Streit von Zuger Paar hat strafrechtliche Folgen

Häusliche Gewalt: Mann wusste nicht wohin – und brach deshalb in eine Waldhütte ein

Nach dem Streit mit seiner Freundin zog sich der Mann in den Wald zurück – und brach in eine Waldhütte ein, um sich aufzuwärmen. (Bild: Adobe Stock)

Ein junges Paar gerät in Streit, das Wortgefecht spitzt sich zu. Schliesslich verlässt der Mann die Wohnung, bevor die Sache noch weiter eskaliert. Stundenlang läuft er durch die Gegend, bis er schliesslich in einer Waldhütte Unterschlupf sucht – und sich des Einbruchs schuldig macht.

Es ist ein Freitagabend im November 2020, als der Tennislehrer mit seiner Freundin eine Meinungsverschiedenheit hat, die sich zu einem handfesten Streit ausweitet. Irgendwann hält er es nicht mehr aus. Er verlässt die Wohnung – und kauft sich erstmal eine Flasche Wein.

Diese trinkt er, während er zur Verarbeitung des heftigen Disputs ziellos durch den nahegelegenen Wald läuft. Es ist bereits dunkel, bitterkalt und er ist nicht für einen längeren Aufenthalt im Freien ausgerüstet. Insbesondere ist er nicht warm genug angezogen. Doch zurück kann er an diesem Abend nicht.

Er sucht Unterschlupf im Wald

Gegen 19 Uhr stösst er auf eine Hütte, in der er Schutz vor der Kälte sucht. Doch sie ist abgeschlossen. In seiner Verzweiflung weiss er sich nicht anders zu helfen, als das Fenster mit einem Holzscheit einzuschlagen. Er steigt in die Hütte ein. Nur um festzustellen, dass es keine Option ist, hier die Nacht zu verbringen: Es ist zu kalt.

Wegen der tiefen Temperaturen nimmt er ein Paar Arbeitshandschuhe an sich, die in der Hütte liegen. Wirklich warm geben die nicht. Also zieht er wieder los, weiter durch den Wald. Kurze Zeit später findet er eine zweite Hütte. Wieder steigt er durch ein Fenster ein.

Im Innern hat es eine Zündholzschachtel, mit der er ein Feuer anzünden kann. Zudem nimmt er eine Schachtel mit Pflastern an sich, um sich zu verarzten.

Festnahme, Verhör und Strafbefehl

Tags darauf wird er gegen Mittag von der Zuger Polizei festgenommen – und knapp vier Monate später von der Zuger Staatsanwaltschaft wegen mehrfachen Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung und Diebstahls verurteilt.

«Gerade im Moment ist jemand bei uns, der von seiner Frau sehr unter Druck gesetzt wird und es zu Hause nicht mehr aushält.»

Manfred Schneeberger, Leiter des Männerhauses «Zwüschehalt»

Bestraft wird der 30-Jährige mit einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 20 Franken. Die 400 Franken werden fällig, wenn er innerhalb von zwei Jahren rückfällig wird. Sofort bezahlen muss er eine Verbindungsbusse und eine Übertretungsbusse von je 100 – sowie Gebühren von 400 Franken.

Hätte es eine Alternative zum Einbruch gegeben? Wo können Männer hin, wenn sie mit ihrer Freundin oder Ehefrau derart in einen Streit geraten, dass sie vorübergehend nicht mehr nach Hause gehen können?

Die Alternative heisst: Männerhaus

Das sind Fragen, die Manfred Schneeberger, Leiter des Männerhauses «Zwüschehalt» in Luzern sehr beschäftigen. «Für mich ist klar, dass sich der Mann im geschilderten Fall in einer Notlage befand», sagt er. Es kommt immer mal wieder vor, dass sich Männer an ihn wenden, wenn sie entweder aus der Wohnung rausgeworfen werden oder von sich aus gehen, um eine Eskalation zu verhindern.

«Gerade im Moment ist jemand bei uns, der von seiner Frau sehr unter Druck gesetzt wird und es zu Hause nicht mehr aushält», erzählt Schneeberger. Die Männer können sich an den Verein Zwüschehalt wenden, wenn es beispielsweise zu psychischer Gewalt kommt (zentralplus berichtete). Das Angebot steht auch Nicht-Luzernern offen.

Frauenhaus bekommt Geld, Männerhaus nicht

Allerdings ist das Männerhaus – im Gegensatz zum Frauenhaus – kein 24-Stunden-Betrieb. Es wird auch nicht von der öffentlichen Hand unterstützt, weshalb der Aufenthalt auch kostet. «Ich bin bis 20 Uhr immer erreichbar. Und man kann mir jederzeit eine Nachricht hinterlassen, dann melde ich mich, sobald es geht», sagt Schneeberger.

«Frauen schlagen massiv zu und setzen teilweise Waffen ein, um sich gegen die Männer durchzusetzen.»

Manfred Schneeberger, Leiter des Männerhauses «Zwüschehalt»

Viele Männer können sich in einer solchen Situation nicht einem Freund oder Kollegen anvertrauen. «Sie haben Angst vor der Reaktion, dass es dann heisst: Du bist doch ein Mann, tu nicht so blöd», erzählt Schneeberger.

Es sei ein öffentliches Tabu, aber nach seiner Einschätzung seien die Frauen im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt auf dem Vormarsch. «Sie schlagen massiv zu und setzen teilweise Waffen ein, um sich gegen die Männer durchzusetzen. Letzthin hatten wir einen Mann, dem hatte seine Frau ein Messer in den Rücken gerammt, als er die Wohnung verlassen wollte. Einem anderen wurde ein Fernseher über den Kopf gezogen und ein Dritter wurde so fest gewürgt, dass ich am Hals blaue Flecken von den Fingernkuppen sehen konnte.»

Suche nach einem neuen Standort

Wenn Männer nach so einer Attacke mitsamt den Kinder aus der Wohnung fliehen, hat es in Luzern zu wenig Platz. «Dann bringen wir die Betroffenen ins Männerhaus in Bern, wo mehr Platz ist und die Kinder professionell betreut werden», sagt Schneeberger.

Der Verein Zwüschehalt sucht derzeit nach einem Haus mit mehr Platz, damit ein solches Angebot auch in Luzern aufgebaut werden könnte (zentralplus berichtete).

Informationen zum Männerhaus gibt es hier.

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