Ameos macht in Luzern zu und baut in Zug aus

Psychotherapie in Luzern: Wartefrist bis zu neun Monaten

Ameos betreibt auch eine stationäre Behandlung von psychischen Krankheiten in Brunnen. (Bild: Ameos Schweiz)

Im Kanton Luzern schliessen zwei Praxen für ambulante Psychiatrie und Psychotherapie. Das macht die sonst schon prekäre Versorgungslage noch schlimmer.

Ameos betrieb bis anhin insgesamt vier psychotherapeutische Praxen in Luzern, Sursee, Baar und Zürich. Seit diesem Sommer bietet das Unternehmen zusätzlich ambulante Therapien in der Seeklinik in Brunnen an. Anfang Oktober gab Ameos nun bekannt: Drei Praxen schliessen, zwei davon befinden sich in der Region Luzern (zentralplus berichtete). Die Stadtpraxis in Baar und das ambulante Angebot in Brunnen sollen hingegen ausgebaut werden.

Der Bericht zur psychiatrischen Versorgung im Kanton Luzern vom Jahr 2021 zeigt: Die Auslastung der Behandlungsangebote ist hoch. In der Luzerner Psychiatrie seien rund 100 Prozent der Betten belegt und auch die Wartezeiten für ihre ambulanten Angebote seien zu lang. Die niedergelassenen Psychiaterinnen und Psychotherapeuten seien ebenfalls stark ausgelastet.

Lage akzentuiert sich durch Schliessung noch mehr

Die Nachfrage nach psychiatrischer und psychologischer Unterstützung sei nach wie vor sehr hoch, erläutert David Dürr, Dienststellenleiter Gesundheit und Sport des Kantons Luzern. Die Versorgungssituation psychisch Kranker habe sich bereits in den vergangenen Jahren schweizweit und auch im Kanton Luzern weiter akzentuiert. Im landesweiten Vergleich habe der Kanton Luzern ausserdem sehr wenig niedergelassene Psychiater.

Zurzeit betrage die Wartezeit für eine ambulante Behandlung von Erwachsenen bei der Lups durchschnittlich vier bis sechs Monate. Bei Kindern und Jugendlichen kann es je nach Standort und Thema sogar bis zu neun Monaten dauern, schreibt Dürr auf Anfrage. Die Situation akzentuiere sich durch die Schliessung der beiden Praxen weiter, was der Kanton stark bedaure.

Im Kanton Zug wird – anders als in Luzern – die ambulante Versorgung für psychisch kranke Menschen in erster Linie durch niedergelassene Psychiaterinnen sowie Psychotherapeuten sichergestellt. Zum ergänzenden Angebot der Triaplus AG sagt der Kanton: Die ambulanten Dienste dort seien derzeit gut ausgelastet, aber weiterhin aufnahmefähig.

Inwiefern das Unternehmen Ameos die Stadtpraxis Zug ausbaut, ist derzeit noch nicht klar. «Der geplante Ausbau befindet sich gerade in der Konzeption und wird sich einerseits an der Nachfrage orientieren und gleichzeitig auch immer die Verfügbarkeit einer stabilen Personalsituation berücksichtigen», schreibt Ameos auf Anfrage. Die Personalsituation sei Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige Behandlung.

Warum müssen die Praxen geschlossen werden?

Seit Anfang dieses Jahres gilt schweizweit das neue Anordnungsmodell. Psychotherapeuten können neu auf Anordnung einer Ärztin selbstständig für Patienten mit der Krankenkasse abrechnen. Diese Veränderung habe zu «erheblichen Unsicherheiten im Arbeitsmarkt und der Versorgung geführt». Ameos erläutert weiter: «Leider haben wir das notwendige Fachpersonal auch nach langer Suche aufgrund der gesetzlichen Änderungen nicht finden können.»

Ameos habe sich deshalb dazu entschieden, ihre Ressourcen in der Stadtpraxis Zug in Baar zu bündeln. Dort will sie die ambulante psychotherapeutische Versorgung mit neuen Diagnostiken und Behandlungsmethoden weiter ausbauen.

Auch in Brunnen möchte Ameos das Angebot weiter ausbauen, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. Das begründet Ameos mit der enorm hohen Nachfrage. Die Arbeit in Brunnen unterscheide sich aber stark von den Aufgaben einer psychologisch-psychotherapeutischen Praxis wie jener in Baar. Die ambulanten Dienste in der Seeklinik leisten dort nämlich einen Grundversorgungsauftrag im Talkessel und den angrenzenden Gemeinden.

Nicht der erste öffentliche Diskurs um Ameos

Ameos betreibt unter anderem auch ein Spital in Einsiedeln im Kanton Schwyz. Gegen dieses wurde vor einigen Tagen erneut Kritik laut. Insider berichten von dermassen vielen Abgängen bei den Angestellten, dass unklar sei, ob die Patientensicherheit weiter gewährleistet werden kann, berichtet «Blick». Laut dem Spitaldirektor Daniel Schroer gebe es «keinen Grund für schlechte Stimmung bei uns im Haus».

Was jedoch klar ist: Der Konzern steht nicht zum ersten Mal in der Kritik. Im Sommer letzten Jahres kündeten auf einen Schlag alle sieben Assistenzärzte im Spital Einsiedeln. Laut «Blick» ist ein solcher Knall für das Unternehmen kein Einzelfall. In Deutschland kam es in der Vergangenheit bei mehreren Ameos-Einrichtungen zu Streiks.

Ameos verfolge eine klare Strategie: Das Unternehmen kaufe Gesundheitseinrichtungen ein, die sich in einer schwierigen finanziellen Lage befinden. Danach sei Sparen angesagt. Das trifft vor allem das Personal, schreibt «Blick» in einem Artikel vom letzten Jahr. Jedoch: Ameos ist damit sehr erfolgreich. Das Unternehmen ist nach der Gründung im Jahr 2002 sehr schnell gewachsen und beschäftigt mittlerweile 18’000 Mitarbeiter in über 100 Einrichtungen an 60 Standorten, wie der Website zu entnehmen ist. In der Schweiz gibt es rund 500 Angestellte.

Verwendete Quellen
  • Schriftlicher Austausch mit Karin Auf der Maur, Kommunikation Ameos
  • Schriftlicher Austausch mit David Dürr, Dienststellenleiter Gesundheit und Sport, Kanton Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Michelle Rangosch, Kommunikation Gesundheitsdirektion, Kanton Zug
  • Planungsbericht über die psychiatrische Versorgung im Kanton Luzern 7. September 2021
  • Artikel Blick 21. November 2023
  • Artikel Blick 12. August 2022
  • Artikel Luzerner Zeitung 3. Oktober 2023
  • Ameos-Website international
  • Ameos-Website Schweiz
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


2 Kommentare
  • Profilfoto von Irina
    Irina, 27.11.2023, 19:55 Uhr

    Ich bin betroffen von der Schließung in Sursee. Erst habe ich 6 Monaten eine Therapie Stelle gesucht. Man wird vielen Orts gleich von Anfang an abgewiesen weil lange warten listen. Und dann im Oktober nach knapp 4 Monate Therapie. Dann nur noch bis Dezember. Dann wider ohne Therapie. Wider von vorne beginnen. Zu suchen. Die Praxis tut was sie kann. Aber so viele Menschen verlieren ihre Therapeuten und brauchen auf einen Schlag jemand anderes. In der ohne hin schwierigen Situation wider alleine dazustehen. Ist nicht einfach. Keine Ahnung wie ich das nochmals durchstehen soll. Für mich einfach unverständlich. Die Zukunft macht grosse Angst.

    👍1Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von Experte
    Experte, 27.11.2023, 19:48 Uhr

    Das ist wie bei den Artzpraxen. Je mehr Angebot, um so mehr Behandlungen. Das ist positiv für die Luzerner Finanzen und schlecht für die Betroffenen.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎1Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon