Trotzdem herrscht keine Unruhe

Sozialhilfe sinkt in fast allen Städten – ausser in Luzern und Zug

Mehr Flüchtlinge führen zu einer höheren Sozialhilfequote in der Stadt Luzern. (Bild: Symbolbild Adobe Stock)

In den meisten Städten nimmt die Anzahl Sozialhilfefälle ab. Doch in Luzern und Zug wird der Stapel an Sozialhilfedossiers grösser. Das sind die Gründe.

In den meisten Schweizer Städten sinkt die Anzahl Personen, die Sozialhilfe beziehen. Das zeigt ein Bericht der Städteinitiative Sozialhilfe, einer Sektion des Schweizerischen Städteverbandes. Diese untersuchte 14 Schweizer Städte: Basel, Bern, Biel, Chur, Lausanne, Luzern, St. Gallen, Schaffhausen, Schlieren, Uster, Wädenswil, Winterthur, Zug und Zürich.

In zehn Städten nahmen 2022 die Anzahl Fälle und unterstützte Personen im Vergleich zum Vorjahr ab. Über alle Städte hinweg sanken die Fallzahlen durchschnittlich um 2,6 Prozent. Die Zahl der unterstützten Personen nahm durchschnittlich um 2,4 Prozent ab.

In vier Städten jedoch wurden die Stapel mit Sozialhilfe höher. Darunter ist auch die Zentralschweiz vertreten. So stiegen die Sozialhilfefälle in der Stadt Luzern im Jahr 2022 um 3,3 Prozent an. In der Stadt Zug um 2,5 Prozent. 3692 Personen wurden in der Stadt Luzern unterstützt, das ist ein Plus von 2,5 Prozent. In der Stadt Zug waren es 462 Personen, das ist ein Plus von 6,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Guter Arbeitsmarkt, mehr Flüchtlinge

Schweizweit bezogen Menschen weniger Sozialhilfe, weil die Arbeitslosenquoten in allen Städten sanken und sich der Arbeitsmarkt positiv entwickelte (zentralplus berichtete).

Nun kommt das Aber: In allen Städten nahm die Zahl der Flüchtlinge, die Sozialhilfe beziehen, zu. Gemäss der Städteinitiative Sozialhilfe ist dies jedoch nicht in jeder Stadt gleich stark der Fall, in einigen habe sich dieser Effekt bereits wieder abgeschwächt.

Je mehr Geflüchtete unter den Sozialhilfebezieherinnen sind, desto stärker wirke sich die Zunahme auf die Gesamtentwicklung aus. Besonders stark traf es dabei die Städte Luzern und Zug. Hier mache die Zunahme an geflüchteten Personen rund 4 bis 5 Prozent des Personenbestands aus. Im Bericht wird weiter festgehalten, dass Sozialhilfebezieher mit Fluchthintergrund häufiger erwerbstätig sind als andere Sozialhilfebezieherinnen.

Beunruhigt ist man in Luzern nicht – trotz Zunahme

Dass der erneute Anstieg in der Stadt Luzern auf die Zunahme von vorläufig Aufgenommenen und Flüchtlingen zurückzuführen ist, bestätigt auch Felix Föhn. Er ist Leiter Soziale Dienste der Stadt. Im Anstieg enthalten seien auch ukrainische Flüchtlinge, die den Schutzstatus S erhalten haben. «Dieses grosse Engagement und die Bereitschaft der Stadt Luzern, solche Menschen aufzunehmen, widerspiegeln sich nun in den höheren Zahlen.» Diese Personengruppe wird jedoch durch den Kanton, von der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen, betreut. 

Gleichzeitig verzeichnet Luzern, verglichen mit anderen Städten, einen schwächeren Rückgang bei anderen Unterstützungsfällen. Dennoch bringen die neuesten Zahlen die Stadt nicht aus der Fassung. «Sie sind insofern nicht beunruhigend, als die Stadt mit vergleichbar grösseren Städten wie Winterthur und St. Gallen eine vergleichbare Sozialhilfequote ausweist», sagt Föhn. Eine hohe Sozialhilfequote sei zudem ein Hinweis «auf den starken Zentrumscharakter der Stadt Luzern».

So hat sich die Sozialhilfequote entwickelt

In der Stadt Luzern steigt seit 2018 die Sozialhilfequote kontinuierlich. Anders in der Schweiz. Hier ist die Quote von 2017 bis 2021 kontinuierlich gesunken.

In der Stadt Zug war die Sozialhilfequote einige Jahre konstant, bis sie sank – und nun letztes Jahr zunahm.

Für die geflüchteten Personen übernimmt der Kanton Zug fast vollumfänglich den Vollzug der Sozialhilfe. Die Stadt Zug ist erst dann zuständig, wenn die Personen die Niederlassungsbewilligung C haben.

Letztes Jahr gab es 324 Sozialhilfefälle, für welche die Stadt Zug zuständig war. Das waren acht Fälle mehr als im Jahr zuvor. «Diese Entwicklung der leichten Zunahme werden wir aufmerksam beobachten», sagt Barbara Gysel, Vorsteherin des städtischen Departements Soziales, Umwelt und Sicherheit.

Sorgen machen ihr insbesondere die steigenden Lebenshaltungskosten. Personen oder Familien kämen so zusätzlich unter Druck. Sie betont aber auch, dass die Zunahme von acht Fällen im üblichen Schwankungsbereich liege.

Stadt Zug hat die niedrigste Sozialhilfequote im Städtevergleich

Die Stadt Zug weist im Städtevergleich mit einer Sozialhilfequote von 1,5 Prozent die niedrigste auf. Das führt Gysel auf Folgendes zurück: «Aufgrund der sehr hohen Wohnkosten können sich Personen mit geringen finanziellen Ressourcen oft gar nicht erst hier niederlassen.» Ausserdem fänden dank der guten wirtschaftlichen Lage und der vorwiegend gut situierten Einwohnerschaft auch Personen ohne Ausbildung eine Arbeit.

«Die Einführung einer Familienbeihilfe könnte hier einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung des Sozialhilferisikos beitragen.»

Felix Föhn, Leiter Soziale Dienste Stadt Luzern

Die überdurchschnittlich hohen Wohn- und Lebenskosten in der Stadt Zug führen also gemäss Gysel zu einer seit Jahren tiefen Sozialhilfequote. Sie geht aber auch von einem «Dunkelfeld» von Familien und Einzelpersonen aus, die mit einem kleinen Portemonnaie in Zug leben und (noch) nicht Sozialhilfe beziehen.

In Zug will man Fakten – in Luzern Familienbeihilfe

Und genau das beschäftigt Barbara Gysel. Denn es gibt wenig oder gar keine Daten zu Personen oder Familien, die (knapp) über dem Existenzminimum leben und keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben. Das sind oft Working Poors, die berufstätig sind und dennoch nur knapp über die Runden kommen. Da das Leben teurer wird, wäre die Stadt Zug interessiert an diesen Daten.

Auch in der Stadt Luzern sieht man Handlungsbedarf. Hier gibt es im Vergleich zu anderen Städten weniger kantonale Bedarfsleistungen, welche den Sozialhilfebezug verhindern könnten. Kantone wie Waadt, Basel, Schaffhausen, Zug oder Zürich, aber auch St. Gallen und Graubünden kennen solche Leistungen. Dazu gehören beispielsweise die ergänzenden Arbeitslosen-, Familien- und Wohnbeihilfen sowie Alters- und Invaliditätsbeihilfen. Der Kanton Luzern kennt einzig die Alimentenbevorschussung.

Kinder und Jugendliche im Alter bis 17 Jahre haben im Vergleich zu anderen Altersgruppen ein deutlich erhöhtes Sozialhilferisiko. Davon betroffen sind insbesondere Kinder aus Einelternhaushalten. «Die Einführung einer Familienbeihilfe könnte hier einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung des Sozialhilferisikos beitragen, liegt jedoch in der Hoheit des Kantons», so Felix Föhn, Leiter der Sozialen Dienste Stadt Luzern, abschliessend.

Verwendete Quellen
  • Bericht der Städteinitiative Sozialpolitik
  • Zahlen des Bundesamts für Statistik zum Sozialhilfebezug
  • Schriftlicher Austausch mit Felix Föhn, Leiter Soziale Dienste Stadt Luzern
  • Schriftlicher Austausch mit Barbara Gysel, Zuger Stadträtin und Vorsteherin Departement Soziales, Umwelt, Sicherheit
Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


1 Kommentar
  • Profilfoto von Josef
    Josef, 07.11.2023, 14:02 Uhr

    Das Sozialamt Baar ist schlecht geführt. Und Ausländer werden besser behandelt als Zuger, insbesondere Ukrainer haben den besten Service

    👍3Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎2Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon