Fast ein Fünftel verlässt Betrieb

So oft werden in Zug Lehrverträge aufgelöst

Rund 20 Prozent Lehrverträge im Kanton Zug wurden aufgelöst. (Bild: flickr)

Lange ist sie vorbei, die Zeit, in der man 40 Jahre in der gleichen Bude arbeitet, in der man schon die Lehre absolviert hat. Tatsächlich werden die Arbeitsverträge heute oft schon während der Lehre aufgelöst. zentralplus hat sich die Zahlen aus dem Kanton Zug vorgeknöpft.

18 Prozent der Lernenden im Bereich Fachfrau/Fachmann Gesundheit (FaGe) im Kanton Zug lösen ihren Lehrvertrag vorzeitig auf. Diese markante Zahl stammt aus einem Kommissionsbericht zum Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege.

zentralplus hat beim Zuger Amt für Berufsbildung nachgefragt, was das bedeutet, und wie die Zahl im Vergleich dasteht. Die Kommunikationsverantwortliche, Natalie Stähli, erklärt: «Betrachtet man die absoluten Zahlen, so treten natürlich die meisten Lehrvertragsauflösungen (LVA) in den Berufen mit den meisten Lernenden auf.» An vorderster Spitze stünden demnach Fachfrauen/Fachmänner Betreuung EFZ, Kauffrauen/Kaufmänner EFZ und Detailhandelsfachfrauen/-fachmänner EFZ, gefolgt von Fachfrauen/Fachmännern Gesundheit an vierter Stelle.

Relative Zahlen zeichnen ein anderes Bild

Stähli relativiert: «Betrachtet man diese Zahlen aber relativ, dann verändert sich das Bild: Anteilsmässig treten die meisten LVA bei Fachfrauen/-männern Betriebsunterhalt EFZ, Detailhandelsassistenten/-innen EBA, Sanitärinstallateuren/-innen EFZ und Coiffeusen/-ren EFZ auf.» Und weiter: «Das wiederum sind Berufe mit – absolut gesehen –  eher wenigen Lernenden, sprich einzelne LVA führen bereits zu hohen Quoten.» Es entsteht also ein verzerrtes Bild.

Heisst konkret für FaGe-Lernende: «Diese sind absolut gesehen natürlich eher stark betroffen, da es in diesem Beruf viele Lernende gibt. Relativ gesehen kommen sie bei den zehn am stärksten betroffenen Berufen jedoch nicht vor, viel eher spielen sie im Mittelfeld.»

In kleinen Berufsgruppen liegt die Quote bei 0

Entsprechend würde es statistisch keinen Sinn ergeben, die am wenigsten von Auflösungen betroffenen Berufe zu nennen. «Wir bilden im Kanton Zug rund 140 Lehrberufe aus, entsprechend viele haben LVA-Quoten von 0 Prozent.» Insbesondere, wenn in einem Berufsfeld nur ganz wenige Lernende ausgebildet werden.

Gesamtschweizerisch lässt sich hier eher eine Aussage machen. Die Daten des Bundesamts für Statistik aus dem Jahr 2023 basieren auf sogenannten Kohorten. Sie zeigen, wie viele Lernende, die ihre Lehre 2018 begonnen haben, den Vertrag während der Ausbildung auflösten. Am tiefsten sind die Zahlen bei der Forstwirtschaft mit 12 Prozent, gefolgt von «Chemie und Verfahrenstechnik» mit 14 Prozent und Elektronik und Automation mit 15 Prozent.

Rund 20 Prozent aller Lehrverträge werden aufgelöst

Gesamthaft werden im Kanton Zug über alle Berufsgruppen hinweg rund 20 Prozent der Lehrverträge aufgelöst. In der Kohorte der Lernenden von 2012 bis 2016 hatten in Zug 19 Prozent gemäss Erhebungen des Bundesamtes für Statistik ihren Lehrvertrag aufgelöst. Schweizweit waren es in dieser Kohorte 21 Prozent. 2015 bis 2019 sowie 2016 bis 2020 waren es jeweils 15 Prozent in Zug sowie 21 Prozent schweizweit. Die Zahl stieg bei den Lernenden der Kohorte 2017 bis 2021 merklich an. In Zug wurden 23 Prozent der Lehrverträge aufgelöst, national waren es 22 Prozent.

Oder in absoluten Zahlen: Seit dem Schuljahr 2017/2018 bewegte sich die Zahl der Lehrvertragsauflösungen im Kanton Zug zwischen 290 (20/21) und 367 (22/23).

Nur vier Prozent brechen die Lehre tatsächlich ab

Aufgelöst ist allerdings nicht abgebrochen, wie Dusan Milakovic, der Leiter des Amts für Berufsbildung betont: «Die Auflösungsquote beträgt schweizweit etwa 20 Prozent. Doch von diesen 20 Prozent finden etwa 80 Prozent jeweils eine Anschlusslösung. Deshalb beträgt die effektive Abbrecherquote ‹nur› zirka 4 Prozent.» Stähli ergänzt: «Wir sehen in einem Lehrstellenwechsel nicht per se etwas Schlechtes, sondern er kann eine Chance sein, sich neu zu orientieren.»

«Eine Umorientierung muss in diesem Sinne nichts Negatives sein.»

Natalie Stähli, Kommunikationsfachfrau Amt für Berufsbildung

Als Hauptgründe für die Lehrvertragsauflösungen würden «Leistungen» der Lernenden, etwa in der Berufsschule oder im Betrieb, genannt, gefolgt von «falscher Berufswahl» und «falscher Lehrbetriebswahl». Stähli betont: «Eine Umorientierung muss in diesem Sinne nichts Negatives sein.»

Ausländische Lernende lösen Lehrvertrag häufiger auf

Die Zahlen des Bundes zum Thema Lehrvertragsauflösung zeigen einige interessante Tendenzen auf. So etwa beim Geschlecht. So werden beispielsweise leicht weniger Lehrverträge von Frauen aufgelöst. In der Eintrittskohorte 2018, deren Bildungsverläufe bis Ende 2022 geendet hat, wurden durchschnittlich 24 Prozent der Verträge aufgelöst. 22 Prozent bei den Frauen, 26 Prozent bei den Männern. Die Zahlen sind jedoch mit Vorsicht zu geniessen. So umfasste die untersuchte Kohorte mehr männliche Lernende. Ausserdem absolvierten mehr Männer eine vierjährige Lehre.

Ausserdem gibt es in Sachen Lehrvertragsauflösung grosse Unterschiede bei der Nationalität. 76 Prozent der Lernenden der Eintrittskohorte 2018 waren Schweizer. Darauf folgen die im Ausland geborenen Lernenden ausländischer Nationalität mit 13 Prozent und die in der Schweiz geborenen Ausländerinnen mit 10 Prozent.

Das Bundesamt für Statistik schreibt dazu: «Die Lehrvertragsauflösungsquote ist stark von der Nationalität und dem Geburtsland der Jugendlichen abhängig. So liegt die Lehrvertragsauflösungsquote der Schweizer Lernenden (22 Prozent) nahezu 9 Prozentpunkte unter derjenigen der ausländischen Lernenden (31 Prozent).» Unter Letzteren würden die im Ausland geborenen Ausländer mit 31 Prozent die höchste Lehrvertragsauflösungsquote verzeichnen. Bei den in der Schweiz Geborenen belaufe sie sich auf 30 Prozent.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit dem Zuger Amt für Berufsbildung
  • Bericht und Antrag der Gesundheitskommission zum Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über die Förderung der Ausbildung im Bereich der Pflege
  • Resultate des Bundes zu Lehrvertragsauflösungen, 2023
  • Medienanfragen beim Zuger Kantonsspital sowie den Alterszentren Zug (bis Redaktionsschluss unbeantwortet)
  • Schriftlicher Austausch mit dem Bundesamt für Statistik
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