So viel investieren Luzern und Zug in den Bandcontest

Ist die Sprungfeder eine Rockstar-Fabrik?

«Taktlos» am Finale der Sprungfeder 2022 auf der grossen Schüür-Bühne. (Bild: Noemi Müller)

Luzern und Zug investieren mit Kulturfördergeldern für den Wettbewerb Sprungfeder in die Zukunft der lokalen Musikszene. Doch zahlt sich das aus? Zwei Musikexpertinnen haben für zentralplus die Karrieren der Gewinnerbands analysiert.

Femmemeuf, Pixie Dust, Don Jules and the Juliettes – sollten dir diese Bandnamen nichts sagen, lässt sich dein Unwissen möglicherweise schuldmindernd darauf zurückführen, dass es sich – ganz der Sprungfeder-Prämisse entsprechend – um Zentralschweizer Nachwuchsmusikerinnen handelt. Insgesamt 15 Bands wollen den Bandcontest gewinnen.

Öffnen sich dann Tor und Tür zu Radio-Playlists, Festivalbühnen und Musiklabels für die Gewinner?

Das hat zentralplus Eila Bredehöft, Geschäftsleiterin der Galvanik in Zug, und Visu Suter, Luzerner Rapper und Moderator bei SRF Virus, gefragt. Sie haben die Gewinnerbands der bereits 25-jährigen Sprungfeder auf ihren kommerziellen Erfolg überprüft – und sind auf eine Handvoll Namen gestossen, die es effektiv zu etwas gebracht haben.

Airplay – alles andere ist heisse Luft

Damian Lynn, Weibello, Daens, Yet No Yokai bzw. Shoot The Satellite, Highfish – solltest du auch diese Namen nicht kennen, kann zentralplus keine schuldmindernden Entschuldigungen bereitstellen. Die Bands haben – teilweise in anderen Formationen, Damian Lynn beispielsweise noch als Teil der Band Sway 89 – die Sprungfeder gewonnen und es auf die nationale Bühne und ins Radio geschafft.

Möglicherweise auch, weil Musikredaktionen Schweizer Bandcontests «auf dem Schirm haben», wie Visu Suter verrät. Vor allem die «kleineren» Sender, etwa Radio 3FACH oder Jam On Radio, seien interessiert daran, den Bands eine Plattform zu bieten. «Doch auch wir von SRF-Virus hören uns die Gewinner an», sagt der Moderator, der als Rapper unter dem Pseudonym und Spitznamen Visu selbst zweifacher Teilnehmer des Bandcontests war.

Bands würden natürlich auch Airplay erhalten, wenn sie direkt an die Musikredaktionen gelangen – oder von diesen entdeckt würden. «Aber der Gewinn bei der Sprungfeder erhöht die Chancen definitiv.»

Bookings – wer keine abkriegt, muss über die Bücher gehen

Angehört würden die Gewinnerbands auch von Booking-Verantwortlichen der Festivals und Kulturhäuser im Lande, weiss Eila Bredehöft. Doch fänden sie eher selten ins Programm – auch, weil sie trotz Sieg kaum Publikum anzögen. «Prinzipiell suchen wir eher nicht nach unbekannten Bands», erklärt Bredehöft. Es gilt schliesslich, den Saal zu füllen.

Dennoch empfiehlt sie Bands die Teilnahme an der Sprungfeder – übereinstimmend mit Visu Suter – «unbedingt». Aber nicht etwa des kommerziellen Erfolgs wegen. Sondern um sich zu vernetzen, Bühnenluft zu schnuppern und zu lernen, was es braucht, um ein «professionelles» Konzert spielen zu können. «Du lernst, wie du das Publikum für dich gewinnst», fügt Suter bestätigend an.

Subventionen – ohne sie müsste die Sprungfeder unten durch

Ähnlich antworten die Geldgeberinnen der Sprungfeder, zu denen auch die Städte und Kantone Luzern und Zug gehören. «Der Wettbewerb Sprungfeder stellt die Förderung von Kreativität und Innovation der jungen Bands in den Vordergrund», sagt Iris Weder, die Stadtzuger Leiterin der Abteilung Kultur. «Die Preise unterstützen die jungen Musikschaffenden in ihrer Professionalität und Qualität und können somit den nötigen Impuls für einen gelungenen Start in ihre Musikkarriere geben.»

Bis zu 50 Prozent des Sprungfeder-Budgets macht die Kulturförderung durch die öffentliche Hand aus. Doch die Beträge sind überschaubar: Luzern und Zug subventionieren den Verein mit insgesamt 15’500 Franken – und legen noch mal 400 bis zu 1000 Franken pro Band aus dem eigenen Kanton obendrauf.

Val Mahler (links) und Noemi Mahler organisieren die Sprungfeder als Co-Geschäftsleitung, während Caroline Käch, ihrerseits Konzert- und Festivalveranstalterin, als Social-Media-Managerin das Team vervollständigt. (Bild: Noemi Müller)

«Ohne die öffentliche Hand wäre ein Bandcontest wie die Sprungfeder nicht denkbar», erklärt Noemi Mahler, die mit Val Mahler das Sprungfeder-OK bildet. Die Geschwister sind beide in der Kulturszene aktiv, gründeten und organisieren etwa das Grind Stone Festival in Nottwil. Val singt zudem in der Luzerner Indie-Rock-Band Call Me Clark.

Publikumsmagnet – das Finale zieht die Massen an

Dass die Sprungfeder 30 bis 50 Prozent ihres Budgets von der öffentlichen Hand bezieht, hat möglicherweise auch damit zu tun, dass die Konzertabende in Luzern, Zug, Altdorf und Stans längst nicht immer ausverkauft sind. Was wohl in der Natur der Sache liegt: Unbekannte Bands wollen das Sprungbrett Bandcontest auch nutzen, um bekannter zu werden. Immerhin: Wer die Vorrunde besteht, darf sich im Finale auf eine gut gefüllte Schüür freuen. «Mit Blick auf die vergangenen Jahre gehen wir von 400 bis 500 Besuchenden aus», sagt Val Mahler.

Das Budget reicht, um den Bands, die es ins Finale schaffen, zwar keine Gage, dafür aber Preise im Gesamtwert von 23'000 Franken bieten zu können. Wie etwa die Produktion von Songs in einem Tonstudio, ein professionelles Livevideo vom Konzert in der Schüür oder Auftrittsmöglichkeiten an Zentralschweizer Festivals.

Kontakte – wertvoller als Cash

Doch Zahlen alleine machen den Erfolg der Kulturinstitution Sprungfeder nicht aus. «Wir haben den Sprungbretteffekt mit unseren Kick-off-Veranstaltungen, die dem ungezwungenen Austausch und Kennenlernen zwischen Teilnehmenden und den Sprungfeder-Partnerinnen dienen, zusätzlich vergrössert», schlägt Noemi Mahler die Brücke zur strategischen Neuausrichtung der Sprungfeder unter dem Geschwisterduo, mit verstärktem Fokus auf die Vernetzung. So hätten die Bands die Möglichkeit, mit Organisationen wie Riser, La Gustav, Helvetiarockt oder dem Musikbüro Luzern in Kontakt zu treten.

Eine erste Kick-off-Veranstaltung haben die Bands bereits hinter sich. Die Vorrunden finden Anfang November statt. Und wen sieht die Co-Geschäftsleitung am Ende ganz oben auf dem Podest? Antworten bekommt zentralplus – wenig überraschend – nur «off the record». Bekannt ist hingegen: Jede fünfte Gewinnerband landet potenziell bei «SRF»-Radiomoderator Visu Suter in der Playlist – und bei Eila Bredehöft im Line-up der Galvanik.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Val und Noemi Mahler, Co-Geschäftsleitung Sprungfeder
  • Schriftlicher Austausch mit Eila Bredehöft, Geschäftsleiterin Galvanik
  • Schriftlicher Austausch mit Visu Suter, «SRF»-Moderator und Rapper Visu
  • Schriftlicher Austausch mit Letizia Ineichen (Stadt Luzern), Regula Huber (Kanton Luzern), Iris Weder (Stadt Zug), Lukas Fürrer (Kanton Zug)
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1 Kommentar
  • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
    Marie-Françoise Arouet, 24.10.2023, 21:35 Uhr

    Das ist alles bloss Pop-Musik, also ein Produkt der Unterhaltungs-Industrie, und hat mit Kultur nicht das Geringste zu tun. Harmonik, Melodik, Grossform und vor allem auch Rhythmik werden auf einem Niveau angewendet und reproduziert, das sich mit einfachsten Hervorbringungen der letzten 800 Jahre Musikgeschichte in keinem Moment messen kann. Diese Pseudo-Kunst gehört keinesfalls durch die öffentliche Hand direkt oder indirekt gefördert.

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