Aufarbeitung des Skandal-Spiels in Lausanne

Goalie Müller setzt ein Signal der Stärke für den FCL

Der FCL überliess Marius Müller die Entscheidung, ob das Skandal-Spiel in Lausanne fortgesetzt werden sollte – und der Goalie wollte. (Bild: Martin Meienberger/freshfocus)

Nein, so einfach lässt sich ein Marius Müller nicht unterkriegen. Obwohl der Goalie des FC Luzern vom Pyro-Skandal der Lausanne-Fans direkt betroffen war, entschied sich der 28-jährige Deutsche für eine Fortsetzung des Spiels (2:1). Sonst wäre das Duell der Tabellenletzten abgebrochen worden.

Er habe nur noch rote Funken vor seinen Augen gesehen, sagte Marius Müller hinterher. In den wenigen Minuten nach der Luzerner 2:0-Führung detonierte ein von der Lausanner Fanrampe abgeschossener Böller in seiner Nähe (zentralplus berichtete).

Das Spiel der Abstiegsangst wurde daraufhin von Schiedsrichter Fedayi San unterbrochen. Er schickte die Mannschaften in den Bauch des im November 2020 fertig gestellten Stade de la Tuilière zu Lausanne.

Zu diesem Zeitpunkt gab es drei Möglichkeiten, wie die Geschichte dieses Skandal-Spiels ausgehen könnte. Erstens: Das Spiel wird abgebrochen. Zweitens: Der FCL macht unter Deponierung eines Protestes gegen die Wertung dieses Spiels weiter. Drittens: Der FCL führt die Partie zu Ende, als ob nichts geschehen wäre.

Schiedsrichter überliess Entscheidung dem FCL-Goalie

Nach Darstellung von FCL-Trainer Mario Frick sprach sich Schiedsrichter Fedayi San dafür aus, die Partie vorzeitig abzubrechen. In diesem Fall hätten die Gäste wohl gute Aussichten gehabt, die Partie 3:0 forfait zu gewinnen. «Aber Fedayi San überliess es Marius Müller, ob wir nochmals rausgehen sollten», sagte Mario Frick zu zentralplus.

«Marius Müller wollte eine Entscheidung auf dem Platz haben.»

FCL-Trainer Mario Frick

Und der FCL-Torhüter wollte offenbar unbedingt. «Marius Müller liess sich nicht einschüchtern. Und er wollte eine Entscheidung der Partie auf dem Platz haben», führte Mario Frick aus. «Es fühlte sich natürlich an, weiterzumachen. Wir hatten einen Riesenaufwand für die 2:0-Führung betrieben.»

Dass die Partie am Ende «nur» mit einem 2:1-Sieg für die Luzerner endete, war höchstens ein Detail am Rande. Der FCL hat nun sechs Punkte Vorsprung auf Lausanne und den direkten Abstiegsplatz. Und das erst noch mit einem deutlich besseren Torverhältnis (–18:–30).

FCL-Goalie nimmt sein Schicksal lieber selber in die Hand

Das Wichtigste aber war: Marius Müller hat mit seinem Verhalten in einer Gesundheit gefährdenden Situation ein Signal der Stärke für den FC Luzern ausgesandt. Frei nach dem Motto: Der FCL ist im Kampf um den Ligaerhalt nicht auf Forfait-Siege am grünen Tisch angewiesen. Er nimmt sein Schicksal lieber selber in die Hand und erkämpft sich seine Punkte auf dem Platz.

Es ist eine konsequente Fortsetzung von Müllers Kampfansage für das sportliche Wohl des FC Luzern. Trotz nach wie vor aktueller Abstiegssorgen hat er seinen ursprünglich zum Sommer auslaufenden Vertrag bis 2025 verlängert (zentralplus berichtete).

«Ich habe die Qualität von Samuele Campo bei meinem Jobantritt falsch eingeschätzt.»

Mit vier aufeinanderfolgenden Pflichtspielen ohne Niederlage sind Mario Fricks Mannen sportlich so gut unterwegs wie noch nie in dieser Krisensaison. Den Aufschwung verband Mario Frick vor allem mit der verbesserten Stabilität in der Defensive: «Auf dieser Basis macht es dem Team Spass, den Gegner hoch anzulaufen und damit für Ballgewinne rund um den gegnerischen Strafraum zu sorgen.»

Das entscheidende FCL-Stichwort: Balance im Spiel

Aber im Sport allgemein und erst recht im Fussball ist alles eine Frage des Selbstvertrauens. Dieses wuchs beim FCL deutlich an. «Ich habe immer gesagt, dass wir Spieler mit Qualität im Kader haben. Und das kommt mit gestiegenem Selbstvertrauen immer besser zum Tragen», sagte Mario Frick.

Und er nutzte die Gelegenheit, Asche auf sein Haupt zu streuen. Der FCL-Trainer gab freimütig zu, dass er die Qualität von Spielgestalter Samuele Campo bei seinem Jobantritt falsch eingeschätzt habe. «Er ist der Mann, der zwischen den gegnerischen Linien den Unterschied ausmachen kann. Er kann den letzten Pass spielen und gefährliche Standards schlagen.»

Egal, wer nach Luzern kommt: Wir haben das Selbstverständnis, auf Sieg zu spielen.»

Kurz vor seiner Auswechslung in Lausanne hat Samuele Campo mit einer schönen Flanke den siegbringenden Treffer von Asumah Abubakar vorbereitet. Vor allem aber hat der Basler kapiert, dass er im FCL-Dress nicht bloss den Künstler markieren kann. Sondern sich mit bestem Wissen und Gewissen auch für die Defensive einsetzen muss (zentralplus berichtete).

Das entscheidende und von zentralplus schon seit Wochen, Monaten und Jahren monierte Stichwort im Zusammenhang mit dem FCL heisst: Balance im Spiel.

Sechstel für Sechstel: Die Punktvorgabe für den FCL

In den nächsten beiden Wettkämpfen in dieser Woche hat der FCL den Titelanwärter FC Zürich (Mittwoch, 20.30 Uhr, Swissporarena) und dessen um zehn Punkte distanzierten Verfolger YB in Bern (Samstag, 18.00 Uhr) vor der Brust. «Egal, wer nach Luzern kommt: Wir alle haben das Selbstverständnis, auf Sieg zu spielen», bemerkte Mario Frick.

Schliesslich muss es der Anspruch seiner Mannschaft sein, den Abstand aufs rettende Ufer in der Super League zu verkleinern. Aktuell beträgt er acht Punkte auf den achtplatzierten FC Sion. «Vielleicht bricht ja ein Konkurrent ein», bemühte der 47-jährige Liechtensteiner das Prinzip Hoffnung. «Und für diesen Fall müssen wir parat sein.»

Auf die Frage von zentralplus, ob es so etwas wie eine Punktvorgabe für die Seinen im Kampf gegen die Liga-Titanen Zürich und YB gebe, entgegnete Mario Frick: «Wenn es so etwas gebe, würde ich es Ihnen gewiss nicht verraten. Aber was ich Ihnen sagen kann: Wir haben Zielvorgaben für Blöcke von jeweils sechs Spielen.»

Vor dem Hintergrund, dass der damalige Tabellenletzte nur elf Zähler auf dem Konto hatte, darf wohl davon ausgegangen werden, dass Mario Frick seiner Mannschaft jeweils 10 Punkte pro Drittel in den 18 Rückrunden-Spielen zum Ziel setzte. Mehr oder weniger als 40 Punkte reichten in der Endabrechnung der jüngsten Super-League-Spielzeiten jeweils für den Ligaerhalt.

Alles andere widerspräche einem professionellen Leistungsdenken. In den ersten fünf Spielen seit seinem Jobantritt in der Winterpause brachte es Mario Frick mit dem FCL auf 7 Punkte. Fehlen also noch ...

Verwendete Quellen
  • Persönliches Gespräch mit Mario Frick

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon