Straftäter bedroht Zuger Richter

«Dafür werde ich Sie jagen, verfolgen und überwachen»

Ein Intensivstraftäter drohte einem Zuger Richter, ihn zu jagen und zu überwachen. (Bild: Adobe Stock)

Über Tage hinweg beleidigt ein Intensivstraftäter einen Zuger Richter per E-Mail, droht ihm, seine Familie und er würden keine Ruhe mehr haben. Der Richter fürchtet um seine Sicherheit. Dann interveniert die Zuger Staatsanwaltschaft.

Um 19.36 Uhr an einem Dienstag im Juli geht auf der allgemeinen E-Mail-Adresse der Zuger Verwaltung eine Nachricht ein, die man nur auf eine Art verstehen kann. In der E-Mail steht der Name eines Zuger Richters. Und ein Satz, den wohl niemand über sich lesen will: «Ich weiss jetzt gerade, wo Sie wohnen.»

Es ist die erste, aber nicht die letzte dieser Nachrichten, die in den darauffolgenden Tagen im Postfach des Kantons landet. Immer geht es in den Nachrichten um denselben Richter. Der Absender nennt ihn einen «Hurensohn» und «paranoiden Bastard», unterstellt ihm, ein Verbrecher zu sein und weltweit gesucht zu werden. Vor allem aber schreibt der Absender, der Richter habe ihn im Gefängnis Bostadel in Menzingen vergiften lassen: «Dafür werde ich Sie jagen, verfolgen und überwachen.» Er solle lieber nach China und dort Asyl beantragen.

Nachrichtenschreiber ist 22-mal vorbestraft

Der Richter bekommt es mit der Angst zu tun, trifft Vorkehrungen, um sich und seine Familie zu schützen. Das steht in einem rechtskräftigen Strafbefehl der Zuger Staatsanwaltschaft, der bis kommenden Dienstag zur öffentlichen Einsicht aufliegt. Die Strafverfolger haben herausbekommen, wer hinter den E-Mails steckte: Ein heute 60-jähriger Elektriker aus Ungarn, der seine Hassnachrichten wohl von dort aus in die Schweiz geschickt hat.

Der Mann ist den hiesigen Behörden bestens bekannt, laut dem Strafbefehl umfasst sein Vorstrafenregister 22 Einträge. Jetzt kommt der nächste hinzu: unter anderem wegen mehrfacher Drohung, Beschimpfung und übler Nachrede verurteilt die Staatsanwaltschaft ihn zu 110 Tagen Gefängnis und 10 Tagessätzen Geldstrafe à 30 Franken.

Mit seinen Äusserungen habe der Ungare den Richter in dessen «persönlicher Freiheit und Sicherheit eingeschränkt» und seinen Ruf verletzt, so die Strafverfolger. Grund für die Anfeindungen dürfte ein Entscheid des Richters gewesen sein, der in einem Rechtsöffnungsverfahren gegen den Ungarn entschieden habe.

Auch ein Betreibungsbeamter geriet ins Visier des Straftäters

Der Richter war nicht der einzige Zuger Beamte, der den Hass des Mannes auf sich gezogen hatte. Bereits im April 2022, als der Mann im Gefängnis Bostadel sass (weswegen, geht aus dem Strafbefehl nicht hervor) schrieb er zwei Briefe an einen Zuger Betreibungsbeamten, dem er androhte, ihm das Leben schwer zu machen. Auch dieser Beamte kriegt im Sommer 2022 mehrere E-Mails des Ungarn, der dem Mann Erpressung und Amtsmissbrauch vorwarf und ihn gleich heftig beleidigte wie zuvor den Richter. Was der Betreibungsbeamt las, habe ihm «zu denken gegeben» und ein ungutes Gefühl hinterlassen, heisst es im Strafbefehl.

Weil der Mann so oft und zum Teil einschlägig vorbestraft ist, belässt es die Staatsanwaltschaft nicht bei einer Geldstrafe, sondern schickt ihn für knapp vier Monate ins Gefängnis. Mindestens zwei Tage davon hat er bereits verbüsst: Ende Januar griffen ihn die Behörden in der Schweiz auf, obwohl gegen ihn ein Einreiseverbot ausgesprochen war, das noch bis Juni 2025 gilt.

Wie ist dieser Artikel entstanden?

In der Schweiz gilt die Justizöffentlichkeit. Das heisst: Urteile sind grundsätzlich öffentlich und können von interessierten Personen und Journalistinnen eingesehen werden. Das gilt auch für rechtskräftige Strafbefehle wie denjenigen, dem dieser Bericht zugrunde liegt.

zentralplus sieht regelmässig Strafbefehle der Zuger Staatsanwaltschaft ein, um über deren Arbeit zu berichten und so Transparenz zu schaffen, wie die Justiz funktioniert. Als Medium sind wir dabei verpflichtet, die Personen so weit zu anonymisieren, dass die breite Öffentlichkeit keine Rückschlüsse ziehen kann, um wen es sich handelt. Weitere Artikel dieser Serie findest du hier.

Verwendete Quellen
  • Strafbefehl 1 A 2023 180 der Zuger Staatsanwaltschaft
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