Verhandlung am Bezirksgericht Luzern

Beihilfe zum Suizid: Handelte Arzt illegal?

Ein Arzt, der Patientinnen und Patienten im Rahmen der Sterbehilfe betreut, stand am Montag vor dem Bezirksgericht Luzern.

Die Luzerner Staatsanwaltschaft wirft einem Arzt vor, mehrere Personen ohne Bewilligung mit einem Medikament im Rahmen von Sterbebegleitungen für den Freitod versorgt zu haben. Der Arzt beteuert, er habe nichts Falsches getan. Was stimmt? Diese Frage muss jetzt das Bezirksgericht Luzern beantworten.

Vor dem Bezirksgericht Luzern hat sich ein Arzt gegen den Vorwurf gewehrt, zu Unrecht Arzneimittel hergestellt und abgegeben zu haben. Anlass für die Verhandlung vom Montagnachmittag war eine Einsprache gegen einen Strafbefehl vom Sommer 2020.

Die Staatsanwaltschaft Luzern hatte den Mediziner zu einer bedingten Geldstrafe von 50 Tagessätzen und zu 15'000 Franken Busse verurteilt.

Sterbebegleitung zog Verfahren nach sich

Dies, weil der Arzt im Rahmen von Sterbebegleitungen drei Personen das Medikament Natrium-Pentobarbital abgegeben hatte, das bei einer Überdosierung zu Herz- und Atemversagen führt. Die Beihilfe zum Suizid ist in der Schweiz zwar grundsätzlich legal, gemäss den Strafverfolgungsbehörden hatte dem Arzt aber eine Sonderbewilligung für den Besitz und die Abgabe des Medikaments gefehlt.

Laut dem Strafbefehl hatte der Mann eine Flasche des Medikaments von einem verstorbenen Arztkollegen geerbt und in der Folge auf mehrere Dosen aufgeteilt. Das legte die Staatsanwaltschaft, die nicht an der Verhandlung teilnahm, dem Arzt als unberechtigte Herstellung von Arzneimitteln aus.

Dem hielt der Mediziner, der in dunkelblauer Hose und Kurzarmhemd vor Gericht erschien, entgegen: «Ich habe keine Medikamente hergestellt, sondern lediglich abgefüllt.» Bereits als Kind habe er gelernt, nichts zu verschwenden, habe über weite Teile seines Lebens jeden Franken zwei Mal umdrehen müssen und sei daher wohl geprägt: «Es ist tief in mir verankert, dass man einfach nichts wegwirft, das man noch brauchen kann.»

Verteidiger forderte Freispruch

Der Verteidiger anerkannte zwar, dass sein Mandant im Sinn des Gesetzes Arzneimittel hergestellt hatte, dennoch habe er sich nicht schuldig gemacht. Als zugelassener Arzt habe er das Natrium-Pentobarbital besitzen und den Patienten abgeben dürfen.

Hätte sein Mandant dennoch etwas Verbotenes getan, argumentierte der Anwalt, wäre ihm dies nicht bewusst gewesen. Er sei davon ausgegangen, seine Arztzulassung reiche als Bewilligung aus. So habe nie ein Vorsatz vorgelegen. Da das Betäubungsmittelgesetz eine fahrlässige Tatbegehung nicht unter Strafe stelle, sei sein Mandant unschuldig. Der Verteidiger beantragte daher einen Freispruch in allen Punkten.

Offen ist nach der lediglich 45-minütigen Verhandlung, ob das Bezirksgericht diese Ansicht teilt. Ein Urteil steht aus. Dieses eröffnet das Gericht schriftlich.

Verwendete Quellen
  • Besuch der Verhandlung vom 25. September am Bezirksgericht Luzern
  • Strafbefehl SA1 19 2485 16 der Luzerner Staatsanwaltschaft
  • Informationen zur Wirkung von Natrium-Pentobarbital
  • Artikel 115 des Schweizerischen Strafgesetzbuchs
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2 Kommentare
  • Profilfoto von Rose76
    Rose76, 26.09.2023, 13:04 Uhr

    Es ist doch viel würdevoller, wenn ein Mensch mit Medikamenten aus dem Leben scheiden kann, als wenn er sich mit Gewalt suizidieren muss, weil ihm kein anderer Weg offen steht, um dem Leiden ein Ende zu setzen. Jeder soll selbst entscheiden dürfen, wann für ihn das Leben nicht mehr lebenswert ist!

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  • Profilfoto von Jerome Halter
    Jerome Halter, 25.09.2023, 17:07 Uhr

    Es ist Zeit diese antiquierten Ansichten und Gesetze zu revidieren! Der Arzt ist freizusprechen. Aktive Sterbehilfe muss erlaubt werden.

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