Oberärztinnen kündigten

Zuger Kantonsspital stellt Chefarzt frei

Das Zuger Kantonsspital. (Bild: zvg)

Das Zuger Kantonsspital hat einen hoch qualifizierten Chefarzt freigestellt. Daraufhin kündigten mehrere Angestellte des Spitals – wegen Vertrauensverlust.

Severin Urech, ehemaliger Chefarzt des Instituts für Anästhesie und Intensivmedizin am Zuger Kantonsspital, war beliebt und hochqualifiziert. Im Juni 2023 habe ihn das Zuger Kantonsspital freigestellt, wie ehemalige Mitarbeiterinnen gegenüber der «Zuger Zeitung» bestätigen – und dies von einem Tag auf den anderen.

Einen Tag nach seiner Freistellung sei das Team informiert worden, dass eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich gewesen sei. Ausserdem sei ein Kontaktverbot über ihn verhängt worden.

Zwei Oberärztinnen, deren Vorgesetzter Urech war, nennen als möglichen Hintergrund für die Freistellung Differenzen zwischen Severin Urech und der Spitalleitung betreffend das ambulante Operationszentrum (AOZ). Dieses wurde anfangs 2022 eröffnet. In diesem sollten nur Patienten mit «tiefem anästhesiologischem Risiko» operiert werden, wie eine Oberärztin ausführt. Um das AOZ, das im ersten Betriebsjahr wenig ausgelastet gewesen sei, besser auszulasten, seien auch OPs an Patientinnen mit Vorerkrankungen und anästhesiologischen Risiken geplant worden. Urech habe dies aus Sicherheitsgründen abgelehnt.

Mitarbeiterinnen wollten streiken

Die beiden Oberärztinnen erzählen weiter, dass Urech viel Aufbauarbeit geleistet habe. So habe er das von der WHO empfohlene «Patient Blood Management» eingeführt, das unnötige Bluttransfusionen verhindern solle. Als Urech freigestellt worden sei, seien dieses und weitere seiner Projekte eingestellt worden.

Einige Mitarbeiterinnen hätten nach der Freistellung streiken wollen, hätten dann jedoch darauf verzichtet. Schliesslich fand im Juli eine Aussprache mit dem Verwaltungsratspräsidenten und einer Verwaltungsrätin statt. In dieser habe es geheissen, dass die fachliche Kompetenz Urechs nie angezweifelt worden sei. Jedoch hätten strategische Ausrichtung des Spitals und Urechs Überzeugungen nicht übereingestimmt.

Oberärztinnen kündigten

Die Angestellten hätten sich eine Meditation gewünscht, seien aber nicht involviert worden. Beide Oberärztinnen, die gegenüber der «Zuger Zeitung» Auskunft geben, hätten gekündigt, weil sie das Vertrauen in die Spitalleitung verloren hätten.

Die Spitaldirektorin schreibt der Zeitung, dass Urech sich entschlossen habe, als Chefarzt per 31. Dezember 2023 zurückzutreten. Man bedauerte seine Entscheidung. Die Frage, was intern mit den Mitarbeiterinnen diskutiert wurde, möchte sie nicht beantworten. Die Vermutung, dass das Zuger Kantonsspital Patientinnen im Ambulatorium durch stationäre Patienten der Intensivstation habe substituieren wollen, sei falsch. Patientensicherheit habe höchste Priorität. Auch das Patient Blood Management sei nicht eingestellt worden.

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4 Kommentare
  • Profilfoto von Pensionär
    Pensionär, 30.03.2024, 14:07 Uhr

    Ja genau so ist es. Das sind die kranken Häuser der neuen Zeit. Das Personal wird ausgepresst, teure temporäre Arbeiter eingestellt. Es geht nur um Geld und Auslastung. Das wiederum kostet viel Geld. Ethik bleibt auf der Strecke

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  • Profilfoto von Aaron Carter
    Aaron Carter, 30.03.2024, 09:06 Uhr

    Erschreckend, dass der CEO vom VR immer noch geschützt wird. Der Chef ist angeblich nicht offen für Kritik. Wer eine andere Meinung hat, steht schnell im Konflikt. Es ist nicht das erste Mal, dass jemand fristlos gehen muss und schnell einen Ersatz bereit steht (einen sog. Sager) . Für das Personal wünsche ich mir einen Chef mit besseren Führungskompetenzen und Wertschätung. Das Letztere Wort kennt er wahrscheinlichkeit kaum?!

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    Peter Reber, 29.03.2024, 21:53 Uhr

    Als Insider kann ich eines sagen:

    Egal in welcher Einrichtung ich tätig war und bin:
    Die Patientensicherheit und Versorgungsqualität ist nie das oberste Ziel seitens der GL.
    Die Bettenauslastung, hohe Durchläufe und zu niedrig budgetierte Stellenpläne sind die Werte, welche bei der GL stets am schärfsten Verteidigt werden.
    Die am Bett verantwortlichen Protagonisten, baden das ganze aus und betreiben tagtäglich Schadensbegrenzung.

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    Jouette, 28.03.2024, 19:37 Uhr

    Es graut mir richtig vor einer Behandlung in diesem Spital. Wenn ökonomische Ziele die Kernkompetenzen eines Spezialisten derart beschneiden, dann liegt es auf der Hand, dass dies nur auf Kosten der Sicherheit gehen kann. Für wie blöd halten die eigentlich die Bevölkerung? Schliesslich haben sie einen Versorgungsauftrag und dieses Vorgehen schürt höchstes Misstrauen. Wie kann man nur so tollpatschig handeln!

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