Brisanter Gerichtsfall

Luzerner Notar der Urkundenfälschung schuldig gesprochen

Weil er Unterlagen gefälscht habe, bestraft des Luzerner Kriminalgericht einen Anwalt und Notar.

Das Luzerner Kriminalgericht verurteilt einen Anwalt und Notar wegen mehrerer Urkundendelikte. Gleichzeitig laufen zwei Disziplinarverfahren gegen den Mann. Ihm droht das Ende seiner Karriere.

Ein Luzerner Anwalt und Notar sieht sich mit zwei Disziplinarverfahren konfrontiert: Sowohl die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte als auch die Aufsichtsbehörde über die Urkundspersonen haben eine Untersuchung eröffnet. Dies bestätigt das Luzerner Kantonsgericht, das für beide Kommissionen zuständig ist.

Hintergrund ist ein heute veröffentlichtes Urteil des Luzerner Kriminalgerichts. Dieses belegt den Anwalt und Notar mit einer bedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 420 Franken: wegen mehrfacher Urkundenfälschung und mehrfacher Erschleichung einer falschen Beurkundung. Das Urteil erging nach einer Verhandlung vom 11. August (zentralplus berichtete).

Formloses Treffen oder Sitzung des Verwaltungsrats?

Damals stand die Frage im Raum: Was war das für eine Sitzung, die zwei zerstrittene Brüder (und deren Rechtsvertreter) im Herbst 2017 in den Räumen des Anwalts und Notars abgehalten hatten?

War es ein formloses Treffen, bei dem die Zukunft einer gemeinsamen Firma und der Verkauf der Anteile des einen an den anderen Bruders besprochen wurde? Oder handelte es sich um eine Verwaltungsratssitzung, die in einer Pattsituation endete, nachdem der eine Bruder das Amt des Verwaltungsratspräsidenten für sich beansprucht und der andere aber dagegengehalten hatte?

Aufgrund dieser Uneinigkeit, so sollte es die Luzerner Staatsanwaltschaft in einem Strafbefehl festhalten, hätte die Gesellschaft über keinen Verwaltungsratspräsidenten verfügt. Dadurch hätte sie an einem Formmangel gelitten. Und das wiederum sei die Absicht von Bruder Nummer 1 gewesen, der Bruder Nummer 2 mit Blick auf den anstehenden Verkauf habe unter Druck setzen wollen.

Notar soll Protokolle einer Sitzung eingereicht haben, die es nie gegeben hat

Anfang 2022 erliess die Staatsanwaltschaft zwei Strafbefehle in der Sache: gegen den Anwalt und Notar und gegen Bruder Nummer 1, der sich die Dienste des Juristen gesichert hatte und seinem Bruder mit dem juristischen Trick eine Falle gestellt haben soll.

Laut der Staatsanwaltschaft war das, was an diesem Treffen geschah, keine Verwaltungsratssitzung. Dennoch habe der Anwalt und Notar Sitzungsprotokolle erstellt und unterzeichnet. Bruder Nummer 1 habe die Dokumente unterschrieben, die der Anwalt und Notar beim Luzerner Handelsregisteramt eingereicht hat. Damit, so die Strafverfolger, hätten sich die Männer der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig gemacht und sich eine falsche Beurkundung erschlichen.

«Was wäre ich für ein Mensch, wenn ich einen solchen Blödsinn machen und gefälschte Protokolle eingeben würde, die jedermann einsehen kann. Dann müsste man mir meine Zulassung wirklich entziehen.»

Beschuldigter Anwalt und Notar an der Verhandlung vor dem Kriminalgericht

Gegen die Strafbefehle erhoben die Männer Beschwerde, weshalb es zur Verhandlung am Kriminalgericht kam. Wie das Urteil jetzt zeigt, wehrten sich diese vergebens. Das Gericht glaubt der Darstellung der Strafverfolger. Und verurteilt nebst dem Anwalt auch den ehemaligen Unternehmer; 75 Tagessätze à 180 Franken beträgt die bedingte Geldstrafe.

Notar muss um seine Zulassungen bangen

Anders als für diesen könnte die Verurteilung für den Anwalt und Notar weitreichende Konsequenzen haben. Der Mann muss mit um seine berufliche Zukunft fürchten, im äussersten Fall könnte ihm die Anwaltsaufsicht ein Berufsverbot auferlegen. Ein solches kann die Behörde verhängen, wenn Anwälte wegen Delikten verurteilt werden, die mit ihrem Beruf nicht vereinbar sind – etwa Betrug, Veruntreuung, Geldwäscherei oder: Urkundenfälschung.

Die Notariatsaufsicht ihrerseits kann auf Pflichtverletzungen mit einem Verweis reagieren, Bussen bis zu 2000 Franken aussprechen oder Notaren ihre Beurkundungsbefugnis entziehen, auch lebenslänglich.

Auf die Frage, welche Verfehlungen mit einem dauernden Entzug der Beurkundungsbefugnis bestraft werden, heisst es vom Kantonsgericht: «Für die Bestimmung von Art und Höhe der Disziplinarmassnahme sind die Schwere des Disziplinarfehlers, die Begleitumstände der Pflichtverletzung (...), die auf dem Spiel stehenden öffentlichen und privaten Interessen sowie die bisherige Berufstätigkeit zu berücksichtigen.»

«Das hängt von Ihnen ab. Ich hoffe als Anwalt und Notar.»

Beschuldigter Anwalt und Notar auf die Frage, wie er sich seine Zukunft vorstelle

Welche Konsequenzen dem Anwalt und Notar konkret drohen, ist Stand jetzt unklar. Die Aufsichtsbehörde über die Notare werde nach dem erstinstanzlichen Urteil über das weitere Vorgehen entscheiden. Derweil heisst es von der Anwaltsaufsicht, Grundlage für die Disziplinaruntersuchung bilde ein rechtskräftiges Strafurteil.

Noch ist nichts entschieden: Das Urteil wird weitergezogen

Ein solches liegt nicht vor, das erstinstanzliche Urteil ist nicht rechtskräftig. Wie es vom Gericht heisst, haben beide Beschuldigten Berufung eingelegt. Diese schweigen zu den neuesten Entwicklungen in ihrem Fall. Der ehemalige Unternehmer ging nicht auf eine Kontaktaufnahme von zentralplus ein. Und der Anwalt und Notar liess mehrere Anfragen von zentralplus unbeantwortet.

Dass ihm mögliche disziplinarische Massnahmen zu schaffen machten, hatte sich bereits an der Verhandlung vor Kriminalgericht gezeigt. Auf die Frage des Richters, wie der Mann seine Zukunft sieht, antwortete dieser: «Das hängt von Ihnen ab. Ich hoffe, als Anwalt und Notar.»

Vor den Schranken hatten Unternehmer und Anwalt bestritten, Sitzungsprotokolle gefälscht zu haben. Oder, wie es der Anwalt damals ausdrückte: «Was wäre ich für ein Mensch, wenn ich einen solchen Blödsinn machen und gefälschte Protokolle eingeben würde, die jedermann einsehen kann. Dann müsste man mir meine Zulassung wirklich entziehen.»

Verwendete Quellen
  • Urteile 1Q6 22 79 und 80 des Luzerner Kriminalgerichts
  • Besuch der Verhandlung vom 11. August 2023
  • Website des Anwalts und Notars
  • Schriftliche Anfrage beim Luzerner Kantonsgericht
  • Anwaltsgesetz des Kantons Luzern
  • Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte
  • Beurkundungsgesetz des Kantons Luzern
  • Schriftliche Kontaktanfrage mit dem ehemaligen Unternehmer
  • Mehrere schriftliche und telefonische Anfragen an den Anwalt und Notar
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