt definitiv, dass im bürgerlichen Zug die Wohnungssituation alle beschäftigt. Der Zuger Stadtrat und damit die Vorsteherin, Eliane Birchmeier, hat zu lange an der Bevölkerung vorbeipolitisiert. Die Abstimmung dürfte heute einen Meilenstein darstellen. Doch statt diesen zu würdigen, malt Frau Birchmeier die Situation schwarz. Das zeigt einmal mehr, wie sie politisiert und mit viel Dramatik dagegen hält. Nun geht es darum, dies umzusetzen und nicht mit weiteren Blockaden zu drohen. Solche Aussagen sind einer Stadträtin unwürdig!

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