Luzerner Festival fällt 2022 aus

Blue Balls: Enttäuschung und offene Fragen nach Absage

Kulturanlass und Volksfest: Das Blue Balls Festival fällt zum dritten Mal in Folge aus.

Nach zwei Jahren ohne Blue Balls haben sich viele Luzerner auf das Festival gefreut. Doch eine schwere Erkrankung des Festivaldirektors zwang die Organisatoren zur Absage. Das löst in Luzern Bestürzung aus und wirft Fragen auf.

«#BBF22 cancelled»: Knapp und kryptisch verkündet das Blue Balls die Absage in den Sozialen Medien. Auf der Website findet man die betrübliche Neuigkeit ebenso wenig prominent. Es scheint fast, als wollte man es noch nicht richtig wahr haben.

Das Festival muss, nach zwei coronabedingten Ausfällen, erneut abgesagt werden. Wie die Veranstalter am Freitagabend mitteilten, ist Festivaldirektor Urs Leierer schwer erkrankt und auf ärztliche Anordnung hin nicht in der Lage, den Anlass 2022 weiter zu betreuen (zentralplus berichtete).

Die Absage rund vier Monate vor dem Start des neuntägigen Fests überrascht. Die Vorbereitungen liefen bereits auf Hochtouren. Ein wesentlicher Teil des Programm war bereits bekannt – so wären dieses Jahr unter anderem James Blunt, Emeli Sandé, Passenger oder die Söhne Mannheims aufgetreten. Auch das Fotoshooting für das Aushängeschild, das sogenannte Blue Balls Face 22, ging bereits über die Bühne.

Nun wird also nichts aus der grossen Feier nach der Corona-Krise. Sowohl die Betroffenheit als auch die Enttäuschung in Luzern sind gross. Das zeigen unter anderem die Reaktionen in den sozialen Medien. Viele wünschen Festivalchef Urs Leierer, über dessen Erkrankung nichts Näheres kommuniziert wurde, gute Besserung.

Stadt Luzern von Absage überrumpelt

Für die Stadt Luzern kam die Absage «völlig überraschend», sagt Mario Lütolf, Leiter Veranstaltungen und Stadtraum, auf Anfrage. Auch Letizia Ineichen, Leiterin Kultur und Sport bei der Stadt, ist betroffen: «Wir sind geschockt über die Nachricht, dass Urs Leierer schwer erkrankt ist.» Sie wünsche dem Festivaldirektor viel Kraft und hoffentlich baldige und vollständige Genesung.

«Das Blue Balls Festival Luzern im und ums KKL ist ein äusserst beliebter Sommeranlass – wir bedauern die vollumfängliche Absage des Festivals sehr.» Aber: Den Entscheid des Vereins gelte es zu respektieren, denn nur er trage die Verantwortung und das Risiko.

«Wir wissen, wie sehr der Luzerner Bevölkerung das Festival fehlt, weshalb wir eine Absage verhindern wollten.»

Pirmin Lötscher, Verein Luzerner Blues Sessions

Auch der Verein Luzerner Blues Sessions ist gemäss Vizepräsident Pirmin Lötscher zutiefst bedrückt über die aktuelle Situation. «Wir wissen, wie sehr der Luzerner Bevölkerung das Festival fehlt, weshalb wir eine Absage verhindern wollten», sagt Lötscher. Die organisatorischen und finanziellen Risiken bei einer Durchführung seien in der jetzigen Situation jedoch zu hoch.

«In jedem anderen Moment hätten wir das Blue Balls wohl trotz dieser Erkrankung durchgeführt», so Lötscher weiter. «Aber wegen der coronabedingten Ausfälle des Festivals, die uns auch personell geschwächt haben, ist unsere Organisation noch nicht wieder so etabliert, dass sie das Festival ohne Direktor fertig aufgleisen kann.» Dank der frühzeitigen Absage, immerhin, könne man Aufwände möglichst gering halten.

Es bleiben noch einige Fragen offen

Der Schock sitzt offensichtlich tief. Derzeit beantwortet der Verein keine weiteren Fragen. So bleibt etwa offen, inwiefern Alternativen zur kompletten Absage ein Thema waren. Ebenso fragen sich in den sozialen Medien viele, wieso das Blue Balls so stark von einer Person abhängt, dass die schwere Erkrankung von Urs Leierer das Festival zum Erliegen bringt. Obwohl unbestritten ist, wie sehr er, der 1992 zu den Gründern gehörte, das Blue Balls nach wie vor prägt.

Er prägt den Anlass: Urs Leierer sagt die Konzerte am Blue Balls Festival jeweils selber an. (Bild: zVg)

Und nicht zuletzt werden sich dereinst auch finanzielle Fragen stellen. Trotz seiner Beliebtheit – jährlich pilgern rund 100’000 Gäste nach Luzern – kämpft das Blue Balls seit längerem mit Geldsorgen. Nach den zwei Coronajahren ist die dritte Absage in Folge für die Veranstalter auch in dieser Hinsicht eine Hiobsbotschaft.

Die Stadt Luzern unterstützt den Anlass mit 130’000 Franken pro Jahr. Eine weitergehende Unterstützung wurde nach dem Hilferuf von Leierer 2019 diskutiert, scheiterte dann aber (zentralplus berichtete). Von Seiten der Stadt kann man zu den finanziellen Fragen derzeit noch wenig sagen. «Das weitere Vorgehen wird mit den Veranstaltungsverantwortlichen zu klären sein», sagt Mario Lütolf einzig.

Neues Konzept für 2023 geplant

Klar ist immerhin bereits jetzt: 2023 soll das Festival endlich wieder stattfinden. In welchem Rahmen, das ist aber noch unklar. Der Verein Luzerner Blues Session kündigte an, dass das Festival nächstes Jahr mit neuem Konzept und unter neuer Struktur durchgeführt wird.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit Pirmin Lötscher, Verein Luzerner Blues Session
  • Schriftlicher Austausch mit Mario Lütolf von der Stadt Luzern
  • Medienmitteilung des Vereins Luzerner Blues Session
  • Soziale Medien
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6 Kommentare
  • Profilfoto von Peter
    Peter, 21.03.2022, 17:09 Uhr

    Tja, wenn man ein Festival als eine one man show betreibt, dann bleibt vom Festival nach Ausfall des Mannes halt nicht viel übrig…

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    • Profilfoto von edywalker
      edywalker, 21.03.2022, 21:06 Uhr

      …. ein brutales Schulungsbeispiel, wenn der Regelung der Stellvertretung bzw. der Nachfolge keine Beachtung geschenkt wird …

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    • Profilfoto von Daniel Saner
      Daniel Saner, 19.04.2022, 14:48 Uhr

      Die Nachfolgeregelung wurde nicht vernachlässigt, sondern durch die Pandemie zunichte gemacht. In den letzten zwei Jahren wurde gelegentlich darüber berichtet. Urs Leierer hat über die Jahre ein Team aufgebaut, um die Weiterführung und breitere Abstützung des Festivals zu sichern. Nach zwei pandemiebedingten Nulljahren musste er diese MitarbeiterInnen aus finanziellen Gründen leider wieder entlassen, um wenigstens den Verein selbst noch zu retten.

      Daher wohl auch die Aussage von Pirmin Lötscher, dass das Festival auch dieses Jahr, trotz Herrn Leierers Krankheit, hätte durchgeführt werden können, wäre die Pandemie nicht gewesen. Dass die Organisation wieder auf ein solches Mass zusammenschrumpfen musste, dass sie so stark von Herrn Leierer persönlich abhängig ist, war nicht geplant. Aber der Minimalbetrieb war die Notlösung, die einzige Alternative dazu, den Verein ganz dichtmachen zu müssen.

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  • Profilfoto von Michel von der Schwand
    Michel von der Schwand, 21.03.2022, 07:31 Uhr

    Urs Leierer wünsche ich selbstverständlich gute Besserung und hoffe, dass er sich vollständig erholt und wieder gesund wird. In den vergangenen Jahren ist das Halli Galli rund um die Musik zu grosse geworden. Hier müssen die Verantwortlichen über die Bücher. Wer Musik liebt, stört sich an dem Chilbi-Betrieb rund um das Festival. Dieser unnötige Betrieb lockt zuviel unnötige Hermusteher und Plauderis an, welche das Musikhören stören. Dazu kommt dann halt schon auch, dass man Allterweltacts geholt hat, welche vielleicht auch ganz gut an die Schlagernacht passen. Dennoch haben sich am Festival immer wieder noch nicht so bekannte Musikerinnen und Musiker finden lassen. Bleibt zu hoffen, dass Urs schnell wieder gesund wird und man tatsächlich über die Bücher geht. Gute Besserung, Urs!

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    • Profilfoto von martin.vonrotz
      martin.vonrotz, 21.03.2022, 16:07 Uhr

      Dieser «unnötige Betrieb» wie Sie das beschreiben ist das was den «Normalo» anlockt um einen entspannten Abend Draussen bei hoffentlich Sonnenschein zu erleben. Wenn Sie das wieder auf die «Geheimtyp» Nummer wie ganz am Anfang reduzieren wollen, können Sie das bei sich zu Hause machen. Nebenbei, wenn man nicht nur der «Gratis-Musik» frönt, sondern auch Tickets für die Konzerte im KKL kauft, der wir dort nicht gestört beim Musik geniessen.

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  • Profilfoto von M. Moser
    M. Moser, 20.03.2022, 03:14 Uhr

    Einen Rettungsanker für das Blue Balls Festival wäre sicher die Einbindung lokaler Events und Sponsoren. Viele Entscheide der letzten Jahre erwiesen sich leider als der berühmte «Schuss in den Ofen». Ein weiterer Garant für eine weitere Durchführung wäre sicher das Weggehen vom Personenkult um Herrn Leierer. Im Prinzip wäre es Zeit für einen «Wachwechsel» an der Spitze.

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