Falls Zahlen weiter steigen

Zug plant für Notfall: Flüchtlinge könnten in Bunker kommen

Zivilschutzanlagen sind zur Not eine Unterbringung für Geflüchtete. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Weil über den Winter die Zahlen im Asylwesen steigen könnten, bereitet sich der Kanton Zug vor. Die Regierung hat einen Plan, der die Unterbringung der Flüchtlinge unter der Erde vorsieht.

Die Schweiz hat bisher dieses Jahr so viele Asylgesuche verzeichnet wie zuletzt 2016. Dieses Jahr würden es rund 30’000 Asylgesuche aus dem regulären Bereich und 20’000 bis 23’000 Flüchtlinge aus der Ukraine per Jahresende sein, prognostiziert das Staatssekretariat für Migration (SEM).

450 Asylsuchende und 300 bis 345 ukrainische Flüchtlinge kommen gemäss kantonalem Verteilschlüssel nach Zug. Für diese Anzahl an Schutzsuchenden hat der Kanton genug Plätze. Doch weil es sich bei den Zahlen des SEM nur um eines von mehreren Szenarien handelt, könnte es sein, dass Bern mehr Menschen nach Zug schickt.

Falls die Zahlen steigen, tritt Plan in Kraft

Das wäre momentan ungünstig. «Denn die bestehenden Strukturen im Kanton Zug würden dann nicht mehr ausreichen», erklärt der Kanton in einer Mitteilung vom Donnerstag. Der Regierungsrat hat daher eine Eventualplanung verabschiedet. Sie tritt in Kraft, falls die Anzahl an Asylgesuchen auf nationaler Ebene deutlich über 30’000 pro Jahr ansteigt.

Dann könnte Zug Flüchtlinge in unterirdischen Schutzanlagen unterbringen. Allerdings nur temporär und wenn alle oberirdischen Unterkünfte voll sind. Die Zivilschutzanlage im Werkhof Cham beispielsweise bietet Platz für 175 Personen und ist schon vorbereitet. Bei mehr Bedarf käme die Schutzanlage Schluecht in Cham dazu. Weitere Anlagen plant der Kanton im Moment nicht.

Schweizerische Flüchtlingshilfe warnt

Zug ist nicht der erste Kanton, der plant, Flüchtlinge unter der Erde einzuquartieren. In der Stadt Aarau beispielsweise leben bis zu 150 Flüchtlinge in einer unterirdischen Unterkunft. Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) kritisiert diese Form der Unterbringung.

«Begleitete und unbegleitete Minderjährige sowie vulnerable Personen sollten auf keinen Fall unterirdisch untergebracht werden.»

Schweizerische Flüchtlingshilfe

Zivilschutzanlagen seien nur in Notsituationen als Unterkunft akzeptabel. Ausserdem sollten nur Erwachsene in den unterirdischen Anlagen einquartiert werden. «Die SFH vertritt die Auffassung, dass begleitete und unbegleitete Minderjährige sowie vulnerable Personen auf keinen Fall unterirdisch untergebracht werden sollten.»

Kinder und Familien sollen über der Erde bleiben

Der Kanton Zug sehe das ähnlich, schreibt die Direktion des Innern auf Nachfrage von zentralplus. Frauen, Kinder und Familien sollen oberirdisch untergebracht werden. Für die übrigen Flüchtlinge sollten unterirdischen Unterkünfte das «letzte Mittel» sein und «ausschliesslich vorübergehend».

«Wenn immer möglich würden wir Kinder nicht in unterirdischen Plätzen unterbringen», erklärt die Direktion. Es gänzlich ausschliessen, dass bei Platzmangel auch Kinder in Zivilschutzanlagen leben müssen, kann der Kanton jedoch nicht.

Luzerner Gemeinden müssen Unterkünfte für Flüchtlinge bereitstellen – sonst droht eine Busse.
Kinder sollen gemäss Kanton «wann immer möglich» nicht in Zivilschutzanlagen einquartiert werden. (Bild: Adobe Stock/Raisa Durandi)

Weiter schreibt die Direktion des Innern, die Personen müssten in den Anlagen «so lange wie notwendig bleiben». Also bis genügend oberirdische Plätze gebaut sind oder die Anzahl Flüchtlinge zurückgeht. Damit es in den unterirdischen Anlagen derweil friedlich bleibe, sei es wichtig, für eine Tagesstruktur zu sorgen.

«Mit einer professionellen und wohlwollenden Betreuung können Konflikte minimiert respektive verhindert werden. Sinnvolle Beschäftigungen und entsprechende Tagesstrukturen tragen ebenso dazu bei», schreibt die Direktion. Der Kanton will – sofern die Anlagen genutzt werden – mit lokalen Partnern passende Angebote bereitstellen.

Langfristig 1000 zusätzliche Plätze

Um Plätze für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, mietet der Kanton schon länger in verschiedenen Gemeinden geeignete Gebäude und Wohnungen, teilweise zur Zwischennutzung. So auch das ehemalige Zuger Kantonsspital.

Doch weil der Mietvertrag dort Ende 2026 ausläuft und die Asylzahlen weiter steigen könnten, muss Zug «mittel- bis langfristig» rund 1000 Unterkunftsplätze schaffen. Was die Zeitangabe konkret heisst, will der Kanton nicht sagen. Die Direktion des Innern teilt mit, die Plätze «kontinuierlich» aufzubauen. «Daran arbeiten wir intensiv.»

Auf dem Areal des alten Kantonsspitals finden heute fast 300 Flüchtlinge Platz. (Bild: mam)

Wie etwa in der Lorzenallmend: Seit Sommer steht dort ein neuer Modulbau für 350 Flüchtlinge (zentralplus berichtete). Nun führt die Direktion des Innern weitere Gespräche mit den Gemeinden, um neue Liegenschaften zu finden, auf denen sich Flüchtlinge unterbringen lassen.

Dass der Kanton im Winter tatsächlich auf seine Eventualplanung zurückgreifen und Flüchtlinge in Zivilschutzanlagen stecken muss, hält die Direktion des Innern für unwahrscheinlich. «Wir gehen davon aus, dass im kommenden Herbst und Winter die Wahrscheinlichkeit unter zehn Prozent liegt.»

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6 Kommentare
  • Profilfoto von Zuger Kerl
    Zuger Kerl, 04.11.2023, 09:54 Uhr

    Wie bei uns auch, wenn das Hotel voll ist heisst es für uns auch, zu Hause bleiben.

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  • Profilfoto von Vreni
    Vreni, 04.11.2023, 07:30 Uhr

    Bei den U. hat es anfangs auch geheissen «vorübergehend» und jetzt gehen sie nicht zurück sondern sogar der BR will dass sie arbeiten und tut alles zur beruflichen Integration. Dass das Geld für die Intergation von den Steuerzahler kommt interessiert ihn nicht und dass diese U. dann den Schweizern die Jobs wegnehmen, daran denkt keiner. Keine Asylanten mehr rein, wir haben genug und alle U zurück

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    • Profilfoto von Kommentarschreiber
      Kommentarschreiber, 04.11.2023, 11:46 Uhr

      @Vreni
      Welche Jobs nehmen sie den Schweizern ab? Klar, in der Kehrichtabfuhr, auf dem Bau, als Pflegehilfen, im Gast- und Reinigungsgewerbe, im unqualifizierten Dienstleistungssektor allgemein, als willkommene und abrufbare Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, alles Jobs, um die sich die Schweizerinnen und Schweizer reissen.

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      • Profilfoto von Franz
        Franz, 04.11.2023, 12:26 Uhr

        Ja klar, Schorsch. Die Männer, die sich vom Kriegsdienst freikaufen konnten, werden sich bestimmt im Niedriglohnsektor die Hände schmutzig machen. Und auch die Frauen kaum. Wenn arbeiten, dann lieber im Büro.

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        • Profilfoto von Vreni
          Vreni, 05.11.2023, 06:51 Uhr

          Genau meine Meinung, danke

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      • Profilfoto von Marie-Françoise Arouet
        Marie-Françoise Arouet, 04.11.2023, 17:47 Uhr

        Richtig! 84% der Flüchtlinge aus der Ukraine sind ja Frauen. Und so sieht man denn in der letzten Zeit tatsächlich gehäuft Frauen in der Kehrichtabfuhr, auf dem Bau, im unqualifizierten Dienstleistungssektor allgemein, als willkommene und abrufbare Arbeitskräfte in der Landwirtschaft. Marie-Françoise ist das bisher entgangen, weil sie grundsätzlich lieber ihrer Ideologie als der Realität Glauben schenkt.

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