Wie Zuger Schulen ukrainische Kinder integrieren

In zwei Monaten kamen so viele Geflüchtete wie sonst in fünf Jahren

Hier beim alten Zuger Kantonsspital sollen künftig 380 Ukrainerinnen leben.

Bis Ende August sollen im alten Kantonsspital in der Stadt Zug hunderte Asylplätze für Ukrainerinnen geschaffen werden. Das bereits stark belastete städtische Schulsystem dürfte im kommenden Schuljahr an die Grenzen kommen.

Die Zahlen sind beeindruckend: Rund 2'100 Asylbewerber muss der Kanton Zug im Moment betreuen. Davon sind 790 Geflüchtete aus der Ukraine, die erst in den letzten Monaten in die Schweiz gereist sind. «Innerhalb von zwei Monaten sind so viele Asylbewerber zu uns gekommen wie sonst in fünf Jahren», erklärt der Zuger Regierungsrat Andreas Hostettler an einer Veranstaltung in der Kantonsschule Zug.

An dieser sollte am Mittwoch die Situation bezüglich ukrainischer Geflüchteter in der Stadt Zug genauer erläutert werden. Dies nicht zuletzt, da beim alten Kantonsspital eine Kollektivunterkunft eröffnet wird (zentralplus berichtete).

«Ich bin nicht erstaunt, dass heute so wenige Leute hier sind.»

Andreas Hostettler, Zuger Direktor des Innern

Bloss: Die Aula der Kantonsschule Zug, wo der Anlass stattfand, war, abgesehen von den Organisatoren und Verwaltungsmitgliedern, ziemlich leer. Nur eine Handvoll Menschen scheint Fragen zur Situation zu haben. Als eine ähnliche Veranstaltung vor wenigen Monaten in Menzingen stattfand, war der Gemeindesaal zum Bersten voll.

Hostettler sagt dazu: «Ich bin nicht erstaunt, dass heute so wenige Leute hier sind. Wir stehen mittlerweile thematisch an einem ganz anderen Punkt.» Ausserdem seien sich die Stadtzuger bereits gewohnt, dass im alten Kantonsspital Flüchtlinge leben. Aktuell wohnen dort 100 Personen.

Ein Wohncontainer mit bester Aussicht

Dort sollen im August zusätzlich 378 Asylplätze für ukrainische Geflüchtete entstehen. Dies zum einen in bereits bestehenden Trakten, aber auch in einem Wohncontainer, der zwischen Strasse und altem Spital aufgebaut wird. In diesem allein wird es 84 Zimmer geben, die sich auf drei Etagen verteilen, wie Urs Kamber, der Leiter Hochbauamt des Kantons, erklärt:

«Es handelt sich um ein Provisorium, in welchem ein einfacher Standard herrscht. Daneben können wir von der bereits bestehenden Infrastruktur profitieren, in der etwa die Aufenthaltsräume entstehen», so Kamber.

Bezugsbereite Räume frühestens Ende August

Bewusst trenne man die Räumlichkeiten der ukrainischen Geflüchteten von den bereits dort wohnenden. «Dies, da es sich primär um Frauen mit Kindern handelt.» René Burkhalter, Leiter Betreuung und Betrieb, betont: «Die Menschen, die bis jetzt aus der Ukraine kamen, waren – in Anführungszeichen – pflegeleicht. Viele sind gut ausgebildet, teilweise vermögend. Sie mussten grundsätzlich wenig betreut werden.» Nun langsam habe man vereinzelt auch mit vulnerablen Personen zu tun, etwa mit solchen mit medizinischen Bedürfnissen.

Michael Metzger, Chef Regionalpolizei der Zuger Polizei, sagt dazu: «Tatsächlich hatten wir bis jetzt keine Aufgebote wegen ukrainischer Flüchtlinge. Die Zuger Polizei spürt nicht, dass im Kanton neuerdings 780 Geflüchtete mehr leben.»

Im Juli will der Kanton mit den Bauarbeiten beginnen, «Ende August, wenn alles gut läuft, sind die Zimmer bezugsbereit», sagt Kamber.

Neue Schülerinnen in überfüllte Schulhäuser?

Die Zuger Schulen haben schon lange ein Platzproblem (zentralplus berichtete). Dieses dürfte sich nach den Schulferien wohl noch zusätzlich verstärken.

«Die Integration in die Schulklassen handhaben wir je nach Altersgruppe unterschiedlich.»

Vroni Straub, Zuger Bildungschefin

Schulpräsidentin und zuständige Stadträtin Vroni Straub sagt dazu: «Im Moment haben wir in der Stadt 32 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine. Die Integration in die Schulklassen handhaben wir je nach Altersgruppe unterschiedlich.»

So würden etwa die Kleinsten direkt in bestehende Kindergartenklassen geschickt. «Diese Integration funktioniert sehr gut, da sie schnell lernen.» Die aktuell neun Schüler im Oberstufenalter würden ebenfalls direkt in die Klassen integriert. «Dies, nachdem wir abgeklärt haben, wo sie mit ihrem Wissen stehen. Je nach Fach können sie direkt in die Klassen.»

Das Haus des Lernens bietet nötige Räume

In der Primarstufe sehe es anders aus, so Straub: «Während der ersten Wochen arbeiten sie separat. Nicht zuletzt, weil viele von ihnen unser Alphabet noch lernen müssen. Auch das Deutsch ist sehr wichtig.» Deshalb habe man ukrainische Lehrpersonen angestellt.

«Zudem haben wir im Haus des Lernens an der St.-Oswalds-Gasse zwei Klassenzimmer eingerichtet. Wir wären also bereit für die Kinder, die nach den Sommerferien kommen», so die Bildungschefin. Sie betont, dass das Engagement von Privatpersonen sehr gross sei. «Mitunter sind pensionierte Lehrer zurückgekommen, um zu unterrichten.»

Integration von Schülern mittelfristig sinnvoller

Der Zuger Bildungsdirektor Stephan Schleiss sagt: «Die grosse Frage beim Thema ist: Integration oder Separation. Da sind die Gemeinden frei.» Er gibt zu bedenken: «Mittelfristig ist klar, dass eine Integration anzustreben ist. Zum einen aus dem Vorsichtsprinzip. Sollte sich die Situation positiv entwickeln und sollten die Kinder bald wieder zurück können, haben wir ihnen keinen Schaden zugefügt, indem sie hier am Regelunterricht teilnahmen.»

Zum anderen sei die Integration ressourcenschonender. «Wir können mehr Kinder aufnehmen, wenn wir integrativ arbeiten. Behandeln wir sie separat, brauchen wir pro 15 Kinder einen zusätzlichen Raum und eine zusätzliche Lehrkraft. Da wird uns der ‹Schnuuf› schneller ausgehen», so der Bildungsdirektor.

Sozialhilfegelder fliessen nun

Nach wie vor leben in der Stadt Zug viele Ukrainerinnen in privaten Haushalten. Dabei zeigten sich anfangs einige Probleme. Insbesondere, weil die Auszahlung von Sozialhilfegeldern zu Beginn bei vielen nicht funktionierte. Hostettler sagt dazu bedauernd: «Nachdem wir die Abläufe zweimal nachgebessert haben, funktionieren diese Zahlungen nun. Das hätte uns jedoch nicht passieren sollen.»

Nun stehe der Kanton bereits vor der nächsten Herausforderung diesbezüglich. «Wir wollen verhindern, dass wir Gelder an jemanden auszahlen, der bereits wieder aus dem Kanton Zug ausgereist ist. Darum müssen die Sozialhilfebezüger nun regelmässig persönlich vorstellig werden bei uns», so der Direktor des Innern.

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


1 Kommentar
  • Profilfoto von Peter von Bittersheim
    Peter von Bittersheim, 02.06.2022, 08:41 Uhr

    Wir sollten vielleicht bei unserem überqualifiziertem Geheimdienst anfragen ob ihnen zufällig Bankkonten im Namen von einem Herr Putin bekannt sind – so könnte man die Kostenfrage schnell lösen.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon